Das Geheimnis der Hebamme
kaum etwas getrunken und nur ein paar Bissen zu sich genommen hatte.
Wie sehr sich meine Hochzeit doch von Emmas unterscheidet, dachte sie bitter. Aber es war meine Entscheidung.
Schließlich stand Wiprecht leicht wankend auf, stammelte ein paar Dankesworte an Vater Bartholomäus und zog Marthe von der grob aus Baumstämmen gezimmerten Bank hoch. Als sie kurz zurückschaute, sah sie, dass Karl ihnen fassungslos nachstarrte.
Der Pater ging voran, um das Lager für das Brautpaar mit geweihtem Wasser zu besprenkeln. Nach einem Segensspruch zogen er und die übrige Hochzeitsgesellschaft wieder nach draußen, um weiterzufeiern.
Wiprecht räusperte sich verlegen.
»Zieh dein Kleid aus und leg dich hin«, sagte er schließlich und nestelte an seinen Beinlingen. Marthe gehorchte.
Starr lag sie in ihrem Unterkleid auf dem Stroh und versuchte,die Erinnerung an Randolf zu verdrängen. Der Betäubungstrank, den sie heimlich eingenommen hatte, schien seine Wirkung zu verfehlen.
Unbeholfen legte sich ihr Ehemann zu ihr, drückte ihr die Beine auseinander und strich mit zittrigen Händen über ihre Brüste und Schenkel. Dann fuhren seine Finger in ihren Körper.
Mit dem jähen Schmerz war die grauenvolle Erinnerung an die Brutalität der vier Ritter so gegenwärtig, dass sie zusammenzuckte. Sie durchbohrte Wiprecht mit einem so hasserfüllten Blick, dass er sofort von ihr abließ.
»Du Hure! Wag es ja nicht, mich zu behexen«, brüllte er nach dem ersten Schreckensmoment und schlug ihr ins Gesicht.
Er war außer sich vor Angst, packte sie an den Armen und schüttelte sie. »Ich will nicht bei einer Hexe liegen! Ich will nicht bei einer Hexe liegen! Sag sofort drei Vaterunser auf, los! Ich will sehen, ob du das kannst.«
Marthe war von dem Schlag benommen. Blut tropfte von ihrer Lippe aufs Unterhemd. Erst dieser Anblick brachte sie wieder zu sich. Sie wischte sich mit dem Handrücken über den Mund, während die Angst in ihr hochkroch – nicht vor Wiprechts Zorn oder seiner Lust, sondern davor, dass er sich weigern würde, die Ehe zu vollziehen. Dann wäre alles umsonst gewesen.
»Drei Vaterunser!«, forderte Wiprecht, der ihr Zeigefinger und kleinen Finger der rechten Hand als Zeichen gegen das Böse entgegenstreckte.
Langsam sagte Marthe die drei Vaterunser auf, sorgfältig darauf bedacht, sich nicht zu versprechen. Dass sie es schaffte, schien Wiprecht einigermaßen zu beruhigen.
»Nun halt gefälligst still und mach die Augen zu«, brummte er und drückte Marthe zurück ins Stroh. Sie biss sich auf die Lippe und nahm alle Kraft zusammen, um sich in das Unvermeidliche zu fügen.
Stumm und schwitzend machte sich Wiprecht an ihr zu schaffen. Es dauerte lange, bis sein Glied endlich hart genug war, damit er in sie eindringen konnte.
Nach ein paar Stößen war es vorbei. Ächzend rollte er von ihr herunter.
»Wird schon werden«, brummte er zu ihr, zog ein Schaffell über sich und begann wenig später zu schnarchen.
Am nächsten Morgen musterten die anderen Marthe mit viel sagenden Blicken. Ihr linkes Auge war von Wiprechts Schlag fast zugeschwollen, vermutlich war ihr Gesicht inzwischen grün und blau angelaufen.
»Nun wirst du endlich Gehorsam lernen«, giftete Griseldis mit unverhohlener Genugtuung.
Als Karl sie so sah, stürzte er sich mit Wutgeheul auf seinen Vater. »Du Hurensohn! Du verdammter Hurensohn! Was hast du mit ihr gemacht!?«
Drei Männer mussten ihn festhalten, um zu verhindern, dass Karl auf seinen Vater eindrosch. So tobte und schrie er, bis ihm Hildebrand eine kräftige Ohrfeige versetzte.
»Du wirst deinem Vater gefälligst Respekt erweisen«, fauchte er den Jungen an. »Über die Strafe für dieses Verhalten reden wir noch.«
Marthe hielt sich von allen fern. Sie wollte mit niemandem sprechen. Wortlos gab sie Johanna und Marie etwas zu essen, die ihre neue Mutter ängstlich betrachteten, und ging zum Bach, um die geschwollene Gesichtshälfte zu kühlen.
Weder an diesem noch an den nächsten Abenden näherte sich Wiprecht ihr. Tagsüber beobachtete er sie mit einer Mischung aus Scheu und Reue, nachts ließ er sie in Ruhe.
Hildebrand trug Karl zur Strafe die härtesten und unbeliebtesten Arbeiten auf. Mürrisch führte er sie aus, während er seinenVater nicht aus den Augen ließ, wenn der sich Marthe auch nur auf zehn Schritte näherte.
Aber in einem hatte sie sich geirrt. Obwohl sie nun verheiratet war, stellte Martin ihr weiterhin nach. Die Hochzeit war kaum zwei Tage her, da
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