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Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Das Geheimnis der Heiligen Stadt

Titel: Das Geheimnis der Heiligen Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Beaurfort
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wenig, da er nicht genau wusste, von wo aus sie aufgebrochen waren. Er fragte sich, wo Roger steckte. Es war nun klar, dass er sich eine krasse Fehleinschätzung geleistet hatte, als er davon ausgegangen war, sein Verfolger sei Roger. Er war wütend auf sich selbst, weil er nicht aufmerksamer gewesen war.
    Schließlich hielt Melisende vor einem schäbigen Haus an und öffnete die Tür mit einem Schlüssel. Drinnen entzündete sie eine Lampe, öffnete eine Tür, hinter der feuchte Treppenstufen lagen, und führte sie nach unten. Die erste Treppe war aus Holz, dann bogen sie ab und stiegen eine Steintreppe hinab. Bald standen sie in einem Kellergewölbe, dessen Wände vor Feuchtigkeit und grünlichem Moder glänzten. Auf der einen Seite ging ein langer Gang ab, der steil abwärts führte. An den steilsten Stellen waren grobe Stufen aus dem Fels gemeißelt, doch meistenteils war der Boden glatt. Beim Anblick dieses schwarzen, gähnenden Schlundes fühlte Geoffrey, wie ihm kalter Schweiß ausbrach, und eine beklemmende Angst stieg in ihm auf.
    Melisende machte zwei weitere Lampen an und reichte sie ihren Leuten. Sie bedeutete Celeste, in dem Gang voranzugehen. Geoffrey schluckte schwer und ballte die Fäuste, um das Zittern seiner Hände zu unterdrücken. Er erinnerte sich an die Albträume seiner Kindheit, von dunklen Gängen ganz wie diesem, die anschwollen und den ganzen Raum ausfüllten und alles in einen bodenlosen Abgrund hineinzogen.
    Und noch lebhafter war die Erinnerung, wie er dabei geholfen hatte, einen Tunnel zu graben, um die Mauern einer Burg in Frankreich zu unterminieren. Die Mauern waren eingestürzt, während Geoffrey noch in dem Tunnel gewesen war. Er hatte lange Stunden dort in der Finsternis verbracht, während das Wasser um ihn herum beständig anstieg und die Luft immer schlechter wurde. Das Erlebnis verursachte ihm noch immer Albträume. Wenn er daraus erwachte, fühlte er sich stets schwach und von einem haltlosen Grauen erfüllt, dem nichts gleichkam, was er je vor oder nach einer Schlacht empfunden hatte.
    Celeste war schon losgegangen, und die Übrigen warteten auf Geoffrey. Dieser überlegte, wie weit er kommen konnte, wenn er die Waffe des nächststehenden Schwertkämpfers ergriff oder einfach wieder die Treppen emporlief. Doch Melisende schien seine Gedanken zu lesen. Sie nahm Adams Dolch und hielt ihn so drohend auf Geoffrey gerichtet, wie ihre bewaffneten Begleiter es nie zu Stande brachten.
    Â»Runter mit Euch«, befahl sie.
    Geoffrey schluckte wieder und zwang sich, seine Beine zu bewegen. Er mied ganz bewusst Melisendes Blick, damit sie seine Furcht nicht zu sehen bekam, die ihm sicher deutlich an den Augen abzulesen war. Am Eingang des Ganges stockte er, unfähig, die Beherrschung zu bewahren. Melisende versetzte ihm einen kräftigen Stoß mit dem Dolch, und er schlich weiter. Er ging so steif, dass er zweimal stolperte, bevor die unterirdische Halle noch außer Sicht gekommen war.
    Â»Wohin gehen wir?«, fragte er, um die unheimliche Stille zu brechen.
    Â»Wisst Ihr etwa nichts von den Gängen und Höhlen unter dem Felsen, auf dem Jerusalem steht?«, fragte sie. Geoffrey hatte natürlich schon davon gehört, aber er hatte ganz gewiss nie vorgehabt, sie zu besuchen. »Wir benutzen sie für alle möglichen Zwecke – zum Austausch von Nachrichten zwischen verschiedenen Teilen der Stadt, als Lagerraum oder sogar als Kerker.«
    Geoffreys Herz wurde bleischwer. Das nicht, dachte er. Nicht vergessen in einer kleinen Zelle liegen, tausende von Fuß unter der Oberfläche, in undurchdringlicher Dunkelheit, während das Wasser höher und höher steigt und die Luft knapp wird …
    Â»Was ist los? Angst vor der Dunkelheit?«, höhnte Melisende. Die Verachtung in ihrer Stimme brachte ihn dazu, seinen Mut zusammenzunehmen. Er lockerte die verkrampften Finger und stützte sich mit den Händen an den Wänden ab. Er versuchte, nicht an die gewaltige Masse Felsen zu denken, die auf dem Dach des Tunnels lastete, und ebenso wenig an die Tatsache, dass der Gang anscheinend immer enger wurde, während sie hinabstiegen. Er wurde tatsächlich immer niedriger, und Geoffrey spürte, wie er mit den Haaren über die Decke strich. Einmal stieß er sich sogar schmerzhaft den Kopf.
    Das Wasser, das die Wände hinabtröpfelte, sammelte sich zu einem Rinnsal. Es

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