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Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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der Bäcker, hatten alle Hände voll zu tun, während andere das Treiben neugierig und mit einer gewissen Scheu beobachteten. Viele waren den ganzen Tag auf den Beinen gewesen, hatten beim Zeltaufbau mitgeholfen oder den Blumenschmuck arrangiert.
     
    »Wiltert!«, rief die Wirtin. Ihrer Stimme war die Verärgerung anzuhören. Obwohl es noch sehr früh war, gab es schon Berge von Bierkrügen, die gespült werden wollten. Allein war das kaum zu schaffen. Doch ihr Sohn scharwenzelte gerade mit einem weiblichen Badegast und ignorierte die Rufe seiner Mutter. Die Augen der jungen Frau hingen hingerissen an dem gut aussehenden Wirtssohn.
    Unvermittelt packte Hannes seinen Sohn am Arm. »Gehst du nun deiner Mutter zur Hand, oder muss ich dir erst Beine machen?« Der Fremden nickte er entschuldigend zu.
    »So was«, murmelte diese kopfschüttelnd und stand auf.
    Missmutig begann Wiltert, die Krüge zu spülen. Wer genau hinsah, bemerkte, dass er nicht bei der Sache war. Seine Augen weiteten sich, als Badearzt Dr. Hoffmann mit seiner jungen Frau das Zelt betrat. Neugierig starrte Wiltert die Blonde an. Etwas Besonderes umgab sie, das hatte er nicht nur an dem Abend am Strand gespürt. Es gab schönere Frauen auf der Insel, doch es gab keine, die so unnahbar wirkte. Im Grunde war sie unerreichbar für ihn, doch gerade das reizte Wiltert. Er würde sein Glück heute Abend erneut bei ihr versuchen. Das wäre doch gelacht, wenn diese Madame bei ihm nicht anbeißen würde.

    »Du bist so schnell wie ein lahmer Gaul«, zischte die Wirtin ihm missbilligend zu. »Da sind ja die Kellner der geheimen Hofrätin noch schneller.«
    Giftig starrte Wiltert sie an. Dann schürzte er verächtlich die Lippen. Na, die würde sich auch noch wundern, wenn sie erfuhr, was er wusste. Wenn er die Gaststube erst übernahm, dann würde er sie aufs Altenteil schicken. Fleißig war seine Mutter ja, aber es regte ihn auf, von ihr gegängelt zu werden. Immer schon war sie bei allem, was er tat, so schrecklich besorgt gewesen und hatte jeden seiner Schritte mit Argusaugen beobachtet. Das hatte ihm in jungen Jahren den Spott der anderen Inselkinder eingebracht. Später, als Wiltert die Wahrheit über seine Herkunft entdeckt hatte, da war ihm klargeworden, dass nicht Liebe hinter der übermäßigen Sorge der Mutter steckte. Offenbar fürchtete sie, dass jemand bemerken könnte, wer sein wahrer Vater war. Er wusste, dass sie den Pastor gehasst hatte. Daher wollte sie wohl sichergehen, dass keine Ähnlichkeiten zwischen ihnen beiden zu erkennen waren. Immer schaute sie ihn so forschend an. Je älter er wurde, desto weniger konnte er es ertragen.
    Auch jetzt wich er ihrem Blick aus. Seine Augen wanderten stattdessen wieder zur Frau des Badearztes. Jetzt war noch nicht so viel los. Da könnte er einen Versuch starten, sich mit ihr auszusöhnen. Wiltert füllte einen der Krüge und setzte sich mit einem gewinnenden Lächeln in Bewegung.
     
    Während das Strandfest seinen Anfang nahm, war Krischan noch bei der Arbeit. Der bärtige Hüne schwitzte in der Abendsonne und dachte an die große Feier. Er kannte das Fest aus anderen Jahren. Seine braungebrannten Arme schleuderten mit kräftigem Schwung Berge von Heu, die Jeels sich hatte anliefern lassen, in den Stall. Sein Freund hatte nun doch zwei Kühe gekauft, die gemeinsam mit dem anderen Vieh auf der
Weide waren. Und jetzt besserte er den Auslauf für die Hühner aus, die Tedamöh ihm versprochen hatte.
    Sehnsüchtig lauschte Krischan den Geräuschen, die von ferne herüberdrangen. Seine Zunge fuhr über die ausgetrockneten Lippen. Er dachte an das Bremer Bier, das Hannes ausschenken würde.
    »Na, Krischan, denkst wohl an einen guten kühlen Krug?«, neckte ihn Onno, der schon den ganzen Nachmittag half. »Meine Oma hat gesagt, sie tut sich das nicht an, aber ich würde gerne hingehen.« Ein sehnsüchtiger Klang lag in seiner Stimme.
    »Ich auch, das kannst du mir glauben.« Krischan arbeitete schnell, und noch ehe Jeels mit dem Einzäunen des Auslaufes für die Hühner fertig war, stellte er die Heugabel in die Ecke.
    »Man kann es kaum fassen, aber du arbeitest für drei«, sagte Jeels.
    Das verschwitzte Gesicht des Hünen strahlte.
    »Und mit dir bin ich auch sehr zufrieden.« Jeels nickte Onno wohlwollend zu.
    »Ich würde am liebsten jeden Tag kommen, doch da lässt meine Oma nicht mit sich reden. Sie glaubt, es nützt was, wenn ich dreimal in der Woche zur Schule gehe.« Er verzog das Gesicht. »Nur gut,

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