Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
mit Worten kämpfte wie ein Krieger mit seinem Schwert. Eine Zeitlang leistete ich ihm Widerstand, denn das Letzte, was ein Trunkenbold verliert, ist seine Verschlagenheit. Sie hält eine gute Jahreszeit länger als seine Seele. Aber wir wussten beide, dass ich zum Schluss aufgeben würde. Ich war müde, sehr müde und krank.
Während wir miteinander debattierten, betraten zwei Männer den Raum. Es waren keine Soldaten der Erkynwache, sondern Männer in düsteren Gewändern und mit geschorenen Köpfen. Sie hatten die dunkle Haut und die dunklen Augen der südlichen Inselbewohner. Keiner von ihnen sprach – vielleicht waren sie stumm –, aber ihre Aufgabe war unmissverständlich. Sie sollten mich festhalten, damit Pryrates Kopf und Hände für das Verhör freihatte.
Als die beiden meine Arme packten und mich zum Stuhl des Priesters schleiften, gab ich auf. Es war nicht der Schmerz, den ich fürchtete, Miriamel, nicht einmal das Grauenvolle, das er meiner Seele zufügen konnte. Das schwöre ich Euch, auch wenn ich nicht weiß, warum es jetzt noch wichtig sein könnte. Es war vielmehr so, dass mir plötzlich alles gleichgültig war. Soll er doch haben, was er will, dachte ich. Soll er doch damit anfangen, was er will. Es war ja nicht so, sagte ich mir, dass diese sündenschwarze Welt die Bestrafungnicht verdiente. Ich hatte so lange im Abgrund gelebt, dass ich nur noch das Nichts liebte.
›Du hast mit Blättern aus einem gewissen alten Buch um dich geworfen, Padreic‹, sagte er, ›oder erinnere ich mich recht, dass du dich jetzt anders nennst? Gleichviel. Ich brauche das Buch. Wenn du mir sagst, wo du es versteckt hältst, kannst du frei in die Abendluft hinauswandern.‹ Er zeigte auf die Welt hinter den Rubinfenstern. ›Wenn nicht …‹ Er wies auf einige Gegenstände, die auf dem Tisch gleich neben seinem Stuhl lagen, Dinge, die noch schmutzig waren von Haaren und Blut.
›Ich habe es nicht mehr‹, antwortete ich, und das war die Wahrheit, denn ich hatte vor zwei Wochen die letzten Seiten verkauft. In jenem ekelhaften Stall hatte ich den Rest des Rauschs ausgeschlafen, den der Erlös mir beschert hatte.
›Ich glaube dir nicht‹, erklärte Pryrates, und seine Diener taten etwas mit mir. Ich schrie. Als ich ihm trotzdem nicht sagen konnte, wo das Buch war, begann er selbst Hand anzulegen und hörte erst auf, als ich nicht mehr kreischen konnte und meine Stimme nur noch ein heiseres Flüstern war. ›Hm‹, meinte er und kratzte sich das Kinn, als wollte er Doktor Morgenes nachahmen, der das oft tat, wenn er über einer kniffligen Übersetzung brütete. ›Vielleicht muss ich dir doch glauben. Ich kann mir schwer vorstellen, dass Unrat wie du nur aus Gewissensgründen schweigt. Sag mir also, wem du die Blätter verkauft hast – jedes einzelne.‹
Ich verfluchte mich stumm, weil ich am Tod aller dieser Händler schuld sein würde. Pryrates würde sie umbringen und ihre Waren beschlagnahmen lassen, ohne einen Augenblick zu zögern. Aber ich nannte ihm alle Namen, jeden einzelnen, und wenn ich einmal zögerte, ermunterten mich … seine … seine Diener …«
Cadrach brach plötzlich in lautes, stöhnendes Schluchzen aus. Miriamel hörte, wie er versuchte, es zu unterdrücken, bis es in einen Hustenanfall mündete. Sie beugte sich vor, griff nach seiner kalten Hand und drückte sie kräftig, damit er nicht vergaß, dass sie bei ihm war. Nach einer Weile ging sein Atem wieder ruhiger.
»Verzeiht mir, Prinzessin«, krächzte er. »Ich denke nicht gern daran.«
Auch in Miriamels Augen standen Tränen. »Es ist meine Schuld. Ich hätte Euch nicht überreden sollen, davon zu sprechen. Wir wollen aufhören, und Ihr könnt schlafen.«
»Nein.« Sie fühlte, dass er zitterte. »Nein. Jetzt habe ich damit angefangen. Ich könnte ohnehin nicht schlafen. Vielleicht hilft es mir, wenn ich meine Geschichte zu Ende erzähle.« Er streckte die Hand aus und strich ihr über den Kopf. »Ich dachte, er hätte nun alles von mir, was er wünschen konnte, aber das war ein Irrtum. ›Und wenn diese ehrenwerten Herren die Blätter, die ich brauche, nicht mehr haben, Padreic?‹ fragte er mich. Oh, ihr Götter, es gibt nichts Abstoßenderes als das Lächeln dieses Priesters! ›Ich denke, du solltest mir mitteilen, woran du dich noch erinnerst – es wird doch in diesem Weinschlauch von Schädel noch ein Rest von Verstand stecken? Komm, sag mir den Inhalt her, mein kleiner Messdiener.‹
Und das tat ich. Ich wiederholte ihm
Weitere Kostenlose Bücher