Das Geheimnis der Götter
kümmerte sich wieder um ihr Heim. Sobald es hell wurde, bestellte sie ein Heer von Handwerkern, an die sie verschiedene Aufgaben verteilte: Die Hausmauern sollten von außen neu gestrichen werden, der Teich bedurfte einer Grundreinigung, die Bäume im Garten mussten beschnitten und die Abflusskanäle für Schmutzwasser überprüft werden. Dieser Überschwang an Kräften machte sie die schweren Fehler vergessen, die sie so gequält hatten. Jetzt musste sie sie Gua doch nicht gestehen und das Schweigen nicht brechen, das ihr ihr Mann auferlegt hatte.
»Du strotzt ja nur so vor Gesundheit!«, stellte der erstaunt fest.
»Gua ist mein guter Geist. Ich hoffe, du bist stolz auf mich!
Hier im Haus lag einiges im Argen, jetzt kann ich mich endlich darum kümmern.«
»Glückwunsch, meine Liebe, mach deine Befehlsgewalt geltend und lass dich nur nicht von den Handwerkern übers Ohr hauen. Diese Leute haben nichts anderes im Sinn, als uns zu plündern.«
Mit einem Lächeln auf den Lippen machte sich Medes auf den Weg zum Wesir.
Der falsche Schreiber, den Sobek in seine Verwaltung geschleust hatte, musste den Brief ohne Absender gelesen haben, den er zwischen seine vertraulichen Unterlagen gesteckt hatte. Dieser Schnüffler ging immer als Letzter und steckte überall seine Nase rein. Nun wurde seine Geduld endlich belohnt!
Natürlich wollte er jetzt wissen, wie sich Medes verhielt. Sollte er den Brief verstecken und verschweigen, bewiese das doch wohl, dass der Sekretär des Königlichen Rates mit Sehotep unter einer Decke steckte und an einer
außergewöhnlich bedrohlichen Verschwörung beteiligt war?
In den Amtsräumen des Wesirs herrschte düstere Stimmung.
»Wir machen uns große Sorgen um seine Gesundheit«, gestand einer von Chnum-Hoteps engsten Mitarbeitern Medes.
»Wir dachten schon, wir würden ihn verlieren, weil er so schwer krank war. Zum Glück konnte Gua seinen Zustand etwas bessern.«
»Gönnt sich der Wesir denn nun hoffentlich etwas Ruhe?«
»Leider nicht. Tretet ein, er erwartet Euch.«
Wie jeden Morgen meldete sich Medes beim Wesir, um sich seine Anweisungen zu holen.
Die Veränderungen, die sich am Körper dieses ehemals eindrucksvollen Mannes zeigten, erstaunten Medes. Er war abgemagert, hatte ein eingefallenes Gesicht, fahle Haut und bekam kaum Luft.
»Ich weiß, dass es mir eigentlich nicht zusteht, Euch einen Rat zu geben«, begann Medes betrübt, »aber wäre es nicht doch vernünftig, Ihr würdet Euch ein wenig von Euren anstrengenden Aufgaben erholen?«
»Hast du vergessen, dass die Arbeit kat heißt und uns den ka, unsere Lebenskraft liefert? Bei der Arbeit zu sterben, ist die schönste Art, aus dem Leben zu gehen.«
»Redet das Unglück nicht herbei!«
»Die Wahrheit lässt sich nun einmal nicht beschönigen. Selbst Gua weigert sich, mich zu heilen. Ein anderer treuer Anhänger von Sesostris wird mich ersetzen und unserem Land mindestens genauso gut dienen wie ich.«
Jetzt setzte Medes eine verlegene Miene auf.
»Heute hat mich ein merkwürdiges Schreiben erreicht. Offenbar eine wilde Mischung aus lauter Lügen – und auch noch ohne Absender. Dieser Brief beschuldigt ein Mitglied des Königlichen Rates aufs Übelste. Eigentlich wollte ich den Brief gleich zerreißen, weil ich ihn so widerwärtig fand; doch dann entschloss ich mich doch, ihn Euch zu zeigen.«
Medes reichte dem Wesir das Schreiben.
»Es war in der Tat richtig, mich davon zu unterrichten.«
Sehotep hatte eine wunderbare Nacht in der Gesellschaft einer jungen, überaus liebeserfahrenen Frau verbracht, die sehr unterhaltsam und zum Scherzen aufgelegt war und keine Hemmungen kannte. Sie hielt nichts von der Ehe und wollte ihre Jugend in vollen Zügen auskosten, ehe sie die Nachfolge ihres Vaters antreten und das Landgut der Familie verwalten sollte.
Nach einem üppigen Frühstück hatten sich die beiden Geliebten in bester Laune getrennt. Sehotep vertraute sich den geschickten Händen seines Haarschneiders an und dachte über seinen Auftritt im Großen Rat nach. Er wollte über die Fortschritte auf den im ganzen Reichsgebiet verteilten Baustellen berichten.
Kaum hatte er den Palast betreten, als ihn ein
Sicherheitsbeamter in das Arbeitszimmer von Sesostris und nicht in den Sitzungssaal des Königlichen Rates führte. Nach jedem Treffen mit diesem Hünen, der keine
Erschöpfung kannte und vor keinem Hindernis
zurückschreckte, bewunderte Sehotep ihn noch mehr. Mit seiner groß gewachsenen Gestalt beherrschte
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