Das Geheimnis Der GroÃ?en Schwerter / Die Nornenkönigin: Bd 3
des Priesters flatterte im Wind, der durch den Engelsturm strich. Er blieb stehen, und seine Stiefelabsätze klapperten noch einmal auf den Steinfliesen, bevor Schweigen herrschte.
»Ihr habt mich rufen lassen, Majestät?«, fragte er endlich.
Elias starrte über das Labyrinth der Dächer und Straßen nach Osten. Die Sonne war über den westlichen Rand der Welt gesunken, der Himmel voll schwerer, schwarzer Wolken. Tiefer Schatten bedeckte das ganze Land.
»Fengbald ist tot«, sagte der König. »Er hat versagt. Josua hat ihn geschlagen.«
Pryrates erschrak. »Wie könnt Ihr das wissen?«
Der Hochkönig fuhr jäh herum. »Was soll das heißen, Priester? Ein halbes Dutzend Männer der Erkynwache kam heute Morgen zurück, die Überlebenden von Fengbalds Heer. Sie haben mir ein paar erstaunliche Geschichten erzählt. Aber Ihr klingt, als hättet Ihr schon vorher Bescheid gewusst.«
»Nein, Majestät«, erwiderte der Alchimist hastig. »Ich war nur überrascht, dass man mich nicht sofort von der Ankunft der Wachsoldaten benachrichtigt hat. In der Regel ist es Aufgabe des königlichen Ratgebers …«
»… die Neuigkeiten zu prüfen und zu entscheiden, was sein Herr hören darf«, beendete Elias den Satz für ihn. Die Augen des Hochkönigs glitzerten, und sein Lächeln war nicht freundlich. »Ich erhalte meine Nachrichten aus vielen Quellen, Pryrates. Vergesst das nie.«
Der Priester verbeugte sich steif. »Wenn ich Euch beleidigt habe, mein König, so bitte ich um Vergebung.«
Elias musterte ihn kurz und wandte sich dann wieder dem Fenster zu. »Ich hätte es besser wissen und nicht diesen Prahlhans Fengbald schicken sollen. Ich hätte mir denken können, dass er alles verdirbt.Blut und Verdammnis!« Er schlug mit der Faust auf das steinerne Fenstersims. »Hätte ich doch nur Guthwulf gehabt!«
»Der Graf von Utanyeat hat Euch verraten, Majestät«, bemerkte Pryrates sanft.
»Verräter oder nicht, er war der beste Soldat, den ich kenne. Er hätte aus meinem Bruder und seinem Bauernheer Hackfleisch gemacht.« Der König bückte sich und hob einen losen Stein auf, den er einen Moment vor seinen Augen in der Hand hielt und dann aus dem Fenster warf. Stumm sah er zu, wie er fiel. Erst als er unten aufgeschlagen war, fuhr Elias fort: »Jetzt wird Josua gegen mich ziehen. Ich kenne ihn. Er wollte mir schon immer den Thron rauben. Nie vergab er mir, dass ich der Erstgeborene bin, aber er war zu klug, es laut zu äußern. Er ist listig, mein Bruder, so lautlos und giftig wie eine Viper.« Obwohl das bleiche Gesicht des Königs müde und abgemagert war, schien er von furchtbarer Lebenskraft erfüllt. Seine Finger öffneten und schlossen sich krampfhaft. »Er wird mich nicht unvorbereitet finden, nicht wahr, Pryrates?«
Der Alchimist gestattete sich ein Lächeln, das seine dünnen Lippen kräuselte. »Nein, Herr, das wird er nicht.«
»Ich habe jetzt Freunde – mächtige Freunde.« Die Hand des Königs berührte das Schwert, das an seinem Gürtel hing. »Und es sind Dinge im Gang, die sich Josua nicht einmal im Traum ausmalen kann, und wenn sein Leben Jahrhunderte dauerte, Dinge, die er niemals errät, bevor es zu spät ist.« Er zog Leid aus der Scheide. Die graugefleckte Klinge sah aus wie etwas Lebendiges, das man gegen seinen Willen unter einem Felsen hervorgezerrt hat. Elias hielt sie vor sich hin. Der Wind hob seinen Mantel und breitete ihn um den König aus wie Schwingen. Das fleckige Zwielicht ließ ihn wie ein gefiedertes Ungeheuer aussehen, ein Dämon aus dunkler Vorzeit. »Er und alle, die ihm folgen, werden sterben, Pryrates«, zischte Elias. »Sie wissen nicht, gegen wen sie kämpfen.«
Pryrates betrachtete ihn mit Unbehagen. »Euer Bruder weiß es nicht, mein König. Aber Ihr werdet es ihm zeigen.«
Elias schwang sein Schwert gegen den östlichen Horizont. In der Ferne zuckten Lichtblitze durch die brodelnde Finsternis.
»Komm doch!«, schrie er. »Kommt doch alle! Der Tod ist großgenug für jeden von euch! Niemand wird mir den Drachenbeinthron rauben. Niemand kann es!«
Wie als Antwort grollte ein dumpfer Donner.
25
Das Abbild des Himmels
uf schwarzen Pferden ritten sie vom Norden herunter, auf Rossen, aufgewachsen im kalten Dunkel, trittsicher in tiefer Nacht, ohne Furcht vor eisigem Wind und hohen Bergpässen. Drei Reiter waren es, zwei Frauen und ein Mann, Wolkenkinder alle. Schon besangen die Lichtlosen ihren Tod, denn wohl kaum würden sie jemals nach Nakkiga heimkehren. Sie waren die
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