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Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3

Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3

Titel: Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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sollte meinen, dass ich vor Seligkeit außer mir war, weil ich noch lebte und alles überstanden hatte«, fuhr er dann fort. »Aber ich verkroch mich nur tiefer im Unterholz und wartete auf den Tod. Doch die Tage waren warm und trocken. Ich starb nicht. Als ich mich einigermaßen erholt hatte, schleppte ich mich nach Erchester. Dort stahl ich etwas zum Anziehen und ein paar Lebensmittel. Ich badete sogar im Kynslagh, damit ich wieder unter Menschen gehen konnte.« Der Mönch stöhnte. »Aber es gelang mir nicht, die Stadt zu verlassen, so sehr ich mich auch danach sehnte. Der Anblick des Hjeldinturms, der die Außenmauer des Hochhorsts überragte, flößte mir Grauen ein, und doch konnte ich nicht fliehen. Es war, als hätte Pryrates ein Stück aus meiner Seele gerissen und mich damit festgebunden, damit er mich jederzeit rufen und ich mich ihm nicht entziehen könnte; und das trotz der Tatsache, dass es ihm offensichtlich völlig gleichgültig war, ob ich lebte oder tot war. Ich blieb also in der Stadt, stahl und trank und versuchte erfolglos, den furchtbaren Verrat zu vergessen, den ich begangen hatte. Natürlich vergaß ich ihn nicht – ich werde ihn nie vergessen –, aber im Lauf der Zeit wurde ich wieder stark genug, mich vom Schatten des Turms loszureißen und aus Erchester zu fliehen.« Es sah aus, als wollte er noch etwas hinzufügen, aber er schauderte und verstummte.
    Wieder griff Miriamel nach der Hand des Mönchs, die unruhig über die Holzbank fuhr. Irgendwo im Süden ertönte ein einsamer Möwenschrei. »Ihr solltet Euch keine Vorwürfe machen, Cadrach. Das ist töricht. Jeder andere hätte ebenso gehandelt.«
    »Nein, Prinzessin«, murmelte er traurig. »Nicht jeder. Manche wären lieber gestorben, als solche schrecklichen Geheimnisse zu verraten. Und was noch wichtiger ist – andere hätten von vornherein einen derartigen Schatz, noch dazu, wenn er so gefährlich ist wie Nisses’ Buch, nicht für den Gegenwert von ein paar Weinkrügen verschleudert. Ich hatte eine heilige Pflicht. Denn das ist der Sinn des Bundes der Schriftrolle, Miriamel: Wissen zu bewahren und zugleich Osten Ard vor Menschen wie Pryrates zu schützen, die das alte Wissen nur dazu benutzen wollen, Macht über andere zu erlangen. Ich habe in beiden Punkten versagt.
    Eine weitere Aufgabe des Bundes war, auf die Wiederkehr von Ineluki, dem Sturmkönig, zu achten. Und dabei versagte ich am kläglichsten, denn ich weiß ganz genau, dass ich es war, der Pryrates dazu verhalf, diesen furchtbaren Geist zu finden und anzurufen. Und alle diese Verbrechen verübte ich nur deshalb, damit ich mich am Wein berauschen und mir das ohnehin trübe Gehirn noch mehr vernebeln konnte.«
    »Aber warum wollte Pryrates alle diese Dinge wissen? Warum übt der Tod einen solchen Reiz auf ihn aus?«
    »Das weiß ich nicht«, erwiderte Cadrach müde. »Sein Kopf ist verfault wie ein morscher Apfel, und wer weiß, was für wunderliche Gedanken einem solchen Hirn entspringen?«
    Miriamel presste zornig seine Finger. »Das ist keine Antwort.«
    Cadrach straffte sich ein wenig. »Es tut mir leid, Herrin, aber ich weiß keine bessere. Das Einzige, was ich noch sagen kann, ist, dass ich nach den Fragen, die Pryrates mir stellte, nicht glaube, dass er damals schon eine Verbindung mit dem Sturmkönig suchte – das kam später. Nein, er verfolgte einen anderen Zweck mit diesem, wie Nisses es nannte, ›durch den Schleier sprechen‹. Vielleicht wurde er erst bemerkt, als er begann, diese lichtlosen Gefilde zu erforschen. Die meisten lebenden Menschen, die sich dort dorthin wagen, sterben oder verfallen dem Wahnsinn, aber ich vermute, dass der rachsüchtigeIneluki in Pryrates ein mögliches Werkzeug erkannte. Und nach dem, was ich von Euch und anderen höre, hat sich dieses Werkzeug in der Tat als äußerst nützlich erwiesen.«
    Miriamel fror in der nächtlichen Brise und duckte sich tiefer. Etwas in Cadrachs Worten ließ sie nicht los. »Ich muss darüber nachdenken«, sagte sie.
    »Wenn ich Euch jetzt anwidere, Herrin, ist das nur verständlich.« Cadrach klang sehr förmlich. »Ich bin schon lange selbst von mir unaussprechlich angewidert.«
    »Redet keinen Unsinn.« Impulsiv hob sie seine kalte Hand und drückte sie an ihre Wange. Verblüfft ließ er sie einen Moment liegen und zog sie dann zurück. »Ihr habt Fehler gemacht, Cadrach. Das habe ich auch, und viele andere ebenfalls.« Sie gähnte. »Jetzt müssen wir schlafen, damit wir morgen aufstehen und

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