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Das Geheimnis der Haarnadel

Das Geheimnis der Haarnadel

Titel: Das Geheimnis der Haarnadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fitzgerald Heard
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hängt alles von dem Geschick ab, mit dem… mit dem der Stoß geführt wird. Ich weiß noch, daß Mr. Sankey häufig mit einer scharfen kleinen Klinge spielte, die er als Papiermesser benutzte – ein antikes Stück – und mir oft die Stelle von >einer Nadel bloß< aus Hamlets Selbstmord-Monolog rezitierte.«
    »Tatsächlich, das rezitierte er!«
    Mr. M. hatte sich langsam umgewandt und blickte nun Mr. Milium ins Gesicht.
    »Tatsächlich?«
    Die Wendung, beim ersten Mal noch in fragendem Tonfall mit einem Unterton von Überraschung gesprochen, bekam nun bei der Wiederholung etwas Drohendes.
    »Tatsächlich!«
    Beim dritten Mal konnte es keinen Zweifel mehr geben. Was Mr. M. meinte, war: »Sie wissen genau, daß er es nicht tat.«
    »Oh ja, das rezitierte er«, antwortete sein Gegenüber erregt, »doch, wirklich, mehr als einmal. Das hat ihm… ich meine, er war wirklich ein entsetzlich unglücklicher Mensch, er steckte wirklich in der Klemme, er wußte wirklich nicht mehr ein noch aus.«
    Er stockte, und Mr. M. sagte bedächtig: »Und Sie…?«
    Sein Gegenüber faßte sich. »Und ich war deshalb nicht überrascht, als das Ende kam.«
    »Nein«, sagte Mr. M. »Nein, Sie waren nicht überrascht, Sie verblüffte es nicht im geringsten. Aber Sie werden vielleicht verstehen, daß ich mir noch immer meine Gedanken mache?«
    Mr. Milium erhob sich. »Mr. Mycroft«, sagte er mit vollendeter Höflichkeit, »ich will nicht bestreiten, daß Sie, nachdem der Inspektor sie darum gebeten hatte, jedes Recht hatten, als zusätzlicher Berater zu fungieren, und ebenso haben Sie jedes Recht, als potentieller Mieter dies Haus hier zu besichtigen. Ich bin gern bereit, alles in meiner Macht Stehende zu tun, sowohl die offiziellen Ermittlungen zu unterstützen als auch jemandem behilflich zu sein, der vielleicht mein Nachbar für den Sommer werden möchte. Aber ich glaube, Sie werden verstehen, daß ich es nicht für ratsam halte, Ihre beiden Interessen miteinander zu vermischen. Die erstere Angelegenheit ist, wie Sie selbst sagen, zu den Akten gelegt. Es ist ein Thema, das mir persönlich großen Schmerz bereitet. Ich kann nicht erwarten, daß Sie von Berufs wegen meine Gefühle respektieren, und ich habe kein Recht, es von Ihnen zu fordern, selbst wenn Sie sich als Amateur bezeichnen. Aber wenn selbst die Beziehung des Amateurs zur beruflichen Seite nicht mehr besteht, dann habe ich gewiß das Recht, Sie, wenn Sie als potentieller Mieter dieses Hauses meine Hilfe wünschen, zu ersuchen, sich nicht mehr in jene bedauerlichen Dinge zu mischen, die ihr Ende gefunden haben… im Grab.«
    Ich glaube, Mr. M. war tatsächlich einigermaßen verdattert darüber, daß sein Gegenüber ihn dermaßen zurechtwies. Er sprach kein Wort, doch tat er etwas. Er erhob sich. Mr. Milium erhob sich ebenfalls. Sie wandten sich in Richtung Haus. Doch bevor sie noch einen Schritt gegangen waren, schoß Mr. Mycrofts linke Hand vor, und mit den Spitzen seiner langen Finger wischte er den Bogen Zeitungspapier beiseite, der auf dem Tisch zu seiner Linken gelegen hatte. Das Papier schwebte zu Boden. Aber seine Finger blieben, wo sie waren, und zeigten auf den Tisch. Der andere stand wie angewurzelt da, wie ein Jagdhund, der plötzlich das verborgene Wild erspäht hat. Doch teilte er nicht die Begeisterung eines solchen Hundes. Ich konnte jetzt ein wenig von seinem Gesicht sehen, und selbst wenn ich es nicht hätte sehen können, hätte mir die Anspannung seines Körpers verraten, daß er sich plötzlich etwas gegenübersah, das ihn in Bann schlug. Doch als ich nachsah, was für ein Basilisk es war, der ihn zu Stein werden ließ, hätte ich beinahe laut gelacht. Da stand Mr. M. in einer Haltung, die an das pompöse deutsche Bild von Bismarck erinnerte, wie er auf die Landkarte Elsaß-Lothringens zeigt und es von den beiden geduckt dastehenden französischen Ministern fordert. Doch worauf Mr. M. wies und wovor der andere zurückschreckte, waren – wer hätte das für möglich gehalten – das Papiermesser, der Drahtspanner und die alte, rußverschmierte Blattfeder des längst zerstörten Rollstuhls! Zu welch ehrwürdiger Sammlung, die er offenbar zärtlich gepflegt hatte, er als krönenden Blumenschmuck noch den verwelkten großen Zweig der getrimmten Buchenhecke hinzugefügt hatte, mit dem er sich bei unserer ersten Besichtigung des Gartens über die Stiefel gefahren war.
    Und doch erzielte er mit dieser jämmerlichen Sammlung den Effekt, auf den er offenbar

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