Das Geheimnis der Götter
über Abydos wird wahrhaftig auferstehen und sich ruhmreich zeigen«, verkündete Thot.
Wenn seine Kronen in Sicherheit waren, legte sich der Gott im Inneren einer Kapelle zur Ruhe, die mitten auf der Barke stand.
»Nun soll der Weg geweiht werden, der in den heiligen Wald führt«, verlangte Iker.
Man brachte einen großen Holzschlitten, auf den die Barke gelegt werden sollte, damit sie über die Erde fahren und so den Bewohnern des Ostens und des Westens das Herz weit machen konnte. Bei ihrer Rückkehr in die ewige Ruhestätte, wenn die Barke gereinigt und mit neuem Leben erfüllt war, würden sie ihre Schönheit sehen. Jetzt erfüllte die Aufgabe des Goldenen Hauses ihren Sinn, nämlich dem »Gott während der Nacht Unterkunft und alles in Fülle anzubieten«.
Nun musste nur noch der Kampf zwischen den Anhängern von Osiris und den Verbündeten von Seth nachgestellt werden. Iker bewaffnete sich mit einem angespitzten Stock, den man
»reich an Lebenskraft« nannte, und versammelte die OsirisGefolgschaft hinter sich, um sich zusammen mit ihr dem Heer der Feinde zu stellen.
Mit einer roten Perücke, rot gefärbten Augenbrauen und Bart sowie einem Umhang aus grobem Leinen war Shab der Krumme nicht zu erkennen. Mit einem kurzen Stock in der Hand hatte er sich unter die Menge gemischt und ließ Iker nicht aus den Augen.
Erst wollte er ihm einen heftigen Schlag ins Genick versetzen, dann so tun, als würde er ihm helfen, ihn aber stattdessen mit einer Lederschnur erdrosseln. Und er musste schnell handeln, sehr schnell. Dann könnte Shab in der allgemeinen Aufregung entkommen.
»Bringen wir die Feinde von Osiris zu Fall!«, befahl Iker.
»Sie sollen sich mit dem Gesicht auf den Boden legen und sich nicht von der Stelle rühren.«
Einige nahmen ihre Rolle ernst, aber ohne wirklich zuzuschlagen. Wie bei einem Tanz hoben und senkten sich die Stöcke in gleichmäßigem Schlag.
Dem Krummen blieb nichts anderes übrig, als es seinen Gefährten gleichzutun.
Einer nach dem anderen gingen die Kämpfer für Seth zu Boden.
Shab tobte innerlich vor Wut, weil er sich von diesem Ritual, dessen genauen Ablauf er nicht gekannt hatte, in die Falle hatte locken lassen. Jetzt hätte er nur noch die Reihen der OsirisAnhänger mit Gewalt überwinden und Iker den Schädel einschlagen können.
Doch leider verfügte der Königliche Sohn über eine gefährliche Waffe – und der Krumme griff seine Gegner nie von vorn an.
Er musste aufgeben, ließ seinen Stock fallen und warf sich auf den Boden.
Seths Verbündete waren geschlagen und konnten die Prozession nicht mehr aufhalten, die sich nun zu Osiris’ Grab in Bewegung setzte.
Die Verlierer rappelten sich hoch und klopften sich den Staub ab.
»Bei dir hat es ja ganz schön lange gedauert, bis du gefallen bist!«, wunderte sich ein Ritualist. »Bei der richtigen Feier solltest du nicht so lange brauchen.«
»Sollen wir denn nicht richtig kämpfen?«, fragte Shab.
»Deine Seth-Rolle ist dir scheint’s zu Kopf gestiegen, mein Lieber! Es geht doch nur um die rituelle Handlung. Geh nach Hause, nimm ein Bad und wasch dieses rote Zeug ab. Diese Farbe wird hier nicht besonders geschätzt.«
Am liebsten hätte der Krumme diesen lästigen Lehrmeister erwürgt, aber er musste sich geduldig fügen.
Enttäuscht kehrte er in sein Versteck zurück und hoffte, dass ihm der Prophet diesen Fehlschlag verzeihen würde.
19
Ein heftiger Sandsturm deckte einen ockerfarbenen Mantel über Abydos. Man konnte kaum die Hand vor Augen sehen, die Sicht wurde immer schlechter, am besten verließ man erst gar nicht das Haus.
Trotzdem ging Iker zu Bega, der ihn zum Essen eingeladen hatte, angeblich um ihm entscheidende Neuigkeiten über die Zukunft Abydos’ mitzuteilen.
»Ihr solltet besser nicht hier draußen herumlaufen«, empfahl ihm der Wachoffizier, der gerade seine Runde drehte. »So ein Unwetter habe ich ja noch nie erlebt!«
»Bega erwartet mich.«
»Dann beeilt Euch aber.«
Der Offizier wollte auf keinen Fall irgendwelche Zwischenfälle oder Ärger. Seine Leute saßen in ihrer Unterkunft fest und könnten nicht eingreifen.
Als er weiterging, tauchte eine Frauengestalt vor ihm auf.
»Bina! Du darfst nicht hier draußen sein, das ist viel zu gefährlich.«
»Ich habe Euch gesucht.«
Der Mann lächelte geschmeichelt. »Ist es denn so dringend?«
Verführerisch wiegte sie sich in den Hüften. »Ich glaube…«
»Komm mit. Ich helfe dir gern.«
Die hübsche Frau warf sich dem
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