Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
plötzlich etwas.
Der Ghant war offenbar aus einem anderen Seitentunnel gekommen. Als er sie sah, duckte er sich regungslos und wie betäubt mitten im Gang. Auch Isgrimnur erstarrte für einen Augenblick. Dann stapfte er langsam weiter. Der Ghant, der nichts besaß, das einem wirklichen Gesicht nahekam, sah sie an. Die Stummelbeinchen unterhalb des Kopfes streckten sich aus und zogen sich wieder zusammen. Jäh machte er kehrt und krabbelte in den Tunnel hinein. Isgrimnur zauderte kurz und rannte dann schwerfällig hinterher, wobei er nur mühsam das Gleichgewicht hielt. Ein Stück weiter blieb er stehen und schleuderte den Speer, blieb aber gleich darauf stehen und zischte vor Schmerz. Miriamels Herz begann zu rasen.
»Verdammt! Ich hab mir den Kopf gestoßen. Vorsicht, das elende Dach ist hier besonders niedrig.« Er rieb sich die Stirn.
»Habt Ihr ihn getroffen?«
»Ich glaube, ja. Ich kann ihn nicht sehen.« Er machte noch ein paar Schritte. »Ja. Er ist tot – oder sieht wenigstens so aus.«
Miriamel war ihm gefolgt und spähte an den breiten Schultern des Herzogs vorbei nach dem Wesen, das jetzt im Fackelschein sichtbar wurde. Der Ghant lag im Schlamm des Tunnels. Aus seinem Rückenpanzer ragte Isgrimnurs Speer. Eine dünne Flüssigkeit, ein wenig heller als Blut, rann aus der Wunde. Die Beine mit den Gelenken zuckten ein paarmal und wurden dann allmählich still. Camaris ging zu ihm und drehte das Wesen um. Das Gesicht des Ghant war im Tod so leer wie im Leben. Der alte Ritter betrachtete ihn nachdenklich, scharrte dann eine Handvoll klebriger Erde aus dem Tunnelboden und ließ sie auf die Brust des Toten fallen. Eine sonderbare Geste, fand Miriamel.
»Kommt«, murmelte Isgrimnur.
Der neue Tunnel war nicht so gewunden wie der erste. Er führte steil abwärts, uneben und morastig, und seine Wände waren so zerklüftet, als hätten ungeheure Kiefer sie aus dem Schlamm gebissen. Miriamel sah auf die glitzernden Schaumfäden und entschied, dass sie diesen Gedanken lieber nicht weiterverfolgen würde.
»Verflucht«, sagte Isgrimnur plötzlich. »Ich stecke fest.«
Sein Stiefel war tief in den saugenden Morast des Tunnelbodenseingesunken. Miriamel streckte den Arm aus, damit er sich daran festhalten konnte, während er sich herauszuziehen versuchte. Aus dem aufgewühlten Schlamm stieg ein furchtbarer Gestank auf, und kleine Tierchen, die Isgrimnurs heftige Bewegungen an die Oberfläche befördert hatten, gruben sich hastig wieder ein. Der Rimmersmann schien trotz aller Anstrengungen immer tiefer zu sinken.
»Es ist wie dieser Treibsand, von dem Tiamak uns erzählt hat. Ich komme nicht los.« Eine Spur von Panik lag in Isgrimnurs Stimme.
»Es ist nur Schlamm.« Miriamel versuchte ganz ruhig zu klingen, musste aber ständig daran denken, was passieren würde, wenn ausgerechnet jetzt die Ghants sie überraschten. »Lasst doch notfalls den Stiefel stecken.«
»Es ist mein ganzes Bein, nicht nur der Stiefel.« Tatsächlich war ein Bein bis zum Knie verschwunden, und der Fuß des anderen Stiefels steckte ebenfalls im Schleim fest. Der Aasgeruch wurde immer schlimmer.
Jetzt trat Camaris vor. Er stemmte beide Beine rechts und links von Isgrimnurs Fuß fest und griff dann nach dem Bein des Rimmersmanns. Miriamel betete, dass der trügerische Schlamm auf diese eine Stelle begrenzt war. Andernfalls saßen beide Männer in der Falle, und was sollte sie dann anfangen?
Der alte Ritter zog. Isgrimnur stöhnte vor Schmerz, aber sein Fuß rührte sich nicht. Noch einmal zog Camaris, so fest, dass die Sehnen an seinem Hals hervortraten wie Stricke. Mit einem schmatzenden Seufzer löste sich Isgrimnurs Bein aus dem Morast, und Camaris schleifte ihn zu einem Fleck mit festerem Untergrund.
Der Herzog stand einen Moment gebückt da und untersuchte den Schlammklumpen unter seinem Knie. »Einfach steckengeblieben«, sagte er schweratmend. »Bloß weg von hier.« Seine Stimme zitterte noch.
Immer auf der Suche nach den trockensten Stellen, patschten sie weiter. Vom Qualm der Fackeln und dem Gestank des Schlamms wurde Miriamel übel, darum war sie geradezu erleichtert, als sich der schmale Gang nach einer Weile zu einem großen Raum erweiterte, einer Art Grotte, in der der weiße Schaum von der Decke hing wie Stalaktiten. Sie traten vorsichtig ein, aber die Höhle schien soverlassen, wie der Tunnel gewesen war. Beim Durchqueren des Raums umgingen sie die größeren Pfützen. Zufällig schaute Miriamel nach oben.
»Was ist
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