Das Geheimnis der Goldmine
einem rosa Teppich ausgelegt. Neele ließ seinen Blick nur flüchtig ringsum schweifen, er hatte dieses Zimmer bereits am Vortag aufmerksam untersucht – besonders den kleinen, eleganten Sekretär.
Plötzlich erstarrte er. Mitten auf dem rosa Teppich lag ein Klümpchen Erde. Neele hob es auf. Es war noch feucht.
Er sah sich um – keine Fußspuren, nur dieses eine Klümpchen Erde.
Inspektor Neele blickte sich in Gladys Martins Zimmer um. Es war nach elf. Crump war vor einer halben Stunde zurückgekommen, aber von Gladys noch keine Spur. Gladys mochte die Hausarbeit gelernt haben, doch von Natur aus war sie schlampig. Ihr Bett wurde selten gemacht, das sah Neele, und die Fenster selten geöffnet. Gladys’ persönliche Gewohnheiten gingen ihn jedoch nichts an. Sorgfältig untersuchte er ihre Sachen.
Der größte Teil war billiger, armseliger Putz. Kaum etwas Dauerhaftes von guter Qualität. Die ältliche Ellen, die er herbeigerufen hatte, war keine große Hilfe gewesen. Sie wusste nicht, was Gladys für Kleider besaß. Sie konnte ihm nicht sagen, ob etwas fehlte, und wenn ja, was.
Er wandte sich von den Kleidern und der Wäsche dem Inhalt der Kommode zu. Hier bewahrte Gladys ihre Schätze auf. Postkarten und Ausschnitte aus Illustrierten, Strickmuster, Schönheitstipps und Moderatgeber.
Inspektor Neele sortierte sie säuberlich in Kategorien. Die Postkarten zeigten hauptsächlich Sehenswürdigkeiten, die Gladys vermutlich in ihren Ferien besucht hatte. Drei von ihnen waren mit Bert unterschrieben. Bert musste wohl der junge Mann sein, den Mrs Crump erwähnt hatte. Auf der ersten Karte stand in ungeübter Schrift: »Beste Grüße. Vermisse dich sehr. Immer dein Bert.« Auf der zweiten: »Viele hübsche Mädchen hier, aber keine wie du. Bald sehen wir uns wieder. Denk an unsere Abmachung und vergiss nicht: Nachher gibt’s für uns nur noch Sonnenschein!« Auf der dritten stand nur: »Vergiss es nicht. Ich zähle auf dich. In Liebe, B.«
Als Nächstes sah Neele die Zeitungsausschnitte durch und legte sie auf verschiedene Stapel. Da waren einerseits Schönheitstipps, Moderatgeber und Geschichten über Filmstars, denen Gladys offensichtlich geradezu verfallen war. Doch sie schien sich auch für die neuesten Erkenntnisse der Wissenschaft zu interessieren. Sie sammelte Artikel über fliegende Untertassen, Geheimwaffen, Wahrheitsdrogen, die von den Russen eingesetzt wurden, und über phantastische Wundermittel, die amerikanische Ärzte entdeckt haben wollten. Die ganze Hexerei unseres zwanzigsten Jahrhunderts, dachte Neele. Aber nichts in ihrem Zimmer gab ihm irgendeinen Anhaltspunkt zu ihrem Verschwinden. Sie führte kein Tagebuch, aber das hatte er auch nicht wirklich erwartet. Er fand auch keinen angefangenen Brief, keine Notiz über etwas, das sie in diesem Haus beobachtet hatte und das mit Rex Fortescues Tod zu tun haben könnte. Was immer Gladys gesehen hatte, was immer Gladys wusste, sie hatte es nicht schriftlich festgehalten. Er konnte nur raten, warum sie das zweite Tablett in der Halle stehen gelassen hatte und warum sie so plötzlich verschwunden war.
Seufzend verließ Neele das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Als er sich anschickte, die schmale Dienstbotentreppe hinunterzugehen, hörte er den Lärm trampelnder Füße im Flur unter sich. Das erregte Gesicht von Sergeant Hay tauchte am Treppenabsatz auf. Sergeant Hay keuchte.
»Sir«, sagte er dringlich, »Sir, wir haben sie gefunden.«
»Gefunden?«
»Die Hausangestellte, Sir – Ellen – ihr fiel plötzlich ein, dass sie die Wäsche noch nicht abgenommen hatte. Die Leine hängt gleich um die Ecke von der Hintertür. Sie nahm eine Taschenlampe und ging raus und fiel beinahe über die Leiche – das Mädchen. Erwürgt, mit einem Strumpf um den Hals – seit Stunden tot, würde ich sagen. Und, Sir, ein ganz übler Scherz: Sie hatte eine Wäscheklammer auf der Nase!«
Dreizehntes Kapitel
E ine ältere Dame, die mit der Bahn reiste, hatte drei Morgenblätter gekauft. Jedes einzelne zeigte, nachdem sie es gelesen, gefaltet und zur Seite gelegt hatte, dieselbe Schlagzeile. Jetzt war es nicht mehr nur eine kleine Meldung im hinteren Teil der Zeitung. Die Schlagzeilen schrien die »Dreifache Tragödie im Haus Zur Eibe« heraus.
Die alte Dame saß sehr aufrecht, schaute zum Zugfenster hinaus, die Lippen aufeinander gepresst, mit einem bekümmerten und gleichzeitig missbilligenden Ausdruck in ihrem zerknitterten rosa Gesicht. Miss Marple
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