Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
Flötentrillern, das sich um einen dumpfen, kaum wahrnehmbaren Trommelschlag rankte. Simon drehte sich nach Binabik um, aber der Troll lauschte und nickte und bemerkte Simons fragenden Blick nicht. Kurz darauf sahen sie Licht, wärmer und unruhiger als Mondlicht, durch die dicken Stämme flackern. Die eigentümliche Musik wurde lauter, und Simon merkte, dass sein Herz schneller schlug; Binabik würde schon wissen, was er tat, schalt er sich selbst. Sie hatten so viele schlimme Tage gemeinsam durchgestanden, dass Simon seinem Freund vertrauen konnte. Aber Binabik machte einen so seltsam zerstreuten Eindruck! Der kleine Mann hatte den Kopf zur Seite gelegt, ganz wie Qantaqa es immer tat, als erkenne er in der unheimlichen Melodie und dem unaufhörlichen Trommeln etwas, das Simon nicht einmal ahnen konnte.
Der junge Mann war unruhig und gespannt. Ihm fiel auf, dass er schon seit einiger Zeit einen vage vertrauten Geruch in der Nase spürte. Selbst als er sich nicht länger darüber hinwegtäuschen konnte, glaubte er zunächst noch, es handele sich um den Geruch seiner eigenen Kleidung. Bald aber ließ sich das Stechende, das Lebendige der Ausdünstung nicht mehr wegleugnen.
Nasse Wolle.
»Binabik!«, schrie Simon. Plötzlich begriff er und fing an zu lachen.
Sie traten hinaus. Unter ihnen erstreckte sich eine weite Lichtung. Überall lagen die Ruinen und Trümmer der alten Sithistadt. Heute aber tauchten tanzende Flammen die toten Steine in warmes Licht. Das Leben war zurückgekehrt, auch wenn die Erbauer der Stadt nie mit diesem Anblick gerechnet hätten. Der ganze obere Rand derSenke war von einer großen Herde sich drängender und leise blökender, schneeweißer Widder bedeckt. Der Boden des Tals, wo die fröhlichen Feuer brannten, war ebenso dicht bevölkert – von Trollen. Manche tanzten oder sangen. Andere spielten auf Trollinstrumenten und erzeugten schrille Trillermusik. Die meisten sahen einfach zu und lachten.
»Sisqinanamook!«, schrie Binabik, den Mund zu einem unfasslich breiten Lachen verzogen. »Henimaatuq! Ea kup!«
Ein Dutzend Gesichter, zwei Dutzend, drei Dutzend und mehr fuhren herum und starrten nach der Stelle, wo er und Simon standen. Sofort drängte sich eine große Trollmenge durch die empörten, unwirsch mähenden Widder. Eine kleine Gestalt rannte allen anderen voraus und lag in kürzester Zeit in Binabiks weit ausgebreiteten Armen.
Simon war umringt von schnatternden Trollen. Sie schrien und lachten, zupften an seinen Kleidern und tätschelten ihm Arme und Beine. Das Wohlwollen in ihren Gesichtern war unverkennbar. Auf einmal hatte er das Gefühl, unter lauter alten Freunden zu sein, und merkte, dass auch er sie anstrahlte und feuchte Augen bekommen hatte. Der intensive Geruch nach Öl und Fett, an den er sich aus Yiqanuc so gut erinnerte, stieg ihm in die Nase, aber in diesem Augenblick war es der angenehmste Duft der Welt. Staunend drehte er sich zu Binabik um.
»Woher hast du das gewusst?«, rief er.
Sein Freund stand in der Nähe, den Arm um Sisqi gelegt. Sie grinste fast ebenso breit wie er. Ihre Wangen waren gerötet. »Meine kluge Sisqinanamook hat mir einen von Ookequks Vögeln geschickt!«, erklärte Binabik stolz. »Schon seit zwei Tagen lagert mein Volk hier und baut Boote.«
»Baut Boote?« Simon wurde vom Meer der kleinen Leute, das ihn umwogte, sanft hin- und hergeschaukelt.
»Um über unseren See zu kommen und sich Josua anzuschließen!«, lachte Binabik. »Einhundert tapfere Trolle bringt Sisqi uns zu Hilfe. Jetzt wirst du in Wahrheit sehen, warum die Rimmersmänner ihre Kinder noch heute mit geflüsterten Geschichten über das Huhinka-Tal erschrecken!« Wieder schloss er Sisqi in die Arme.
Sie kuschelte für einen Augenblick den Kopf an seinen Hals und drehte sich dann zu Simon um. »Ich lese Ookequk-Buch«, begann sie. Ihr Westerling war stockend, aber verständlich. »Ich spreche jetzt mehr, deine Worte.« Ihr Nicken war fast eine Verbeugung. »Grüße, Simon.«
»Grüße, Sisqi«, antwortete er. »Es ist schön, dich wiederzusehen.«
»Darum wollte ich, dass du mitkommst, Simon.« Binabik deutete mit der Hand über die Lichtung. »Morgen wird noch genug Zeit sein für Gespräche über Krieg. Heute Nacht sind Freunde wieder vereint. Wir werden singen und tanzen.«
Simon grinste über die Freude, die so deutlich in Binabiks Zügen stand, eine Freude, die sich in den schwarzen Augen seiner Verlobten spiegelte. Seine eigene Müdigkeit war verschwunden. »Das
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