Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
der langen Tafel stand Geloë auf. »Ich glaube, es gibt noch etwas, Josua. Etwas, das Vater Strangyeard und ich erst gestern Nacht entdeckten.« Sie stieß den Priester, der neben ihr saß, leicht an. »Strangyeard?«
Der Archivar erhob sich und wühlte in einem Stoß Pergamente.Er rückte sich die Augenklappe zurecht und spähte dann besorgt in die Gesichter seiner Nachbarn, als fände er sich plötzlich, der Ketzerei angeklagt, vor einem Tribunal.
»Ja«, begann er, »o ja. Ja, da ist noch etwas Wichtiges – verzeiht, etwas das wichtig sein könnte …« Er blätterte in den Seiten.
»Kommt, Strangyeard«, ermunterte der Prinz ihn freundlich. »Wir legen großen Wert darauf, dass Ihr uns von Eurer Entdeckung unterrichtet.«
»Ah. Ja. Wir fanden etwas in Morgenes’ Handschrift. In seinem Leben König Johan Presbyters.« Er hielt für die, die Morgenes’ Buch noch nicht gesehen hatten, ein paar Pergamentblätter hoch. »Außerdem ergab ein Gespräch mit Tiamak vom Wran«, er wies mit dem Pergamentbündel auf den Marschmann, »dass es etwas war, das Morgenes sehr beschäftigte, selbst nachdem er etwas von Elias’ Handel mit dem Sturmkönig zu ahnen begann. Es machte ihm Sorgen, versteht Ihr.«
»Ich verstehe kein Wort.« Isgrimnurs Hinterteil tat allmählich von dem harten Sitz weh, und sein Rücken quälte ihn schon seit Stunden. »Was machte ihm Sorgen?«
»Oh!« Strangyeard war bestürzt. »Verzeiht, verzeiht tausendmal. Der Bartstern natürlich. Der Komet.«
»Im ersten Regierungsjahr meines Bruders gab es solch einen Stern am Himmel«, meinte Josua nachdenklich. »Es war in der Nacht seiner Krönung, als wir ihn zum ersten Mal sahen, der Nacht nach der Bestattung meines Vaters.«
»Das ist er!«, rief Strangyeard aufgeregt. »Der Asdridan Condiquilles – der Erobererstern. Hört zu. Ich werde Euch vorlesen, was Morgenes darüber schreibt.« Er tätschelte das Pergament und begann:
Seltsamerweise scheint der Erobererstern nicht, wie sein Name andeutet, über Geburt oder Triumph von Eroberern zu strahlen, sondern stattdessen als Vorbote des Untergangs großer Reiche aufzutreten. Er verkündete den Fall von Khand und den alten Reichen der Seekönige und sogar das Ende des vielleicht größten Reiches von allen, der Herrschaft der Sithi über Osten Ard, die zusammenbrach, als ihre große Festung Asu’a fiel. Die ersten Aufzeichnungen von Gelehrten des Bundes der Schriftrolle berichten, dass derErobererstern hell am Nachthimmel über Asu’a stand, als Ineluki, Iyu’unigatos Sohn, den Zauber ersann, der wenig später die Burg der Sithi und einen großen Teil von Fingils Heer vernichten sollte.
Es heißt, dass die einzige wirkliche Eroberung, über der das Licht des Eroberersterns strahlte, der Triumph des Erlösers Usires Ädon war. Denn der Stern schien am Himmel von Nabban, als Usires am Richtbaum hing. Indessen könnte man einwenden, dass das Gestirn auch hier Niedergang und Sturz verkündete, denn Ädons Tod war der Anfang des Untergangs des mächtigen Imperiums von Nabban …
Strangyeard holte Atem. Seine Augen glänzten. Morgenes’ Worte hatten ihn vergessen lassen, wie ungern er vor einer Menge sprach. »Wir glauben, dass diese Worte auch eine Bedeutung für uns haben.«
»Aber welche?«, fragte Josua. »Der Stern zeigte sich schon zu Beginn des Krönungsjahrs meines Bruders. Wenn er die Zerstörung eines Reiches verkündet, wo bleibt sie? Zweifellos ist es doch Elias’ Reich, das untergehen wird.« Er lächelte matt, und ein kleines Lachen ging durch die Versammlung.
»Das ist auch noch nicht die ganze Geschichte, Prinz Josua«, nahm nun Geloë wieder das Wort. »Dinivan und andere, auch Doktor Morgenes, studierten diese Überlieferung. Ihr müsst wissen, dass der Erobererstern nicht für immer verschwunden ist. Er wird wiederkommen.«
»Was heißt das?«
Binabik stieg auf seinen Stuhl. »Alle fünfhundert Jahre, so fand Dinivan«, erklärte er, »zeigt sich der Stern nicht einmal, sondern dreimal am Himmel. Er kommt drei Jahre, hell im ersten, fast zu trübe, um gesehen zu werden, im zweiten und dann, am hellsten, im dritten.«
»Das heißt, er wird dieses Jahr zurückkehren, am Ende des Winters«, sagte Geloë. »Das ist das dritte Mal. Das hat er zuletzt getan, als Asu’a fiel.«
»Ich begreife es immer noch nicht«, beharrte Josua. »Ich glaube Euch, dass Eure Worte vielleicht wichtig sind, aber wir sind schon von so vielen Geheimnissen umgeben, über die wir nachdenken müssen.
Weitere Kostenlose Bücher