Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
waren seine Bewegungen weich und geschmeidig wie die eines Bären. Und wie ein Bär, so konnte auch Krischan sehr schnell sein. Während er zum Haus lief, fuhr er sich mit allen fünf Fingern durch den krausen Haarschopf, als wolle er Ordnung in seine Locken bringen.
    Jeels musste grinsen. Er mochte Krischans Art. Als beide sich umgezogen hatten, schob er dem Freund einen Stapel Münzen zu. »Hier, für das ein oder andere Bier. Du hast es dir wahrlich verdient.«
    Krischan fingerte verlegen an seinem Hemd herum. »Lass nur, Jeels. Du musst ja im Moment für so viele Dinge Geld ausgeben. Die Tiere und das Heu, dazu das Baumaterial für die Kate und unser Essen. Es ist ja schier ein Fass ohne Boden. Ich brauch nichts von dir. Später, wenn mal was über ist, dann will ich gerne Geld annehmen.«
    »Red keinen Unsinn und nimm es!«, befahl Jeels. Er trug eine dunkle Leinenhose und ein helles Hemd. Um den Kragen hatte er ein breites Band aus schwarzer Seide geschlungen und locker gebunden. Wie Feuer hob sich das rote Haar gegen den dunklen Stoff ab. Jeels trug das Haar jetzt etwas länger als zu Bremer Zeiten. Dies ließ ihn ein bisschen verwegen wirken.
    Mit einem gemurmelten Dank strich Krischan das Geld ein. Das krause Haar wallte um seinen mächtigen Schädel. Es ließ sich nicht bändigen, und Krischan schaffte es trotz der neuen Hose und dem hellen Hemd nicht, den Eindruck von Wildheit abzuschütteln.

    Onno war schneller als erwartet wieder zur Stelle. Seine Hose war ein wenig zu kurz, aber das schien den Jungen wenig zu stören. Er summte vor sich hin und trieb die beiden Männer zur Eile an. Seine Augen blitzten voller Vorfreude.
    »Mensch, habt ihr euch fein gemacht. Jeels, du siehst aus wie der Seeräuber Rotbart, von dem der alte Krienohm mir immer erzählt. Muss ein toller Kerl gewesen sein. Der hatte an jedem Finger ein Schätzchen, sagt Krienohm.« Onno grinste. »Sicherlich wollen alle Frauen heute Abend mit dir tanzen.«
    Jeels machte ein ungläubiges Gesicht, während Krischan nur missbilligend mit dem Kopf schüttelte. »Die Jugend heutzutage. Als ich in deinem Alter war, wusste ich noch nicht einmal, was ein Schätzchen ist. Nun aber schnell, sonst geht dem Hannes noch das Bier aus, bevor wir überhaupt da sind.«
    Benno würden sie zu Hause lassen, doch das schien dem Hund nichts auszumachen. Er gähnte ausgiebig und rollte sich auf seinem Lager zusammen.
     
    Die wenigen Männer, die nicht auf See waren, trugen zur Feier des Tages ihre Sonntagshüte. Sie waren breitrandig und schwarze Seidenbänder hingen an ihnen herab. Die meisten Insulaner waren mit dunkler Jacke und brauner Hose bekleidet. Hinderk Tjarks, der alte Kapitän, trug sein gutes altes Damastjackett mit den silbernen Knöpfen und weiße Hosen aus Leinen, die nur knapp übers Knie reichten. Seine Aufmachung stammte noch aus der Zeit Napoleons.
    Die älteren Frauen erkannte man an ihrer Kopfbedeckung, den Käppchen. Einige trugen ihre Sonntagsbetjacken mit langen Schößen, andere dunkle Leinenkleidung mit hellen Schürzen darüber. Die jungen Mädchen ließen ihr Haar im Wind wehen.
    Insgesamt standen die Einheimischen natürlich in keinem Vergleich zu den pompös ausgestatteten Gästen der geheimen
Hofrätin. Die Männer waren allesamt im Frack, trotz der rustikalen Umgebung, und die Damen trugen Abendroben.
    »Es ist schon recht so, der Unterschied muss allen bewusst bleiben«, dachte die Hofrätin, während ihre Augen zufrieden über die bunte Schar glitten.
    Eingeladen waren auch die Arbeiter aus dem Salzsiedewerk. Ungefähr auf halbem Wege zwischen dem Dorf und dem Ostende der Insel hatte der Kaufmann Christian Renken aus Oldenburg 1832 eine Salzsiederei errichtet. Arbeitskräfte fand er nur auf dem Festland, denn die Insulaner sahen sich selbst ausschließlich als Fischer oder Schiffer. Die Lage der Insel und der Mangel an fruchtbarem Boden hatte diese Tradition schon vor ewiger Zeit begründet. Die Männer nahmen ihre Berufung schon mit der Muttermilch auf, und daher war kein Insulaner dazu zu bewegen, in der Salzsiederei zu arbeiten.
    Die Seefahrer unter den Insulanern beteiligten sich am Heringsfang bei Helgoland, sie heuerten auf großer Fahrt an oder verdienten mit der Robbenjagd ihr tägliches Brot.
    Sicher, da gab es den einen oder anderen Handwerker auf der Insel. Das Brot musste gebacken und die Schuhe besohlt werden. Aber auch hier galt die Tradition: wie der Vater, so der Sohn.
    Den Mitarbeitern der Salzsiederei

Weitere Kostenlose Bücher