Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
wohin wir gehen.«
»Wir haben Erlaubnis.« Binabik lächelte geheimnisvoll.
Der Himmel über ihnen war fast klar. Während sie über die geborstenen Steine der alten Sithistraße bergab ritten, blickte Simon auf und merkte, dass die Sterne wieder zu sehen waren. Ein Anblick, der Mut machte, auch wenn er verwirrt erkannte, dass keiner davon ihm wirklich vertraut war. Der Mond, der für kurze Zeit hinter einem Wolkenschleier hervortrat, zeigte ihm, dass es früher war, als er zunächst angenommen hatte, wohl nur wenige Stunden nach Sonnenuntergang. Immerhin war es so spät, dass fast ganz Neu-Gadrinsett schon auf den Strohsäcken lag. Wo führte Binabik ihn hin?
Auf ihrem Weg um den Stein herum glaubte Simon mehrfach, drüben im fernen Wald Lichter funkeln zu sehen, winzige Punkte, noch matter als die Sterne hoch über ihnen. Aber als er ihn darauf hinwies, nickte der Troll nur, als sei ein solcher Anblick durchaus nicht unerwartet.
Als sie die Stelle erreichten, an der die alte Straße sich wieder verbreiterte, hatte sich die bleiche Sedda hinter einen Nebelvorhang am Horizont zurückgezogen. Sie ritten auf den flach abfallenden Streifen Land am Fuß des Hügels hinaus. Das Wasser des großen Sees plätscherte gegen die Steine. Noch immer ragten hier und da die Wipfel ertrunkener Bäume aus dem Wasserspiegel wie die Köpfe unter den Fluten schlummernder Riesen.
Binabik stieg wortlos ab und führte Qantaqa zu einem der am Ende der Straße angebundenen Kähne. Simon, in träge Träume versunken, glitt aus dem Sattel und führte sein Pferd in das Boot. Als Binabik die Lampe am Bug angezündet hatte, nahmen sie die Stangen zur Hand und stakten hinaus auf das gefrierende Wasser.
»Nicht mehr viele Reisen können wir so unternehmen«, meinte Binabik leise. »Zum Glück wird das bald nicht mehr wichtig sein.«
»Warum nicht?«, fragte Simon, aber der Troll bewegte nur abwehrend die kleine Hand.
Bald begann die Böschung des überschwemmten Tals unter dem Boot abzufallen, bis ihre Stangen schließlich keinen Grund mehr fanden. Sie vertauschten sie mit den Paddeln, die im flachen Boden des Kahns gelegen hatten. Die Arbeit war hart, es war, als griffe das Eis nach Rumpf und Paddelblatt und setze sich daran fest, wie um das Boot aufzufordern, anzuhalten und ein Teil der großen Erstarrung zu werden.
Eine Zeitlang merkte Simon gar nicht, dass Binabik auf das Nordostufer zusteuerte, dorthin, wo einst Enki-e-Shao’saye gestanden hatte und wo sie das merkwürdige Glimmen gesehen hatten.
»Wir fahren zu den Lichtern!«, sagte er. Seine Stimme schien zu seufzen und in der ungeheuren Weite des dunklen Tals sofort wieder zu verklingen.
»Ja.«
»Warum? Sind die Sithi dort?«
»Nicht die Sithi, nein.« Binabik starrte auf das vom Wind gekräuselte Wasser hinaus und sah aus, als könne er sich kaum noch zurückhalten. »Ich denke, dass du die Wahrheit gesprochen hast: Jiriki würde sein Kommen nicht zu einem Geheimnis machen.«
»Aber wer dann?«
»Du wirst sehen.«
Die ganze Aufmerksamkeit des Trolls richtete sich jetzt auf das andere Ufer, das immer näher kam. Simon sah die hohe Brustwehr der Bäume vor sich aufragen, schwarz und undurchdringlich. Unvermittelt musste er an die Schreibpriester auf dem Hochhorst denken, die immer, wenn irgendein Auftrag den kleinen Simon in ihr Heiligtum führte, wie mit einer einzigen Bewegung die Köpfe gehoben hatten – eine unübersehbare Schar alter Männer, die sein Hereinpoltern aus ihren Pergamentträumen aufschreckte.
Bald scharrte der Bootsboden und lief auf den Strand. Simon und Binabik sprangen hinaus und zogen den Kahn an eine sichere, höhergelegene Stelle. Qantaqa hüpfte in großen, spritzenden Kreisen um sie herum. Als auch Heimfinder an Land gelockt war, zündete Binabik seine Fackel wieder an, und sie ritten in den Wald hinein.
Die Bäume des Aldheorte wuchsen hier so dicht zusammen, als wollten sie sich gegenseitig wärmen. Die Fackel warf ihren Schein auf eine unvorstellbare Fülle von Blättern in unzähligen Formen und Größen, dazwischen so gut wie jede Art von Ranken, Flechten und Moosen, alles zu einem ausufernden Pflanzendschungel verwachsen. Binabik schlug einen schmalen Hirschpfad ein. Simons Stiefel waren nass, und er fror an den Füßen. Wieder fragte er sich, was sie um diese Zeit hier mitten im Wald verloren hatten.
Lange bevor er etwas anderes sehen konnte als das erstickende Gewirr der Bäume, hörte er den Lärm, ein jaulendes, misstöniges
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