Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
war, ein stummer Metallstock am Gürtel des Königs, und ein Wiedersehen mit ihm das Letzte, das er sich auf dieser Welt wünschen sollte. Denn wo das graue Schwert war, befand sich auch König Elias. Ganz bestimmt hatte Guthwulf keine Lust, sich einfangen zu lassen – an seiner persönlichen Sicherheit lag ihm zwar wenig, aber er wollte lieber allein in den Abgründen unter der Burg sterben, als in seinem jetzigen Zustand vor die Menschen zu treten, die ihn gekannt hatten, bevor er ein so elendes Wrack geworden war. Doch der Ruf des Schwertes war von unwiderstehlicher Macht. Guthwulfs Leben bestand fast nur noch aus Echos und Schatten, kaltem Stein, Geisterstimmen und dem Tappen und Scharren seiner eigenen Schritte. Das Schwert jedoch lebte, und auf geheimnisvolle Weise war sein Leben stärker als Guthwulfs Leben. Es verlangte ihn nach der Nähe der Klinge.
Ich werde mich nicht fangen lassen, nahm er sich vor. Ich werde schlau sein und vorsichtig. Er würde sich nur so weit heranwagen, dass er die singende Kraft spürte …
Seine Gedanken wurden von etwas unterbrochen, das um seine Knöchel strich. Die Katze, seine Schattenfreundin. Er bückte sich, um das Tier zu berühren, mit den Fingern über den knochigen Rücken zu streichen, die schlanken Muskeln zu fühlen. Die Katze hatte ihn begleitet, vielleicht um ihn vor dummen Streichen zu bewahren. Er hätte fast gelächelt.
Als er sich wieder aufrichtete, lief Schweiß über seine Wangen. Die Luft wurde wärmer. Er konnte beinahe glauben, dass er sichnach den vielen Stufen und langen, aufwärtsführenden Rampen, die er hinaufgestiegen war, der Oberfläche näherte. Aber konnte sich in der Zeit, die er unterirdisch gelebt hatte, so viel verändert haben? War es möglich, dass der Winter geflohen und ein heißer Sommer an seine Stelle getreten war? Ihm kam es nicht vor, als könne eine so lange Zeit vergangen sein, aber die ewige Finsternis täuschte. Das hatte der blinde Guthwulf schon gelernt, als er noch oben in der Burg wohnte. Und das Wetter … nun, in dieser unheilvollen und verworrenen Zeit war alles möglich!
Jetzt fühlten sich sogar die Felswände unter den tastenden Fingern warm an. Wohin ging er? Guthwulf wollte nicht daran denken. Was immer vor ihm lag, das Schwert wartete auf ihn. Das Schwert, das ihn rief. Bestimmt konnte er noch ein Stück weitergehen …
Dieser Augenblick, als Leid in ihm gesungen, ihn erfüllt hatte …
Damals, als Elias ihn gezwungen hatte, es zu berühren, war es Guthwulf vorgekommen, als sei er ein Teil des Schwertes geworden. Eine fremdartige Melodie hatte ihn verschlungen. Wenigstens in diesem Augenblick waren er und die Klinge eins gewesen.
Leid brauchte seine Brüder. Zusammen würden sie eine noch gewaltigere Musik ertönen lassen.
So sehr ihm davor graute, hatte auch Guthwulf sich damals im Thronsaal des Königs nach dieser Vereinigung gesehnt. Jetzt erinnerte er sich und empfand die gleiche Sehnsucht. Ganz gleich, was er dabei aufs Spiel setzte, er musste dieses Lied wieder fühlen. Es war eine Art von Wahnsinn, das wusste er, aber er war zu schwach, sich dagegen zu wehren. Stattdessen würde er seine ganze List und Selbstbeherrschung brauchen, um sich ihm zu nähern, ohne entdeckt zu werden. Es war jetzt ganz nah.
Die Luft in dem engen Tunnel war zum Ersticken. Guthwulf blieb stehen und fühlte mit den Händen vor. Die kleine Katze war fort. Wahrscheinlich hatte sie sich an einen Ort zurückgezogen, der ihren Pfoten nicht so weh tat. Als er die Hand wieder auf die Tunnelwand legte, musste er sie nach kürzester Zeit wieder wegnehmen. Irgendwo weiter vorn hörte er ein gedämpftes, aber stetiges Brausen, ein fast lautloses Röhren. Was konnte dort sein?
Einst hatte ein Drache unter dieser Burg seine Höhle gehabt, derrote Lindwurm Shurakai, dessen Tod Priester Johan berühmt gemacht und der die Knochen für den Thron des Hochhorsts geliefert hatte – ein Ungeheuer, dessen feurigem Atem vor Jahrhunderten zwei Könige und zahllose Burgbewohner zum Opfer gefallen waren. War es möglich, dass dort noch immer ein Drache lebte, ein Sprössling Shurakais, aufgewachsen in der Finsternis? Nun, dann sollte er Guthwulf doch töten, wenn ihm der Sinn danach stand, ihn zu Asche verbrennen – der Graf hatte längst keine Angst mehr vor dem Tod. Er hatte nur noch einen Wunsch: zuvor ein letztes Mal im Lied des grauen Schwertes zu baden.
Der Weg stieg plötzlich steil nach oben, und Guthwulf musste sich vorbeugen, um
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