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Das Geheimnis der Haarnadel

Das Geheimnis der Haarnadel

Titel: Das Geheimnis der Haarnadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fitzgerald Heard
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dieser Stelle so dicht, daß sie wie Korbgeflecht wirkten. So fand ich denn, als wir innehielten und diesen lebendigen Arrasteppich betrachteten, daß man, obwohl wir tatsächlich nur drei oder vier Meter von der Stelle entfernt standen, an der ich zuvor gesessen hatte, ebensowenig einen Blick ins Innere der Laube werfen konnte oder auf das Haus, das sich jenseits davon erstreckte, wie wenn man auf eine massive Backsteinwand geblickt hätte.
    »Mr. Silchester.«
    Mr. M. richtete das Wort an mich in jenem Tonfall, in dem er nur zu sprechen pflegte, wenn kein Zweifel bestand, daß ich ihm einen wirklichen Gefallen tun konnte. Das kommt, wie Sie sich denken können, selten genug vor, doch der Ton ist so unverwechselbar, daß ich sofort weiß, daß es zur Sache geht, und ich kann nicht leugnen, daß ich in solchen Fällen Begeisterung verspüre.
    »Mr. Silchester, wollen Sie mir einen wirklichen Gefallen tun, indem Sie hier stehenbleiben? Sie werden wahrscheinlich nicht länger als zehn Minuten oder vielleicht eine Viertelstunde warten müssen. Wenn Sie bitte innerhalb dieses Zeitraums vollkommen schweigend verharren wollen und sich nicht von der Stelle rühren, ich glaube, mehr wird nicht nötig sein, und es hängt möglicherweise viel davon ab.«
    Jeder hätte diese Erregung verspürt, eine Spannung, die durch den Ernst seines Tonfalls geweckt wurde. Ich nickte, und er kehrte zurück in die Laube. Ich hörte, wie er hinter dem blätternen Arras hantierte, konnte aber nicht das geringste erspähen. Während ich noch versuchte hindurchzuspähen, vernahm ich Janes Stimme, hinter der Bühne, aber in voller Fahrt.
    »Er ist draußen im Garten. So ein netter Herr. Ich glaube, sie werden das Haus nehmen. Natürlich ließ es sich nicht vermeiden, daß sie davon erfuhren, aber der Mann, der deswegen aus London hier war, hat sie voll und ganz beruhigt. Ist ja Unsinn, jetzt noch zu klagen, daß die Milch verschüttet ist, nicht wahr? Zumal sie schon ziemlich sauer war.«
    Diese Salven blieben offenbar ohne Antwort, obwohl ich nun außer den Schritten Janes weitere Schritte vernahm.
    Einen Augenblick später hörte ich sie sagen: »Ah, hier haben wir Mr. Mycroft ja schon, er erwartet Sie in der Laube.« Und dann: »Mr. Mycroft, Sir, das ist Mr. Milium, der, wie Sie es wünschten, eben herübergekommen ist, um zu sehen, ob er Ihnen behilflich sein und noch etwas über das Haus und dergleichen sagen kann.«
    Man ließ Jane gehen, und ich hörte, wie eine tiefe, angenehme Stimme Begrüßungsworte sprach, und Mr. M. ihn bat, Platz zu nehmen, denn Jane hatte noch einen Stuhl aus dem Hause gebracht.
    »Sie wissen«, hob Mr. M. an, »daß der Vorfall, der dazu führte, daß dieses Haus zu vermieten ist, offiziell zu den Akten gelegt ist.«
    Es folgte eine kurze Pause, in der, wie ich annahm, der Befragte mit einem Nicken antwortete. Wenn er vorhatte, alle Fragen mit nichts als einem Nicken oder Schulterzucken oder Lächeln zu beantworten, dann war meine Lage nicht so vorteilhaft, wie ich erhofft hatte, nämlich die Lage desjenigen, der ohne schlechtes Gewissen lauschen darf. Ich begann, ohne etwas zu sehen, die Mauer aus grünen und braunen Blättern und Zweigen anzustarren. Mit einem Male, als ich mit meiner Nase direkt davor stand, bemerkte ich, daß ich durch ein winziges Löchlein zwischen einem vertrockneten Blatt und einem Zweig hindurchsehen konnte, und durch dieses Löchlein, das die Natur gelassen hatte, konnte ich mir einen gewissen Eindruck von der Szene verschaffen, die ich bisher nur mit dem Gehör hatte erfassen können.
    Mr. M. saß, ganz als sei er der Hausherr, auf dem steinernen Stuhl, und zu seiner Rechten saß, mit dem Rücken zu mir, jener Mr. Milium. Ich lief keinerlei Gefahr, entdeckt zu werden, denn selbst wenn ihr Blick auf die Stelle, an der ich hindurchblickte, gefallen wäre, hätten sie nichts als Laub gesehen. So wie die Dinge standen, hatte Mr. Milium mir den Rücken zugewandt, und Mr. M. saß im Profil. Der steinerne Tisch mit dem Blatt Papier darauf befand sich nun auf Mr. M.s linker Seite, und da er es mit der Hand festhielt, als ob er verhindern wolle, daß es davonflog, war auch er weit genug von mir abgewandt, um nicht zu bemerken daß ich mich, wie ich befürchtete, über seine Instruktionen hin wegsetzte. Doch im Grunde war ich froh, daß ich mehr tun konnte als mir aufgetragen war.
    Einen Augenblick lang war alles still und unverfänglich. Mr. M fuhr mit seiner sanften, ruhigen Stimme fort:
    »Das

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