Das Geheimnis der Heiligen Stadt
Hände in einer Geste der Verzweiflung. Er musterte Warner und dâAumale aus glanzlosen blauen Augen. »Wartet in meinen Räumlichkeiten auf mich«, befahl er müde. »Ich muss erneut nach Jaffa aufbrechen, um die Verhandlungen mit den venezianischen Kaufleuten fortzusetzen. Ich wünsche, dass ihr mir einen Wachtrupp zusammenstellt, der mich schützen und die Venezianer beeindrucken kann, der aber gleichzeitig genug Truppen zurücklässt, um Jerusalem zu verteidigen.«
Warner und dâAumale verbeugten sich und gingen. Von drauÃen hörte Geoffrey die Beifallsrufe und das Gelächter ihrer Kameraden, die ihnen zu dem Kampf gratulierten. Mit einer Handbewegung entlieà der Vogt sein Gefolge. Keiner bewegte sich, bis Courrances die Leute hinaustrieb. Augenblicke später war die Kapelle leer, abgesehen von Gottfried und Geoffrey. Auch Courrances verblieb im Schatten der Säulen, weit genug weg, um unaufdringlich zu wirken, aber ganz bestimmt nah genug, um jedes Wort zu verstehen.
»Herr Warner ist ein Hitzkopf«, stellte der Vogt fest. »Aber seine Treue und seine Tapferkeit sind für mich unersetzlich. Bitte denkt daran, wenn Ihr das nächste Mal einen Kampf mit ihm sucht.«
Geoffrey begegnete ruhig seinem Blick und sagte gar nichts. Der Vogt schaute schlieÃlich als Erster beiseite, und Geoffrey fiel auf, wie krank und erschöpft er wirkte. Den vorigen Besuch in Jaffa hatte Gottfried abgebrochen, nachdem er von einem rätselhaften Fieber heimgesucht worden war. Es hieà sogar, er sei vergiftet worden. Man hatte ihn nach Jerusalem zurückgebracht, damit er sich erholen konnte. »Was könnt Ihr mir über den Tod der beiden Ritter und der Mönche berichten?«
Geoffrey rieb sich das Kinn und merkte, dass er sich schon seit einiger Zeit nicht mehr rasiert hatte. Er konnte dem Statthalter nicht viel Neues berichten. Rasch fasste er zusammen, was sie am Vortag von den Zeugen erfahren hatten. Jocelynes Doppelspiel verschwieg er und schilderte den Tod von Marius. Der Vogt wurde noch bleicher.
»Ein Mönch wurde innerhalb der Zitadelle ermordet und ein Ritter niedergeschlagen«, keuchte er. »Das kann so nicht weitergehen! Diese Angelegenheit bedroht die Fundamente unserer Herrschaft in Jerusalem.« Er zog kräftig an den herabhängenden Haaren seines langen blonden Schnurrbarts. »Was schlieÃt Ihr also aus all dem? Glaubt Ihr wie mein Bruder, dass die Juden dahinter stecken, oder haltet ihr wie Courrances die Araber für verantwortlich? Oder stimmt Ihr mir zu, dass der Patriarch mehr weiÃ, als er verrät? Oder habt Ihr einen anderen Verdacht?«
Das hatte Geoffrey nicht, und er fand, dass die Beweise für jede dieser Theorien äuÃerst dünn waren, wenn man es freundlich ausdrücken wollte. Allerdings gab es eine deutliche Verbindung zu den Griechen: Bruder Lukas war Grieche und möglicherweise ein Spion; John war im Haus einer griechischen Witwe tot aufgefunden worden; in Dunstans Pult hatten sich vergiftete griechische Kuchen befunden; und die drei Männer, die ihm nach seinem Treffen mit Tankred gefolgt waren, hatten griechisch gesprochen. Doch wie auch immer, der Tod von Bruder Jocelyne, der für zwei Seiten gearbeitet hatte, legte nahe, dass die Sache etwas mit dem Patriarchen zu tun hatte, während alle drei Ritter â Guido, John und jetzt auch Hugo â in Bohemunds Diensten standen.
Geoffrey entschied, dass nichts damit zu gewinnen war, wenn er dem Vogt von Bruder Jocelyne erzählte, und ganz gewiss ebenso wenig, wenn er allzu deutlich auf Bohemund verwies. Er äuÃerte also nur vorsichtig seinen Verdacht, dass es etwas mit den Griechen zu tun haben könnte. Er war sich nicht sicher, wie der Vogt darauf reagieren würde.
»Die Griechen«, stellte dieser grimmig fest. »Was für eine Dummheit von uns, dass wir sie nicht bis auf den letzten Mann abgeschlachtet haben, als wir die Stadt einnahmen. Nun haben wir eine Natter an unserer Brust genährt.«
»Möglicherweise«, sagte Geoffrey. »Aber das alles sieht eher nach den Taten einiger weniger aus, vielleicht sogar eines Einzelnen, und nicht nach der gesamten griechischen Gemeinde.«
»Ich vermute, vor meinem Aufbruch nach Jaffa habe ich noch Zeit genug, um ein Massaker vorzubereiten«, sagte der Vogt, den nur die Mühe und der Zeitaufwand davon abhielten. »Wenn wir den ganzen Haufen abschlachten,
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