Das Geheimnis der Götter
dann den Diener des ka dieser beiden verabscheuungswürdigen Verbrechen beschuldigen.
Weil er einen Seth-Kämpfer spielte, trug der Priester einen Knüppel. Dabei handelte es sich aber nicht etwa einfach um ein Stück Holz. Der Knüppel war aus steinhartem Tamariskenholz, mit ihm ließ sich jeder Feind niederstrecken –
vor allem seit ihn der Prophet mit einer besonders zerstörerischen Kraft geladen hatte.
MONAT KHOIAK
Fünfundzwanzigster Tag (13. November)
ABYDOS
Der Kahle, Isis und Nephthys holten die Barke des Osiris, auf der nun wieder Ikers Mumie lag, aus dem Goldenen Haus. Sie war mit dem Stoff zugedeckt, den die beiden Schwestern gewebt hatten. Das Schiff, ein Werk des Lichtgottes, Sprache des Re, bestand aus Akazienholzstücken, die den Körperteilen des wiederhergestellten Osiris entsprachen.
Nur ein Gerechter bestieg die Barke und segelte mit den Ehrwürdigen, die über die Finsternis gesiegt hatten und das Rudern beherrschten – bei Tag und bei Nacht.
»Begeben wir uns zur ewigen Ruhestätte des Großen Gottes«, befahl der Kahle. »Mögen wir in seiner Nachfolge so mächtig und strahlend wie er werden.«
Zwei Ritualisten mit Schakalköpfen – die Wegeöffner –
führten die Prozession an, dann kamen Thot und Onuris, der Lanzenträger, der die ferne Göttin zurückholen und die schreckliche Löwin besänftigen musste, der Horus-Falke, es folgten Leser und Leserin des Gesetzes und des Rituals, der Träger von Maats Elle, die Trägerin mit der Schale mit den Trankopfern und die Musikerinnen.
Der Angriff der Seth-Kämpfer erfolgte in der Nähe des heiligen Sees.
Sie schwangen ihre Stöcke, kamen aber nicht gegen das Strahlen der Barke an, das sie auf der Stelle festnagelte.
»Seth und das schlechte Auge wurden abgewehrt«, erklärte der Kahle. »Ihr Name ist ausgelöscht. Barke des Osiris, du hast sie besiegt! Jetzt fangen wir die Aufrührer mit dem Fischkorb, fesseln sie mit Seilen, durchbohren sie mit Messern und liefern sie dem Tod aus!«
Die Anhänger von Seth gingen zu Boden.
Dann tat der Kahle so, als würde er ihnen den Kopf abschneiden und das Herz aus dem Leib reißen.
Nachdem der erste Teil der Zeremonie beendet war, stand der Diener des ka grummelnd auf. Einen Feind von Osiris spielen zu müssen, gefiel ihm überhaupt nicht, aber für gewöhnlich stellte er die Anordnungen seines Vorgesetzten nicht in Frage. Den anderen Seth-Anhängern schien ihre Aufgabe große Freude zu bereiten, und sie bereiteten sich jetzt für das Zwiebelfest vor.
Bega, der nach wie vor bewaffnet war, machte sich davon. Irgendwie hatte sich der Zug vorübergehend aufgelöst. Der richtige Zeitpunkt also, um zu handeln! Weder Isis noch Nephthys würden sich ihm zur Wehr setzen können. Bald leisteten sie Iker im Tod Gesellschaft.
Bega war so verbittert, dass er keine Gewissensbisse verspürte. Indem er sich an den Propheten verkauft hatte, konnte er endlich seine Machtgier und Rachsucht befriedigen.
»Du bist es also doch!«, sagte Sekari, »der gemeinste und niederträchtigste aller Lügner!«
Überrascht drehte sich Bega um.
»Du schnüffelst mir also immer noch nach!«
»Ich habe nie geglaubt, dass der Diener des ka schuldig ist. So etwas spüre ich einfach… Der Prophet wollte ihn uns zum Fraß vorwerfen, um dir den Weg zu ebnen. Hier ist er zu Ende.«
Der Priester richtete sich zu seiner vollen Größe auf und versuchte, Sekari zu töten. Der wich ihm zwar aus, nahm sich aber nicht genug vor dem Knüppel in Acht. Bega täuschte ihn, und der Knüppel mit der magischen Kraft schlug mit voller Wucht auf seine Schulter. Ohnmächtig ging Sekari zu Boden. Isis und Nephthys stellten sich schützend vor die Mumie.
»Jetzt werdet ihr und Iker endlich wirklich sterben!«, brüllte Bega und schwang seine gefährliche Waffe.
Da fiel Nordwind mit seinem ganzen Gewicht dem Priester in den Rücken.
Mit gebrochener Wirbelsäule ließ der Verräter den Knüppel fallen, stieß einen heiseren Schrei aus und sackte in sich zusammen.
Fang hatte seinem Freund vertraut und darauf verzichtet, in den Kampf einzugreifen.
Mit angstverzerrtem Blick rang der Verräter mit dem Tod. Der Hund beschnupperte den Verletzten flüchtig und wandte sich dann angewidert ab.
Alle Prozessionsteilnehmer umringten nun den sterbenden Bega.
»Dies ist die Stunde des ersten Gerichts«, sagte der Träger der Elle der Maat. »Verdient es dieser Priester, mumifiziert und vor das hohe Gericht der Götter gerufen zu werden? Wenn jemand
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