Das Geheimnis der Goldmine
den vorsichtigen Formulierungen allerdings nicht gefunden. Er mochte sie trotzdem, in Worten und Andeutungen, angestiftet haben, aber Vivian Dubois war zu schlau, um so etwas schriftlich festzuhalten.
Inspektor Neele nahm ganz richtig an, dass Vivian Dubois Adele gebeten hatte, seine Briefe zu vernichten, und dass sie ihm versprochen hatte, das zu tun.
Doch jetzt hatten sie zwei weitere Morde am Hals. Und das bedeutete, das musste bedeuten, dass Adele Fortescue ihren Mann nicht umgebracht hatte.
Es sei denn – Inspektor Neele zog eine neue Hypothese in Betracht –, Adele Fortescue wollte Vivian Dubois heiraten. Vivian Dubois hingegen wollte nicht Adele, sondern die hunderttausend Pfund, die sie beim Tod ihres Mannes erben würde. Vielleicht hatte er gehofft, Rex Fortescues Tod würde natürlichen Ursachen zugeschrieben werden. Einem Schlaganfall etwa. Schließlich hatten sich alle im letzten Jahr um seine Gesundheit gesorgt. (Neele nahm sich vor, dieser Frage nachzugehen. Er hatte so eine Ahnung, dass das wichtig sein könnte.] Rex Fortescues Tod war nicht planmäßig verlaufen. Er war sofort als Vergiftungsfall eingestuft und das entsprechende Gift identifiziert worden.
Angenommen, Adele Fortescue und Vivian Dubois waren schuldig – in welchem Zustand mochten sie sich da befunden haben? Vivian Dubois in Panik, Adele kopflos. Sie würde irgendetwas Unüberlegtes tun. Vielleicht hatte sie Dubois angerufen und etwas Verräterisches gesagt. Er musste damit rechnen, dass jemand im Haus Zur Eibe mitgehört hatte. Was wäre Dubois’ nächster Schritt?
Es war noch zu früh, um diese Frage schlüssig zu beantworten. Aber Neele würde sich im Golf Hotel erkundigen, ob Vivian Dubois zwischen 4 Uhr 15 und 6 Uhr abends dort gewesen war. Vivian Dubois war groß gewachsen und dunkel wie Lance Fortescue. Er konnte sich durch den Garten zur Seitentür und dann nach oben gestohlen haben – und dann? Hatte er die Briefe gesucht und nicht gefunden? Vielleicht hatte er oben gewartet, bis die Luft rein war, und sich dann in die Bibliothek geschlichen, als Adele dort allein war?
All dies spielte sich ein bisschen zu rasch ab.
Neele hatte Mary Dove und Elaine Fortescue befragt, nun musste er erfahren, was Percival Fortescues Frau zu sagen hatte.
Sechzehntes Kapitel
E r fand Mrs Percival in ihrem eigenen Wohnzimmer im ersten Stock, wo sie Briefe schrieb. Als er eintrat, stand sie nervös auf.
»Ist etwas… was… ist wieder…«
»Bitte setzen Sie sich, Mrs Fortescue. Ich habe noch ein paar Fragen.«
»Oh ja, ja natürlich, Inspektor. Ist es nicht furchtbar? Einfach furchtbar.«
Unruhig setzte sie sich in ihren Lehnstuhl. Inspektor Neele wählte einen harten, geraden Stuhl neben ihr. Er sah sie aufmerksamer an, als er es zuvor getan hatte. In vieler Hinsicht war sie eine ganz gewöhnliche Frau, dachte er. Und eine recht unglückliche dazu. Rastlos, unzufrieden, mit beschränktem Horizont – doch er konnte sich gut vorstellen, dass sie in ihrem Beruf als Krankenschwester fähig und tüchtig gewesen war. Die Heirat mit einem reichen Mann ermöglichte ihr ein Leben voller Müßiggang, doch Müßiggang befriedigte sie nicht. Sie kaufte Kleider, las Romane, aß Pralinen, doch er erinnerte sich gut an ihre beinahe gierige Erregung in der Nacht nach Mr Fortescues Tod. Er sah das nicht als krankhafte Sensationsgier, sondern eher als Ausdruck der kargen Wüste der Langeweile in ihrem Leben. Ihre Lider flatterten und senkten sich unter seinem Blick. Sie wirkte nervös und schuldbewusst, aber er konnte nicht sagen, ob sie das auch wirklich war.
»Leider müssen wir immer wieder dieselben Fragen stellen«, sagte er beruhigend. »Es muss Sie alle sehr ermüden. Ich weiß das, aber verstehen Sie, es hängt so vieles von einem exakten Zeitplan der Ereignisse ab. Sie kamen eher spät zum Tee, stimmt das? Miss Dove kam herauf und gab Ihnen Bescheid?«
»Ja. Ja, das stimmt. Sie kam herauf und sagte mir, dass der Tee serviert sei. Ich hatte nicht gemerkt, dass es schon so spät war. Ich hatte Briefe geschrieben.«
Inspektor Neele schaute zu ihrem Schreibtisch. »Verstehe«, sagte er. »Aus irgendeinem Grund glaubte ich, Sie hätten einen Spaziergang gemacht.«
»Hat sie das gesagt? Ja – jetzt, wo Sie es sagen. Es stimmt. Ich hatte Briefe geschrieben, und es war so stickig hier drinnen, dass ich Kopfschmerzen bekam, also ging ich hinaus und – äh – machte einen Spaziergang. Nur durch den Garten.«
»Verstehe. Haben Sie
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