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Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Titel: Das Geheimnis der Heiligen Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beaurfort
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schimmernde Glatze.
    Â»Nun«, setzte Geoffrey an, nachdem sie Platz genommen hatten. »Warum habt Ihr Bruder Marius geholfen, Bruder Dunstans Tod wie einen Mord aussehen zu lassen?«
    Der Mann starrte ihn entsetzt an, und Geoffrey wusste, dass er richtig geraten hatte. Er hatte seine Annahme darauf gegründet, dass Alain angeblich eine große Klatschbase war, sich aber trotzdem auffällig von dem aufgeregten Lärm unter den anderen Mönchen fern hielt. Er hatte abseits gesessen und Geoffrey und den Patriarchen mit einem Blick beobachtet, der dem einer Maus glich, die eine herabstoßende Eule erblickt.
    Â»Ich weiß nicht, was Ihr meint. Ich …«
    Â»Bruder Marius wurde letzte Nacht ermordet«, berichtete Geoffrey schonungslos. »Inmitten der Zitadelle. Zu Eurer eigenen Sicherheit rate ich Euch, mir die Wahrheit zu sagen.«
    Das Gesicht des Mönchs verlor alle Farbe, und mit seinem kahlen Haupt und den aufgedunsenen Zügen erinnerte er Geoffrey an die Leiche eines Ertrunkenen.
    Â»Bruder Marius ist tot?« Alain seufzte schwer und wandte sich ab, um durch das Fenster hinaus auf die Brunnen im Hof zu blicken. »Ich würde ja sagen, Dunstan hat ihn ermordet, aber der war schon tot, gestorben von eigener Hand.«
    Â»Warum würdet Ihr annehmen, dass Bruder Dunstan die Schuld trägt?«
    Â»Er war ein niederträchtiges Geschöpf und in jeder Hinsicht gierig. Alles, war er tat, zeugte von Habsucht. Stets nahm er mehr Essen als jeder andere, selbst dann, wenn kaum genug für jeden da war. Und oft genug war er auch noch auf dem griechischen Markt unterwegs, um mehr zu kaufen. Außerdem hat er gestohlen. Schon einige unserer Mitbrüder stellten fest, dass ihnen etwas fehlte – Tinte, Blattgold und billiger Schmuck. Kleinere Dinge ohne große Bedeutung, doch wir alle wussten, dass er der Schuldige war. Wir nahmen an, dass er die Sachen auf dem Markt verkaufte, denn unter seinem Bett hatte er eine große Truhe mit Münzen.«
    Â»Eine hübsche Ansammlung von Tugenden für einen Mönch«, warf Geoffrey ein.
    Alain musterte ihn eindringlich und wirkte unsicher, wie die Bemerkung des Ritters gemeint war. Geoffrey begegnete seinem Blick und lächelte ermutigend.
    Â»Während der letzten drei oder vier Tage ist es mit Bruder Dunstan noch viel schlimmer geworden«, fuhr Alain fort. »Er wurde auch noch reizbar. Ununterbrochen stopfte er diese griechischen Kuchen in sich hinein. Wir alle fragten uns, ob ihn vielleicht die Völlerei so jähzornig werden ließ – ob all diese Süßigkeiten die Ausgewogenheit seiner Körpersäfte störten. Er und Marius hatten Streit miteinander. Zuerst ging es um nichts Großes, nur das übliche Geplänkel unter Mitbrüdern, die eng zusammenarbeiten. Dann wurden die Auseinandersetzungen ernsthafter. Gestern Nachmittag hatten sie ein hitziges Wortgefecht, das im ganzen Palast zu hören war. Dann wurde Bruder Dunstan plötzlich weinerlich. Er drohte damit, sich das Leben zu nehmen, wenn Bruder Marius nicht einige der Dinge zurücknahm, die er gesagt hatte. Doch der weigerte sich. Bruder Dunstan saß da und blies Trübsal für den ganzen Rest des Tages. Als er zum Abendessen nicht auftauchte, wusste ich, dass etwas nicht stimmte. Ich fand ihn an der Tür hängen. Er hatte sich das Leben genommen, genau wie er angedroht hatte. Bruder Marius ist … er …«
    Â»Ihr müsst mir die Wahrheit sagen«, drängte Geoffrey, als der Schreiber unglücklich verstummte.
    Alain holte tief Luft. »Bruder Marius ist für uns alle hier sehr wichtig gewesen«, sagte er und wies auf die anderen Schreiber, die sie aufmerksam beobachteten. »Man muss es ihm sagen!«, rief er plötzlich. Einige der Mönche schüttelten die Köpfe, andere wirkten besorgt, während wieder andere Alain und Geoffrey gar nicht ansahen.
    Â»Was sagen?«, fragte Geoffrey verblüfft.
    Â»Er war wichtig für uns, weil er gewisse Dinge organisierte … Frauen …«
    Â»Bruder Marius sorgte dafür, dass Frauen ins Skriptorium kamen?«, fragte Geoffrey und verbarg ein Lächeln. »Schaut nicht so verdrießlich drein, Bruder. Ich werde dem Patriarchen nichts davon erzählen.«
    Alains Erleichterung war spürbar. »Immer Donnerstagnacht«, sagte er. »Er kümmerte sich darum, dass uns einige Frauen besuchen. Sie kommen nun schon seit Monaten, und

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