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Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3

Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3

Titel: Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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den Thron nachfolgte, stand nichts als Schmerz und Kummer bevor. Selbst wenn sie den Sturmkönig besiegen konnten – und das konnte kaum mehr als eine vage Hoffnung sein –, war doch das ganze Land zerstört, das Volk verhungert und erfroren. Sehr lange würde es keine Turniere und keine Umzüge mehr geben und keine in der Sonne schillernden Rüstungen.
    Nein, dachte er bitter, der nächste König sollte jemand wie Barnabas sein, der Küster und Totengräber der Hochhorst-Kapelle – jemand, der sich darauf versteht, Leichen unter die Erde zu bringen.
    Er schob den Spiegel wieder in die Manteltasche und setzte sich auf einen Felsen, um zuzusehen, wie die Sonne zwischen den Bäumen versank.
    Vara fand ihren Gemahl im Abschiedshaus. Die Halle war bis auf ihn und Deornoths bleiche Gestalt leer. Der Prinz selbst schien kaum noch unter den Lebenden zu weilen. Reglos wie ein Standbild verharrte er am Altar, der den Leichnam seines Freundes trug.
    »Josua?«
    Der Prinz drehte sich so langsam um, als erwache er aus tiefem Traum. »Ja, Herrin?«
    »Du verweilst zu lange an diesem Ort. Der Tag ist fast zu Ende.«
    Er lächelte. »Ich bin gerade erst zurückgekommen. Ich war mit Simon unterwegs und habe noch einige andere Dinge erledigt.«
    Vara schüttelte den Kopf. »Du bist schon sehr lange hier, auch wenn du dich nicht erinnerst – den größten Teil des Nachmittags.«
    Josuas Lächeln wurde unsicher. »Tatsächlich?« Er warf einen Blick auf Deornoth. »Ich weiß nicht – ich habe immer das Gefühl, es wäre unrecht von mir, ihn allein zu lassen. Er hat sich stets um mich gekümmert.«
    Vara kam näher und nahm seinen Arm. »Ich weiß. Komm, geh ein Stück mit mir.«
    »Gut.« Josua streckte die Hand aus und berührte das Tuch auf Deornoths Brust.
    Als Josua und die Seinen auf den Sesuad’ra gekommen waren, hatten sie das Abschiedshaus fast als Ruine vorgefunden. Die Siedler hatten für die gähnenden Fensterhöhlen Läden gezimmert und dicke Holztüren gebaut, um das Haus zu einem Ort zu machen, an dem die Geschäfte von Neu-Gadrinsett in Wärme und Ungestörtheit abgewickelt werden konnten. Trotzdem hatte der Bau etwas Behelfsmäßiges – die rohe Arbeit der neuen Bewohner bildete einen absonderlichen Gegensatz zur anmutigen Kunstfertigkeit der Sithi. Josua strich mit dem Finger über eine in den Stein geschnittene Blüte. Vara führte ihn zu einer der Türen an der Rückseite und hinaus ins sinkende Sonnenlicht.
    Die Mauern des Gartens waren verfallen, die steinernen Wege zersprungen, einzelne Platten standen hoch. Nur ein paar hartnäckige alte Rosenbüsche hatten den Ansturm des Winters überlebt. Zwar konnte es Monate oder Jahre dauern, bis sie wieder blühten, aber ihre dunklen Blätter und grauen, dornigen Zweige sahen stark und kräftig aus. Es war schwer, sich keine Gedanken darüber zu machen, wie lange sie hier schon wuchsen oder wer sie gepflanzt hatte.
    Vara und Josua kamen am knorrigen Stamm einer gewaltigen Kiefer vorbei, die in einer Mauerlücke stand. Es sah aus, als hinge die untergehende Sonne, ein brennendroter Fleck, in ihren Ästen.
    »Denkst du immer noch an sie?«, fragte Vara plötzlich.
    »Wie?« Josua schien zerstreut. »An wen?«
    »Die andere. Die du geliebt hast – die Frau deines Bruders.«
    Der Prinz senkte den Kopf. »Hylissa. Nein, nicht oft. Es gibt Wichtigeres, mit dem ich mich diese Tage beschäftigen muss.« Er legte seiner Frau den Arm um die Schultern. »Schließlich habe ich eine Familie, die mich braucht.«
    Vara betrachtete ihn misstrauisch, nickte dann aber zufrieden. »Ja, das hast du.«
    »Und nicht nur eine Familie, sondern anscheinend ein ganzes Volk.«
    Sie stieß einen leisen Laut der Verzweiflung aus. »Du kannst nicht der Ehegatte und Vater von allen sein.«
    »Natürlich nicht. Aber ich muss der Fürst sein, ob ich will oder nicht.«
    Eine Weile gingen sie schweigend weiter und lauschten dem unregelmäßigen Gesang eines einsamen Vogels, der hoch oben in den schwankenden Zweigen saß. Der Wind war kalt, schien aber nicht mehr ganz so schneidend wie in den letzten Tagen; vielleicht sang der Vogel deshalb.
    Vara schmiegte den Kopf an Josuas Schulter. Ihr schwarzes Haar umflatterte sein Kinn. »Was tun wir als Nächstes?«, fragte sie. »Jetzt, nachdem die Schlacht geschlagen ist?«
    Josua geleitete sie zu einer Steinbank, auf der einen Seite zerbröckelt, sonst aber noch gut erhalten. Sie wischten ein paar schmelzende Schneeflecken beiseite und setzten sich. »Ich

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