Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
Zurückhaltung. Es stimmte, dass sie trotzdem oft weit mehr von ihrer bräunlich-goldenen Haut zeigte, als die Bürger von Neu-Gadrinsett gewöhnt waren, aber Aditu gab sich offensichtlich große Mühe, ihre menschliche Umgebung nicht zu schockieren. »Was ihr Benehmen betrifft … Ich finde es nicht so schlimm«, meinte er.
»Nein, natürlich nicht.« Miriamel war ernstlich böse. »Du läufst ja hinter ihr her wie ein junger Hund.«
»Das stimmt nicht«, erwiderte Simon erbost. »Sie ist eine Freundin.«
»Ein schöner Ausdruck. Ich habe ihn von den Rittern meines Vaters gehört, wenn sie über Frauen sprachen, die man nicht über die Schwelle einer Kirche lassen würde.« Miriamel richtete sich gerade auf. Das war kein Scherz mehr. Auch der Zorn, den er vorher schon gespürt hatte, war wieder da. »Ich mache dir keinen Vorwurf – sosind Männer eben. Und auf ihre seltsame Art ist diese Sitha sehr anziehend.«
Simon lachte bitter. »Ich werde es nie begreifen«, sagte er.
»Begreifen? Was begreifen?«
»Nichts.« Er schüttelte den Kopf und dachte, es sei wohl besser, das Thema zu wechseln. »Oh, das hätte ich fast vergessen.« Er griff hinter sich nach dem Tragbeutel, den er an die vom Wind glattpolierte Wand gelehnt hatte. »Wir wollten doch unsere Geburtstage feiern. Es ist Zeit für die Geschenke.«
Miriamel sah betroffen auf. »Oh, Simon! Und ich habe doch gar nichts für dich.«
»Allein, dass Ihr hier seid, ist genug. Euch endlich in Sicherheit zu wissen …« Seine Stimme überschlug sich in einem peinlichen Kieksen. Um seine Verlegenheit zu verbergen, räusperte er sich. »Außerdem habt Ihr mir doch schon ein schönes Geschenk gegeben – Euren Schal.« Er öffnete seinen Kragen, sodass sie sehen konnte, wie sich der Schal um seinen langen Hals schlang. »Das schönste Geschenk, das ich je bekommen habe.« Er lächelte und versteckte ihn wieder. »Nun möchte ich Euch etwas geben.« Er griff in den Beutel und zog einen langen, schmalen, mit Stoff umwickelten Gegenstand heraus.
»Was ist das?« Der Kummer schien von ihrem Gesicht abzugleiten, mit so kindlicher Neugierde betrachtete sie das geheimnisvolle Bündel.
»Packt es aus.«
Sie wickelte den Stoff ab und fand den weißen Pfeil, einen Strich aus elfenbeinernem Feuer.
»Ich möchte, dass Ihr ihn behaltet.«
Miriamel sah von dem Pfeil auf Simon und wurde ganz blass.
»Nein«, flüsterte sie. »Nein, Simon, das kann ich nicht.«
»Warum nicht? Natürlich könnt Ihr. Er ist mein Geschenk an Euch. Binabik sagt, der Pfeilschmied der Sithi, Vindaomeyo, hat ihn gemacht, vor langer, langer Zeit. Er ist mein einziger Besitz, der wertvoll genug ist für eine Prinzessin, Miriamel, und das seid Ihr nun einmal, ob Ihr es wollt oder nicht.«
»Nein, Simon, nein.« Sie drückte ihm Pfeil und Stoff in die Hände. »Nein, Simon. Das ist die größte Freundlichkeit, die man mir je erwiesenhat, aber ich kann sie nicht annehmen. Dieser Pfeil ist mehr als ein Gegenstand, er ist ein Versprechen von Jiriki an dich – ein Gelöbnis. Du hast es mir selbst erzählt. Er ist zu wichtig. Die Sithi machen solche Geschenke nicht ohne Grund.«
»Ich auch nicht«, entgegnete Simon wütend. Also war nicht einmal das gut genug! Er fühlte sich zutiefst verletzt. »Ich möchte es Euch schenken.«
»Bitte, Simon. Ich danke dir vielmals – du weißt gar nicht, wie unendlich lieb es von dir ist –, aber es würde mir zu weh tun, dir diesen Pfeil wegzunehmen. Es geht nicht.«
Verwirrt und voller Herzweh schloss Simon die Finger um den Pfeil. Man hatte seine Gabe verschmäht. Er fühlte sich wild und tollkühn. »Dann wartet hier«, sagte er und sprang auf. Fast hätte er sie angebrüllt. »Versprecht mir, dass Ihr nicht von hier weggeht, bevor ich wiederkomme.«
Miriamel hielt die Hand vor die Augen, um sie vor der Sonne zu schützen, und sah zögernd zu ihm auf. »Wenn du willst, dass ich hierbleibe, Simon, bleibe ich hier. Wird es lange dauern?«
»Nein.« Er ging auf das verfallene Tor in der großen Mauer zu. Schon nach zehn Schritten fing er an zu rennen.
Als er wiederkam, saß Miriamel noch an derselben Stelle. Sie hatte den Granatapfel gefunden, den er als letzte Überraschung versteckt hatte.
»Entschuldige«, erklärte sie, »aber ich war ungeduldig. Ich habe ihn geöffnet, aber noch nichts gegessen.« Sie zeigte ihm die Samen, die in der halbierten Frucht lagen wie aufgereihte Edelsteine. »Was hast du in der Hand?«
Simon zog aus den Falten seines
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