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Das Geheimnis der Haarnadel

Das Geheimnis der Haarnadel

Titel: Das Geheimnis der Haarnadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fitzgerald Heard
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auseinanderpflücken muß, um zu sehen, wie es kam, daß es so hübsch aussah, und die sich weit mehr für fossilen Abfall interessiert als für lebendige Schönheit. »Zergliedert das hübscheste Antlitz, Zu forschen, was die Röte gebar!«
    Ich hatte mir eben diesen recht hübschen Zweizeiler einfallen lassen – was meinem Wunsch zur Satire die Spitze abbrach, da ich selbst ja gerade etwas Schönes hervorgebracht hatte –, als sich Mr. M. zu mir umwandte: »Suchen Sie uns doch ein Plätzchen in der Sonne. Ich weiß, da kann ich mich auf Sie verlassen, und ich werde mich gleich zu Ihnen gesellen.«
    Ich war es gern zufrieden, mich an einen angenehmeren Ort schicken zu lassen. Im Gehen sah ich noch, daß er, da es ihm nicht gelungen war, außer ein paar alten Packungen, die einmal Gold Flake, jenen entschieden zu männlich-strengen Tabak, enthalten hatten, etwas aufzuspüren, das seine Aufmerksamkeit auch nur einen Moment lang hätte fesseln können, das kräftige, gezackte Schüreisen aufgenommen hatte und wie ein mittelalterlicher Teufel in den Tiefen der noch schwelenden Glut stocherte.
    Mir blieb jedoch gerade nur genug Zeit, es mir bequem zu machen, unsere Mahlzeit auszubreiten, einen Hühnerflügel, einige Scheiben Zunge und etwas Salat zu wählen und mir ein Glas Apfelwein einzugießen, bis er von seinem schmuddeligen Refugium zurückkehrend um die Ecke bog. Ich brauche wohl kaum hinzuzufügen, daß er etwas gefunden hatte. Und wieder einmal bestand ich die routinemäßige Frage nach der Parole.
    »Was meinen Sie, was ist das?«
    Ebenso prompt wie auf dem Dach antwortete ich.
    »Das ist eine sogenannte Sprungfeder. Des weiteren würde ich vermuten, und dies mit so hoher Wahrscheinlichkeit, daß ich es praktisch für eine Gewißheit halte, daß sie aus einem jener alten Rollstühle stammt, die solche Federn hatten – jene Stühle, in denen Ende des achtzehnten und Anfang des neunzehnten Jahrhunderts die Opfer von Gicht und Fallsucht, die vom zu vielen Portwein ihre ersten Schlaganfälle erlitten hatten, spaziergefahren wurden. Nicht nur, daß ich meine Karikaturisten kenne, meinen Gilray und Rowlandson, sondern, wie der Zufall es will, wurde meine eigene Großmutter, obwohl sie niemals Portwein trank, in just so einem Bath chair, wie man sie zu nennen pflegte, zu, wenn Sie mir den Scherz erlauben, ihrem letzten Hafen gefahren – wie jenes alte, aus der Mode gekommene Schlachtschiff, die >Fighting Temeraire<, auf Turners ein wenig abgedroschenem Gemälde. Oft spazierte ich selbst, als pflichtsames Kind, angetan mit einem Matrosenanzug, neben ihrem Fahrzeug her und begleitete sie auf ihrer umwegreichen Fahrt, kam ich doch als entfernter, wenn auch durchaus möglicher Erbe ihres Vermögens in Betracht, und vertrieb mir, während es mit der Geschwindigkeit eines Trauerzuges, mit der solche Fahrzeuge vorwärtszukommen pflegen, dahinging, die Langeweile mit Gedanken daran, wie diese kleinen, doch kräftigen Federn, die jene beträchtliche Masse auf dem Kopfsteinpflaster auf- und abhüpfen ließen, sich anderweitig verwenden ließen.«
    Wiederum schien Mr. M. von meinem Glück überrascht, das ihn nun zweimal hintereinander um das Vergnügen gebracht hatte, mir etwas zu erklären, weil ich es bereits wußte. »Ohne Zweifel«, fügte ich hinzu und goß mir noch ein Glas von dem wirklich vorzüglichen Apfelwein ein, »war einer der Vorbesitzer dieses bezaubernden Fleckchens ein Mann des achtzehnten Jahrhunderts in jeglicher Hinsicht, ein >Drei-Flaschen-Mann<, als Flasche noch soviel wie Port bedeutete und eine Port-Flasche noch eine Kruste hatte, und war im Alter selbst ein wenig verkrustet; ihn traf zum ersten Mal der Schlag; er nahm seinen Platz im Rollstuhl ein; und bald darauf trat er seine letzte Reise zur Pfarrkirche an, wo er sich für alle Zeiten unter einer schönen Platte aus importiertem Carrara-Marmor zur Ruhe legte. Der Rollstuhl stand herum, bis irgend ein ordentlicher Mensch in unserer ordentlichen Zeit so freundlich war, ihn den Flammen zu übergeben und ihn, ganz in der Art der Chinesen, entsandte, den alten Vorfahren durch die Höfe und Gärten des Jenseits zu tragen. Dies ist ohne Zweifel der letzte Rest davon.«
    Ich war stolz darauf, wie schwungvoll ich meinen Gegenangriff geführt hatte.
    Mr. M. war so verblüfft, daß er, um seinen Rückzug zu decken, zu der Bemerkung Zuflucht nehmen mußte: »Vielleicht würde ich, wenn Sie mir ein wenig von dem Apfelwein übriglassen könnten, ähnlich

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