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Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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stehen. »Er ist einfach ein guter Mensch, so will es mir zumindest scheinen. Er ist zwar klein, doch innen drin«, er legte die Hand aufs Herz, »ist er irgendwie stattlich.«
    Die anderen lachten laut auf, doch der Zimmermann fuhr unbeirrt fort. »Der Mann hat so was Ruhiges an sich. Und seine Augen, die meinen es gut mit einem. Außerdem ist nichts an dem unlauter. Der Ailt hat erzählt, dass er sich ganz vorschriftsmäßig bei der Vogtei gemeldet hat. Und eine Urkunde habe er dabei gehabt. Das Haus gehört ihm wohl tatsächlich.«
    Zum Glück für Hinrich öffnete sich in diesem Moment die Tür des Wirtshauses, und die Aufmerksamkeit der anderen richtete sich auf den rothaarigen Mann, der sich bedächtig und mit einem offenen Lächeln im Gesicht auf den Tresen zubewegte.
    Freundlich hob der Mann die Hand zum Gruß, doch weder Hinrich noch die andern Männer am Wirtshaustisch kamen dazu, ihn zu erwidern, denn aus der Küche schallte in diesem Moment lautes Geschrei. Mit einem Fluchen wandte sich Hannes von seinem Gast ab. Die Küchentür flog auf und die Wirtin erschien mit hochrotem Kopf. Am Ohr gefasst hielt
sie einen mageren, etwa dreizehnjährigen Jungen, der wie am Spieß schrie.
    »Erwischt haben wir dich!«, rief die Wirtin.
    »Lass mich los! Ich habe nichts getan«, kreischte der Junge. Sein rotes Haar stand vom Kopf ab wie die Borsten einer Bürste. Seine Kleidung bestand aus geflickten Hosen, Holzklumpen und einem fleckigen Hemd, das wohl einmal weiß gewesen war. Er war so dünn, dass nur die von der Sonne gebräunte Haut seine Knochen zusammenzuhalten schien. Verzweifelt versuchte der Junge sich dem Griff zu entwinden, doch als es ihm endlich gelang, trat noch jemand aus der Küchentür und eine Hand packte mit stahlhartem Griff seinen Arm.
    Die Hand gehörte zu einem großen und breitschultrigen Mann. Er hatte ein markantes Gesicht, helles Haar und blaue Augen, aus denen jetzt die Wut blitzte. »Du hast Geld aus der Kasse genommen, gib’s zu!«, herrschte er den Jungen an und verdrehte ihm den Arm, worauf dieser ein weiteres Mal laut aufschrie.
    »Hast du das wirklich beobachtet, Wiltert?«, fragte die Wirtin streng. »Er ist ein Tunichtgut, aber ob er stiehlt?«
    »Ich hab es genau gesehen. Und sieh mal, die hab ich ihm abgenommen.« Triumphierend hielt der Blonde eine Münze hoch.
    »Das ist nicht wahr«, schrie der Junge. Der Wirtssohn packte ihn so fest, dass er nur noch stöhnte.
    »Wer soll denn sonst das Geld genommen haben? In letzter Zeit fehlt uns doch immer wieder was.«
    Vor Schmerz verzerrte sich das Gesicht des Jungen. »Ich hab kein Geld genommen, ich nicht! Du warst es!«
    Langsam erhob sich der Wirt und trat näher. Die anderen Männer folgten ihm. Auf den Gesichtern zeichnete sich Neugier, aber auch Missbilligung ab.
    Wem diese galt, konnte Jeels nicht ermitteln. Er bewegte
sich wie magisch angezogen auf den Kreis der Streitenden zu. Vielleicht waren es die Augen des Jungen, die ihn heranlockten. Jeels meinte sich selbst darin wiederzufinden, die Ängste seiner Kindheit darin zu lesen. Er hatte oft den Sündenbock spielen müssen. Kinder mit rotem Haar schienen dafür wie geschaffen.
    »Du wagst es!«, schrie der Wirtssohn und schlug dem Jungen mit solcher Wucht ins Gesicht, dass dessen Kopf zur Seite flog. »Sag noch einmal, dass ich gestohlen habe und ich schlag dich tot!«
    »Lassen Sie sofort den Jungen los.« Jeels zitterte am ganzen Körper, doch seine Stimme klang ruhig und eiskalt. Das augenblicklich einsetzende Gemurmel nahm er gar nicht wahr.
    »Wer bist du denn, dass du dich hier so aufspielst?« Verächtlich musterte der Wirtssohn ihn von Kopf bis Fuß.
    »Ich habe gesagt, Sie sollen das Kind loslassen!« Jeels machte einen Schritt vorwärts und blieb dicht vor dem Wirtssohn stehen.
    »Du hast mir gar nichts zu sagen!« Jeels’ Worten zum Trotz schlug er dem Jungen ein weiteres Mal ins Gesicht.
    Da holte Jeels mit dem Fuß aus und trat seinem Gegenüber mit aller Kraft gegen das Schienbein. Völlig überrascht lockerte Wiltert seinen Griff und der Junge kam frei. Er rannte in Richtung Tür, wo er jedoch von einem massigen Körper gestoppt wurde, der kurz nach Jeels die Gaststube betreten hatte.
    »Mach Platz, Krischan, bitte!«, flehte das Kind.
    »Nicht so schnell, Onno.« Krischan packte den Jungen am Arm und eilte zu seinem Freund. Der Wirtssohn hatte sich mittlerweile von seinem Schreck erholt und wollte auf Jeels losgehen, doch die Wirtin fuhr dazwischen. Wiltert

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