Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
ist.«
»Und ich halte es für das Beste, wenn Fengbald mit seinen Soldaten nach Osten aufbricht. Ich will, dass er Josua und seine Verräterbande aus ihren Löchern jagt und vernichtet. Die Sache mit Guthwulf und Benigaris’ Tölpeleien in Nabban haben mich schon zu viel Zeit gekostet. Wenn Fengbald jetzt aufbricht, können er und seine Truppen das Räubernest meines Bruders in einem Monat erreicht haben. Ihr wisst, was für ein Winter kommen wird, Alchimist – Ihr am besten von allen. Wenn ich noch länger warte, ist die Gelegenheit verpasst.« Der König zupfte ärgerlich an seinem Gesicht.
»Hinsichtlich des Wetters besteht kaum ein Zweifel«, versetzte Pryrates gleichmütig. »Ich kann jedoch nur nochmals die Frage wiederholen, ob es nötig ist, Euren Bruder zu verfolgen. Er stellt keine Bedrohung mehr dar. Selbst mit einem Heer von Tausenden könnte er uns nicht mehr aufhalten, bevor Euer ruhmreicher, umfassender und dauerhafter Sieg feststeht. Es dauert nur noch eine kleine Weile.«
Der Wind änderte die Richtung. Die Banner, die von der Decke herabhingen, schlugen Wellen wie das Wasser eines Teiches. Elias schnalzte mit den Fingern, und Hengfisk kam mit dem Becher des Königs herbeigeeilt. Elias trank, hustete und trank weiter, bis der Pokal leer war. An seinem Kinn hing eine Perle dampfender, schwarzer Flüssigkeit.
»Ihr habt leicht reden«, fauchte der König. »Bei Ädons Blut, Ihrhabt es schon viel zu oft gesagt! Aber ich warte bereits zu lange und habe es verflucht satt.«
»Aber dieses Warten lohnt sich, Majestät, Ihr wisst es.«
Das Gesicht des Königs wurde für einen Moment nachdenklich. »Und meine Träume werden immer seltsamer, Pryrates. Immer … wirklicher.«
»Das ist verständlich.« Pryrates hob beschwichtigend die langen Finger. »Ihr tragt eine große Last. Aber das alles wird bald in Ordnung kommen. Ihr werdet ein Reich begründen, glanzvoller als alles, das die Welt je gesehen hat – wenn Ihr nur geduldig seid. Solche Dinge folgen eigenen Gesetzen – wie Krieg und Liebe.«
»Ha!« Elias rülpste säuerlich, von neuem gereizt. »Was wisst Ihr von der Liebe, Eunuchenbastard?« Pryrates zuckte bei dem Schimpfwort zusammen und verengte für eine Sekunde die kohlschwarzen Augen zu Schlitzen, aber der König blickte finster hinab auf Leid und bemerkte es nicht. Als er wieder aufsah, war das Gesicht des Priesters so ausdruckslos wie zuvor. »Was aber ist Euer Lohn für das alles, Alchimist? Das habe ich nie begriffen.«
»Neben dem Vergnügen, Euch dienen zu dürfen, Majestät?«
Elias’ Lachen klang scharf und kurz wie Hundegebell.
»Ja, daneben.«
Pryrates musterte ihn einen Augenblick. Ein sonderbares Lächeln verzerrte seine dünnen Lippen. »Macht, natürlich. Die Macht, zu tun, was ich will … was ich muss.«
Der König hatte den Blick zum Fenster gerichtet. Ein Rabe war aufs Fensterbrett geflogen, stand jetzt dort und putzte sich das öligschwarze Gefieder. »Und was wollt Ihr tun, Pryrates?«
»Lernen.« Für einen kurzen Augenblick wich seine beherrschte Maske den Zügen eines Kindes – eines entsetzlichen, gierigen Kindes. »Ich möchte alles wissen. Dazu brauche ich Macht, sie ist der Schlüssel. Es gibt Geheimnisse, die so dunkel sind, so tief, dass man sie nur auf eine einzige Art ergründen kann – man muss das Weltall selbst aufreißen und in den innersten Eingeweiden von Tod und Nichtsein wühlen.«
Elias hob die Hand und winkte nach einem neuen Becher. Er fuhr fort, den Raben zu beobachten, der auf dem Fensterbrett vorwärtshüpfteund den Blick des Königs mit schiefem Kopf erwiderte. »Ihr führt merkwürdige Reden, Priester. Tod? Nichtsein? Ist das nicht dasselbe?«
Pryrates grinste bösartig. »Oh nein, Majestät. Ganz und gar nicht.«
Plötzlich fuhr Elias auf seinem Thron herum und streckte den Kopf unter dem vergilbten, dolchzahnigen Schädel des Drachen Shurakai hervor. »Verfluchter Hengfisk, hast du nicht gesehen, dass ich meinen Becher will? Mir brennt die Kehle!«
Der glotzäugige Mönch eilte an die Seite des Königs. Elias nahm ihm sorgsam den Becher ab und stellte ihn neben sich. Dann versetzte er Hengfisk einen so geschwinden und kräftigen Hieb auf den Kopf, dass der Mundschenk wie vom Blitz getroffen zu Boden sank. Gelassen leerte Elias den Kelch mit dem dampfenden Trank. Hengfisk blieb einen Augenblick am Boden liegen, knochenlos wie eine Qualle, stand dann auf und nahm vorsichtig den leeren Becher wieder an sich. Sein idiotisches
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