Das Geheimnis der italienischen Braut
sie von Neuem losprusteten. Schließlich standen sie auf und versuchten, sich den Schmutz abzuklopfen.
Der Junge brachte seine Vespa hinter dem verlassenen Farmhaus zum Stehen. Um ihn her herrschte völlige Stille, und er blickte hinauf in den tiefblauen Himmel mit den wenigen hohen Schleierwolken. Es war schwül, was ihm auf der Fahrt hierher nicht aufgefallen war.
Erst jetzt, als er reglos dastand, spürte er die feuchte Luft auf seiner Haut.
Wo war Jackie? Sie musste ihn doch gehört haben, warum kam sie nicht angelaufen? Stirnrunzelnd ging er um das alte Gebäude herum und rief ihren Namen. Niemand antwortete.
Dann entdeckte er sie. Sie saß bewegungslos auf den Stufen zur Haustür, hatte die langen Beine übereinandergeschlagen und sah ihn nicht an.
„Jackie, was ist los?“
Als er neben ihr Platz nahm, zog sie rasch die Knie an. Das lange dunkle Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, und sie wirkte ungewöhnlich ernst.
„Ich bin überrascht, dass du dich losreißen konntest“, sagte sie ruhig und beherrscht und hob den Blick. „Ich dachte, du wärst immer noch auf der Piazza und würdest es genießen, dass Francesca Gambardi dir schöne Augen macht.“
Romano wandte sich ab. Er war es langsam leid. Seit einigen Wochen verhielt Jackie sich ausgesprochen seltsam.
Nein, das stimmte nicht ganz, die meiste Zeit verhielt sie sich glücklicherweise völlig normal, wie er sich sogleich eingestand. Nur ab und zu zog sie sich zurück, wurde launisch und machte so haarsträubende Bemerkungen wie jetzt. Und das konnte er sich nicht erklären.
„Wir haben uns doch nur kurz ausgetauscht“, widersprach er und seufzte.
Sie schnaufte verächtlich. „Du scheinst dich neuerdings mit Francesca ständig zu unterhalten.“
„Es ist doch harmlos, mit einer Bekannten zu reden. Außerdem war ich nur auf der Piazza, weil ich dich bitten wollte, mich hier zu treffen. Das hat ja auch geklappt. Wo ist das Problem?“ Als sie die Augen verdrehte, fügte er ungeduldig hinzu: „Was soll ich deiner Meinung nach denn sonst noch machen?“
„Sag ihr, dass du kein Interesse hast“, erwiderte sie.
„Das habe ich ihr doch schon zu verstehen gegeben. Sie will jedoch unbedingt wissen, warum nicht. Ich kann ihr wohl kaum verraten, dass wir beide zusammen sind. Innerhalb kürzester Zeit würden es mein Vater und deine Mutter mitbekommen, und wir könnten uns nicht mehr sehen. Solange wir unsere Eltern nicht überzeugen können, uns ernst zu nehmen, muss ich Francesca gegenüber so tun, als würde ich ihr zuhören“, entgegnete er.
„Wie schön für dich! Du hast dir die perfekte Ausrede zurechtgelegt, um nach Belieben mit allen möglichen Mädchen zu flirten und zugleich mit mir zusammen zu sein.“
„Das stimmt nicht“, protestierte er leicht gereizt.
Wie konnte sie glauben, er würde sich für Francesca oder andere Mädchen interessieren, wenn er jede freie Minute mit ihr verbrachte, Zukunftspläne schmiedete und ihr alle möglichen Versprechen ins Ohr flüsterte? Traute sie ihm so viel Hinterhältigkeit wirklich zu?
Jackies Schweigen und ihre zusammengepressten Lippen sagten ihm alles. Er stand auf und ging einige Schritte weiter weg, um nachzudenken.
„Dein Verhalten ist absolut unlogisch“, stellte er schließlich fest.
Jackie sprang auf. „Es ist genauso logisch wie das der anderen Mädchen.“ Sie stemmte die Hände in die Hüften und sah ihn ärgerlich an.
Statt weiter mit ihr zu streiten, hätte er sie am liebsten leidenschaftlich geküsst, bis sie überzeugt war, dass er nur sie begehrte und keine andere.
Doch ehe er den Gedanken in die Tat umsetzen konnte, lief sie auf ihn zu und bohrte ihm den ausgestreckten Zeigefinger in die Brust. „Auf deine sogenannte Logik kann ich verzichten. Ich habe doch Augen im Kopf. Du magst Francesca, gib es zu.“
Romano schob die Hände in die Taschen, eilte die Stufen hoch und betrat das alte Haus in der Hoffnung, sich in dem kühlen Gemäuer zu beruhigen.
Die meisten Menschen hielten ihn für einen verwöhnten und verzogenen Sohn aus reichem Elternhaus, der keine Grenzen kannte, niemanden respektierte und das Geld seines Vaters mit vollen Händen ausgab. Er hatte jedoch geglaubt, Jackie sei die Einzige, die ihn besser kannte und ihn nicht für oberflächlich hielt. Dass sie ihm jetzt solche Vorwürfe machte, verletzte ihn sehr.
Ehe er sie kennengelernt hatte, wären ihre Anschuldigungen sogar berechtigt gewesen. Doch dank der Beziehung mit ihr
Weitere Kostenlose Bücher