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Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman

Titel: Das Geheimnis der Inselrose - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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das nicht nur wegen seiner unverschämten Worte ihr gegenüber. Schon bei Tedamöh hatte sie sich über diesen Mann aufregen müssen. »Begehrlichkeit des Fleisches!« Sie schrie ihn fast an. »Mit mir will doch, weiß Gott, kein Mann etwas zu tun haben. Die Angst der Burschen ist viel zu groß. Und womit soll ich denn locken? Mit dem verdammten roten Haar vielleicht?« Sie schnitt dem Gottesmann eine Grimasse. »Gehen Sie mir jetzt aus dem Weg. In Ihre ach so fromme Kirche darf ich nicht, und diese bösen Reden hier unter Gottes Himmel will ich nicht.«
    Auf dem Gesicht des Pastors machte sich ein schwer zu deutender Ausdruck breit. Was war es? Befriedigung? Selbstgefälligkeit? Reemke meinte plötzlich so etwas wie Gier in seinen
Augen aufblitzen zu sehen. Es stachelte ihn offenbar an, sie mit Beschimpfungen zu quälen. Ihr lief ein Schauer über den Rücken.
    »Ein Weib ist schlimmer noch als der Tod«, wetterte der Gottesmann unbeirrt weiter. »Jede Sünde kann bereut und vergeben werden, doch die Verführung durch eine Frau beraubt uns dieser Gnade Gottes. Weiber sind wie Rosen. Unter der duftenden Versuchung warten die stechenden Dornen. Durch die Sünde mit einer Frau werden wir, genau wie sie, des Teufels.«
     
    Auch innerlich raste der Pastor. Immer wieder reizte ihn dieses Mädchen. Er musste ihrer Herr werden. Warum wollte es ihm nicht gelingen? Sogar in seinen Träumen ließ ihn diese Teufelsgespielin nicht in Ruhe. Seine Augen streiften ihre Brust, die sich jetzt heftig hob und senkte. Bei Gott, der Körper eines Weibes war eine Falle für jeden Mann. Haare wie Seide. Rot wie Feuer. Rotes Haar auf nackter Haut, auf ihren wogenden Brüsten. Fast konnte er ihren unbekleideten Leib vor sich sehen, ihre schneeweißen Schenkel, die runden Hüften, der Ursprung aller Sünde …
    Schweiß trat ihm auf die Stirn. Sein Atem ging immer schneller. Schluss! Er umklammerte das Kreuz um seinen Hals wie einen Rettungsanker.
     
    Reemke keuchte vor Empörung. »Ich höre mir das nicht länger mit an. Ihre Worte sind schändlich. Jetzt ist schon nicht einmal mehr Tedamöh vor Ihren Hetzreden sicher. Dabei sollten Sie und die anderen Insulaner froh sein, dass eine Hebamme auf der Insel arbeitet.«
    Der Pastor hatte sich wieder etwas gefangen. Als die Rede auf Tedamöh kam, schnaubte er verächtlich. »Die Hebammen sind besonders anfällig für alles Böse. Sie sehen die Weiber in
der Schande der Geburt. Kommen mit dem Unreinen, den Geburtssäften in Berührung. Dem, das sonst die Männer anlockt. Die Hebammen fallen Gott in den Rücken. Versuchen, den Gebärenden Beistand zu leisten, die Geburt zu erleichtern, wo doch Gott die Schmerzen bei der Niederkunft wohlweislich für die Weiber vorgesehen hat. Eine kleine Strafe für ihre Wollust.« Sein Blick glitt an Reemke hinunter. »Und dir müsste die Wollust mit der Peitsche ausgetrieben werden. Geh, dass ich nicht in Versuchung gerate!«
    Reemke wich zurück, denn sie spürte seine Erregung nun fast körperlich.
    »Es heißt, das beste Geschenk bei der Geburt eines Kindes sei ein Prügelstock. Gilt dies nicht mehr noch für ein Weib wie dich? Jeden Tag unter der Knute, dann wäre vielleicht das Teuflische im Zaum zu halten. Und nun schlag deine unkeuschen Augen nieder, sonst vergesse ich mich noch.«
    Mit wehenden Schößen stürmte er an ihr vorbei. Reemke sah ihm wütend nach. Wie gut, dass sie seinen Predigten nicht jeden Sonntag lauschen musste. Sie holte tief Luft und setzte mit festem Schritt ihren Heimweg fort.
     
    Im Dunstschleier, der über der Insel lag, konnte Reemke die Kate kaum ausmachen. Es sah aus, als wolle das Haus sich verstecken.
    Schon von weitem hörte Reemke die Stimme der Mutter, die aus einem geöffneten Fenster drang. Sie war lauter als sonst, eindringlicher.
    »Ich habe das Geld nicht«, sagte sie.
    »Wo ist es?« Die Stimme des Vaters klang auf schauerliche Weise beherrscht. »Gib es mir, sofort, du verdammtes Luder!«
    »Ich habe es nicht.« Belastende Stille breitete sich aus.
    »Tede!«, erklang dann erneut Jeelkes flehende Stimme. »Ich habe ihr das Bezahlen erlassen. Stine muss hungern, wenn wir
das Geld von ihr nehmen. Der Sohn hat noch nicht das Alter, um etwas zu verdienen. Sie tut, was sie kann, aber es ist nicht genug. Und uns geht es doch gut. Wir brauchen das Geld nicht. Kannst du nicht einmal gütig sein und das Einrenken für einen freundlichen Gedanken verschenken?«
    »Ich hole mir jetzt das Geld von dem Weib und dann …« Er

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