Das Geheimnis der Götter
wurde.
»Wegen des bösen Zaubers kann sie nicht mehr ungehindert fahren. Deshalb muss sie erneuert und wiederbelebt werden.«
Aus Gold und Silber, Lapislazuli, Zedern-, Sandel-und Ebenholz baute Iker einen Tempelraum und setzte ihn mitten auf die Barke.
Die Sterne an der Decke des Goldenen Hauses begannen zu funkeln und beleuchteten es bis in den entlegensten Winkel.
»Re hat die Barke von Osiris gebaut, und das Wort erbaut die Auferstehung«, sagte Sehotep. »Re macht den Tag hell, Osiris die Nacht. Gemeinsam bilden sie die vereinte Seele. Osiris ist der Ort, dem das Licht entspringt, der wesentliche Bestandteil der Mysterien.«
»Die Barke fährt wieder«, stellte der Kahle fest. »Erneut stellt der Fährmann die Verbindung zwischen Jenseits und Diesseits her, und die Seelen der Erleuchteten können wieder die Himmelspforten durchschreiten. Auch der zweite Teil vom Auftrag des Königlichen Sohnes ist damit erfüllt. Somit ist er nun würdig, die rituelle Feier der Mysterien zu leiten.«
Der Kahle umarmte den jungen Mann.
Und zum ersten Mal spürte Iker die tiefe Zuneigung des alten Ritualisten.
10
Sobek empfing Medes kurz nach Mitternacht. Der Sekretär des Königlichen Rates konnte seinen Zorn nur schwer beherrschen.
»Ich verlange umgehende Aufklärung!«, tobte er. »Jemand ist in mein Haus eingedrungen und hat mir mehrere wertvolle Gegenstände geraubt!«
»Ich dachte, bei dir wäre man ganz sicher?«
»Mein Türhüter hat geschlafen, der Dummkopf! Der Verbrecher war scheint’s sehr geschickt und kommt vielleicht wieder. Deshalb habe ich jetzt zwei Wächter eingestellt, die mein Haus Tag und Nacht bewachen.«
»Das ist ein weiser Entschluss.«
»Dieser Kerl muss gefasst werden, Sobek.«
»Ohne irgendwelche Hinweise wird das schwierig.«
»Ich habe eine Beschreibung.«
»Von wem denn?«
»Von einem Hausdiener, der an Schlaflosigkeit leidet. Als er aus Langeweile in den Garten sah, schlich dort ein Mann mittlerer Größe vorbei, sehr gewandt, in einem weiten Umhang und mit einer Kapuze über dem Kopf.«
»Konnte er sein Gesicht erkennen?«
»Leider nein. Deine besten Leute sollen sich auf die Suche nach ihm machen.«
»Du kannst dich auf mich verlassen, Medes.«
Die Miene des Königlichen Sekretärs verfinsterte sich. »Ich werde das Gefühl nicht los, dass dieser Dieb kein gewöhnlicher Verbrecher war.«
Sobek sah ihn fragend an: »Könntest du mir das vielleicht etwas genauer erklären?«
»Es ist nur eine Vermutung, die aber möglicherweise nicht unbegründet ist: Wollen die Aufständischen nicht die wichtigsten Würdenträger, einschließlich der Mitglieder des Königlichen Rates töten? Träfe das zu, dann war dieser Kletteraffe wohl ein Kundschafter, der die Örtlichkeiten besichtigen sollte, um einen Überfall vorzubereiten. Und der Diebstahl nur vorgetäuscht!«
»Deine Vermutung muss ich durchaus ernst nehmen, da ähnliche Einbruchsversuche auch bei Sehotep und Senânkh stattgefunden haben«, sagte Sobek.
Medes wirkte entsetzt. »Dann steht der Großangriff also unmittelbar bevor!«
Wütend ballte Sobek die Fäuste. »Dem Königlichen Rat wird nichts zustoßen, das verspreche ich dir.«
»Du weißt, du bist unsere letzte Hoffnung, Sobek.«
»Du kannst auf meine Widerstandsfähigkeit zählen.«
Der Beschützer dachte noch lange nach, als Medes bereits gegangen war.
War es doch ein Fehler, Medes zu verdächtigen? Wieder einmal hatte dieser unermüdliche Arbeiter Klugheit und Treue zur Krone bewiesen. Und wenn sich seine Ahnungen bewahrheiten sollten, bereiteten die Anhänger des Propheten gerade einen neuen Schlag vor.
Das Geschrei seiner Frau weckte Medes auf und rettete ihn aus einem Albtraum, in dem er sich von einem Dutzend Sobeks verfolgt sah, von denen einer grausamer war als der andere. Schweißgebadet stürmte er in das Schlafzimmer der Tobenden und ohrfeigte sie.
»Ruf sofort nach Gua«, flehte sie. »Sonst muss ich sterben, und dann bist du schuld!«
Medes hätte seine Frau schon oft am liebsten erwürgt, aber angesichts der besonderen Umstände wollte er auf keinen Fall unnötige Aufmerksamkeit auf sich lenken. Sobald er über Ägypten herrschte, würde er sich dieser Bürde entledigen.
»Den Arzt, schnell!«
»Ich kümmere mich sofort darum. Inzwischen schicke ich dir deine Mädchen; sie sollen dafür sorgen, dass du dich sehen lassen kannst.«
Medes schickte seinen Verwalter auf die Suche nach dem berühmten Heiler. Es hatte keinen Sinn, ihm eine noch
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