Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
»Natürlich, Prinz Josua.«
Josua ließ sich auf einen Stein nieder und starrte abwesend in die tanzenden Flammen. »Wir haben einen großen Sieg errungen – wirklich, es ist ein Wunder. Aber der Preis war grausam hoch …«
»Kein Preis, der unschuldigen Menschen das Leben rettet, ist zu hoch«, erklärte Geloë.
»Mag sein. Aber es ist möglich, dass Fengbald die Frauen und Kinder am Leben gelassen hätte.«
»Doch jetzt sind sie am Leben und frei«, sagte Geloë knapp. »Und eine stattliche Anzahl der Männer ebenfalls. Und wir haben einen unerwarteten Sieg erfochten.«
Das Gespenst eines Lächelns blitzte in Josuas Zügen auf. »Wollt Ihr von nun an Deornoths Platz einnehmen, Valada Geloë? Denn genau das hat er immer für mich getan – mich ermahnt, wenn ich anfing, vor mich hin zu brüten.«
»Seinen Platz kann ich nicht einnehmen, Josua, aber ich finde nicht, dass wir uns für unseren Sieg entschuldigen müssen. Doch trauern ist ehrenhaft, und ich will es Euch nicht verbieten.«
»Nein, natürlich nicht.« Der Prinz drehte sich um und betrachtete die langgestreckte Halle. »Wir müssen die Toten ehren.«
An der Tür knarrte Leder. Sludig stand da, über dem kräftigen Arm ein Paar Satteltaschen. Simon sah das Gesicht des Rimmersmanns und fragte sich, ob sie voller Steine waren.
»Prinz Josua?«
»Ja, Sludig?«
»Das ist alles, was wir gefunden haben. Sie tragen Fengbalds Wappen. Allerdings sind sie völlig durchweicht. Ich habe sie nicht geöffnet.«
»Legt sie hier ans Feuer und dann setzt Euch zu uns und sprecht mit uns. Ihr wart uns eine große Hilfe, Sludig.«
Der Rimmersmann neigte kurz den Kopf. »Seid bedankt, Prinz Josua. Aber ich habe noch eine weitere Botschaft für Euch. Die Gefangenen sind jetzt bereit zum Reden, zumindest behauptet das Freosel.«
»Ah.« Josua nickte. »Und Freosel hat bestimmt recht. Er ist ein rauher Mann, aber äußerst klug. Unserem alten Freund Einskaldir nicht unähnlich, wie, Sludig?«
»Wie Ihr sagt, Hoheit.« Sludig schien sich im Gespräch mit dem Prinzen nicht recht wohlzufühlen. Nun bekam er endlich die Aufmerksamkeit und Anerkennung, nach der er sich doch offenbar so gesehnt hatte, dachte Simon, und schien trotzdem nicht recht glücklich damit.
Josua legte Simon die Hand auf die Schulter. »Dann muss ich wohl gehen und meine Pflicht tun«, sagte er. »Wollt Ihr mich begleiten, Simon?«
»Selbstverständlich, Prinz Josua.«
»Gut.« Josua winkte den anderen zu. »Habt die Güte und kommt nach dem Abendessen zu mir. Es gibt vieles zu besprechen.«
Als sie zur Tür gingen, schob Josua den Stumpf der rechten Hand unter Simons Ellenbogen und führte ihn zu Deornoths Bahre. Simon fiel dabei auf, dass er den Prinzen um ein Stück überragte. Es war zwar schon sehr lange her, dass er so dicht neben Josua gestanden hatte, aber trotzdem überraschte es ihn. Er war groß, nicht mehr nur für einen Jungen, sondern sogar für einen Mann. Eine merkwürdige Vorstellung.
Vor der Bahre blieben sie stehen. Simon stand auf den Fußballen da, in achtungsvollem Schweigen, aber begierig weiterzugehen. In der Nähe des toten Ritters war ihm unbehaglich zumute. Das blasse, kantige Gesicht auf der Steinplatte sah weniger nach dem Deornoth aus, an den er sich erinnerte, als nach einem Wachsbild. Die Gesichtshaut, vor allem an Augenlidern und Nasenflügeln, war blutleer und durchscheinend.
»Ihr habt ihn nicht gut gekannt, Simon. Er war der beste aller Männer. «
Simon schluckte mit trockenem Mund. Die Toten waren so … tot. Eines Tages würden Josua, Binabik, Sludig und alle anderen in Neu-Gadrinsettauch so daliegen. Er selber auch, erkannte er mit einem Gefühl des Abscheus. Wie würde das sein? »Er war stets sehr freundlich zu mir, Hoheit.«
»Er konnte gar nicht anders sein. Er war der treueste Ritter, der mir je begegnet ist.«
Je mehr Josua in den letzten Tagen über Deornoth gesprochen hatte, desto klarer war Simon geworden, dass er den Ritter anscheinend überhaupt nicht richtig gekannt hatte. Ihm war er wie ein schlichter Mann vorgekommen, freundlich und still, aber kaum wie das Musterbeispiel an Ritterlichkeit, für das Josua ihn offenbar hielt, eine Art zweiten Camaris.
»Er starb tapfer.« Eine ziemlich lahme Beileidsbezeugung, aber Josua lächelte.
»O ja. Ich wünschte, Ihr und Sludig hättet früher an seiner Seite sein können, aber Ihr habt Euer Bestes getan.« Josuas Miene änderte sich so plötzlich wie ein Frühlingshimmel, über den die
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