Das Geheimnis der Heiligen Stadt
vor. Geoffrey legte den Kopf in den Nacken und musterte die Decke, während er dem rhythmischen Heben und Senken des Chorgesangs folgte. Die Mosaike dort waren sehr schön anzusehen. Sie stellten Szenen aus der Bibel dar, in brillanten goldenen, grünen und blauen Farben, die selbst im dämmrigen Morgenlicht lebhaft leuchteten.
Eine Gruppe von Rittern trat geräuschvoll ein. Ihre Sporen schepperten auf dem Steinboden. Unter ihnen befanden sich auch dâAumale und Warner. Die Mönche waren an derartige Unterbrechungen gewöhnt und stockten nicht in ihrem Gesang, selbst dann nicht, als zwei Lothringer eine lautstarke Unterhaltung über Pferde anfingen. Courrances trug ein langes Gewand mit einem Kreuz, das im Zwielicht weià hervorstach. Er stand an einer Seite und sang ebenfalls. Allerdings bewegten sich seine blassblauen Augen rasch hierhin und dorthin und nahmen ganz genau wahr, wer anwesend war und wer bei wem stand.
Während die Mönche sangen und der Priester die rituellen Handlungen der Messe vollzog, bewegten die Ritter sich unruhig hin und her und scharrten mit den FüÃen auf dem Boden. Einige unterhielten sich, einer summte deutlich vernehmbar ein Volkslied vor sich hin, wieder andere seufzten und tuschelten. Alle standen, auch wenn ein oder zwei sich gegen Säulen lehnten. DâAumale und Warner redeten miteinander und lachten haltlos über irgendeinen Scherz. Ihre Heiterkeit war laut genug, um missbilligende Blicke des Geistlichen auf sich zu lenken. SchlieÃlich war es vorüber, und die Ritter zogen lärmend zum Speisesaal, um ihr Frühstück zu bekommen. Geoffrey trat auf dâAumale und Warner zu und grüÃte sie fröhlich.
»Guten Morgen«, sagte er und suchte nach einem unverdächtigen Thema, mit dem er sie in ein Gespräch verwickeln konnte. »Helbye hat mir mitgeteilt, dass Ihr einen BogenschieÃwettkampf plant. Was für eine hervorragende Idee! Ich hoffe, meine Männer dürfen sich ebenfalls beteiligen?«
»Ich habe gehört, Euer Hund fühlte sich letzte Nacht nicht wohl«, wechselte dâAumale gleich das Thema und tauschte einen belustigten Blick mit Warner. »Ich verstehe nicht, warum Ihr dieses widerliche Geschöpf behaltet. Es hat nicht einen einnehmenden Wesenszug.«
»Oder betrachtet Ihr es als verwandte Seele?«, schlug Warner vor, und er und dâAumale brüllten vor Lachen. Geoffrey unterdrückte einen ganzen Schwall an beiÃenden Erwiderungen, die ihm ungebeten in den Sinn kamen.
»Dem armen Hugo war ebenfalls nicht wohl«, warf Roger ein. »Und auch dem Mönch nicht, der den Schutz unserer Zitadelle suchte.«
»Womöglich ist er dem Hund zu nahe gekommen«, behauptete Warner und lachte wieder. Geoffrey blickte beiseite. Vielleicht war es einfach, sie dazu zu bringen, sich zu verraten. Aber angenehm würde es nicht sein.
»Bruder Marius war noch nicht ganz tot, als wir zurückkehrten«, log Geoffrey. »Er konnte uns seinen Mörder noch beschreiben.«
Warner und dâAumale schauten sich an. »Wirklich?«, sagte dâAumale. »Und wie sah der Kerl aus? Wir sind alle besorgt darüber, dass ein Mörder innerhalb unserer Mauern sein Unwesen treibt.«
»Es war ein Lothringer«, stellte Roger fröhlich fest. Geoffrey zuckte zusammen. Roger war für solche Spielchen nicht der Richtige. Er war viel zu direkt. Hugo dagegen hätte Geoffreys Absicht sofort durchschaut und sich mit vollendetem Geschick an dem Spiel beteiligt.
»Ihr lügt!«, rief dâAumale aus. Er schaute von Roger zu Geoffrey. »Ihr verleumdet uns alle!«
»Tatsächlich? Wo wart Ihr dann in der letzten Nacht?«, wollte Roger wissen. Geoffrey schloss verzweifelt die Augen. Er ahnte jetzt schon, worauf dieses Gespräch hinauslief.
»Nun, hier waren wir nicht!«, knurrte Warner. »Wir waren aus und sind erst nach Euch zurückgekehrt.«
»Woher wisst Ihr denn, wann wir zurückgekehrt sind?«, fragte Geoffrey rasch. »Wenn Ihr nicht hier wart, um uns zu sehen?«
Warner fing vor Wut an zu stottern, doch es war nicht leicht zu erraten, ob es das Stottern eines ertappten Lügners war oder ob er es einfach hasste, befragt zu werden. »Wir waren aus!«
»Kann jemand für Euch bürgen?«, fragte Geoffrey ruhig weiter.
»Für uns bürgen? Was glaubt Ihr, wer wir sind? Gemeine Krieger?«, brüllte
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