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Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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begegneten die Einheimischen, wie allem Fremden, mit einer gewissen Zurückhaltung. Doch zur alljährlichen Feier gehörten die Männer dazu. Auch das hatte Tradition.
     
    Wemke saß mit Konrad an einem der Holztische und betrachtete müde das Treiben um sie herum. Wieder einmal hatte sie die kleine Schwester in die Hände des Kindermädchens geben müssen. Das Strandfest war ein gesellschaftliches Vergnügen der besonderen Art, und sie musste präsent sein. Auch wenn diesmal die luxuriöse Umgebung und die Kapelle fehlten und nur ein Geiger zum Tanz aufspielen würde.

    »Wir beziehen die Insulaner jedes Jahr mit ein«, hatte die geheime Hofrätin erklärt. »Sie fühlen sich sonst ausgeschlossen. In meiner Seebadeanstalt will ich sie nicht. Um Gottes willen! Das einfache Inselvolk und meine hochgestellten und gutbürgerlichen Gäste - das passt einfach nicht zusammen. Aber bei dieser Veranstaltung können sie eine Rolle spielen. Sie müssen schließlich bei Laune gehalten werden. Ich brauche ihre Mitarbeit, allein schon, wenn es um passable Unterkünfte geht. Von den fünfzig Häusern auf der Insel sind vielleicht dreißig als Quartiere für meine Erholungsreisenden geeignet, und für die nächsten Monate haben sich bereits sehr viele Gäste angemeldet. Die kann ich, weiß Gott, nicht alle im Logierhaus unterbringen. Vielleicht muss ich diesmal sogar für die Mahlzeiten auf die Insulaner zurückgreifen. Na, da werde ich ihnen die schlechten Manieren von wegen Branntwein und Sirup mit eingebrocktem Kuchen wohl austreiben müssen. Auch gekochte Grütze mit Pflaumen kann für die Gäste nicht angehen.« Sie rümpfte die Nase. »Aber da lassen die Frauen sicherlich mit sich reden. Die Gäste werden das heutige Strandfest als schlichte Abwechslung schätzen. Ich gestalte ihnen ja schließlich sonst den Aufenthalt so luxuriös und angenehm wie möglich.«
    Der Tag hatte schon am Morgen mit einer besonderen Attraktion begonnen. Die Geheime Hofrätin war mit den Gästen zu einer Wallfahrt aufgebrochen, deren Ziel die »Sandgletscher der Wangerooger Schweiz«, wie sie es nannte, war. Esel und ihre Treiber hatten den Auftakt gebildet. Sie waren vorausgeschickt worden, um während der Wanderung eine Vielzahl von Delikatessen bereitzuhalten. Den Abschluss hatte die Unternehmung vor dem Pavillon gefunden. Dort war den müden Gästen von den Kindern der Insel ein Reigen von Liedern gesungen worden. Der Pastor hatte sie mit ihnen einstudiert. Nachdem sich alle erholt und ausgeruht hatten, war es im großen Marsch zum Strand gegangen.

    Nun hatten sich alle Gäste und Insulaner beim Zelt versammelt. Nach der Feier würde es am Ende des Abends noch eine ganz besondere Attraktion geben: Der Stabswachtmeister hatte sich bereiterklärt, eine mächtige Salve abzufeuern. Dann sollte ein Turm von alten Körben, den die jungen Leute des Dorfes aufgeschichtet hatten, angezündet werden und unter Feuerflammen zusammenstürzen. Und zur Krönung des Abends wartete auf die Feiernden das große Feuerwerk, mit aufsteigenden Raketen und funkensprühenden Feuerrädern.
    Doch noch war es nicht so weit. Wemke schloss ergeben die Augen. Sie sehnte das Feuerwerk herbei, damit der Abend endlich zu Ende ginge. Hoffentlich wachte Freya nicht von all dem Lärm auf. Es hatte sich eingebürgert, dass Gerlind an Abenden wie heute auf die Kleine achtgab. Wemke wünschte sich, selbst schon friedlich im Bett liegen zu können. War es im Haushalt der Justizrätin in Jever schon anstrengend gewesen, so stellte das Seebad dies noch in den Schatten. Alles drehte sich nur um die Gäste, und deren Ansprüche waren grenzenlos. Zum Schluss sehnte das gesamte Personal das Ende der Saison herbei.
    Erst wenige Male waren Wemke und Freya am Strand gewesen. Der Kleinen tat der Aufenthalt hier auf Wangerooge ausgesprochen gut. Sie hatte zugenommen und war voller Tatendrang. Das Meer hatte es ihr angetan und vor allen Dingen die Muscheln. Die Kleine lief lange Strecken an Wemkes Hand und bückte sich immer wieder, um ein besonders schönes Exemplar aufzuheben. Wie eine Zange griffen Zeigefinger und Daumen nach den Meeresgaben, und jeder Fund entlockte ihren Lippen ein entzücktes ›Oh‹. Wieselflink landete so manche der Muscheln in ihrem Mund. Der Sand, der daran haftete, schien Freya nichts auszumachen. Sie wollte alles ganz genau untersuchen. Außerdem liebte sie das Wasser und plantschte zu gerne mit ihren kleinen Füßen durch die Wellen.

    Wenn Wemke mit ihr über

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