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Das Geheimnis der Jadefigur (German Edition)

Das Geheimnis der Jadefigur (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jadefigur (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christel Mouchard
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legte sie auf einen Stapel. Sie trennte die Bilder mit einem Stück Transparentpapier voneinander und legte zuletzt ein Gewicht auf den Stapel, das zu diesem Zweck auf der Arbeitsplatte stand.
    Tam war von Ninas professionellen Handbewegungen beeindruckt.
    »Kennst du dich mit dem Fotografieren aus?«, fragte sie.
    »Natürlich kann ich das. Ich lebe seit meiner frühesten Kindheit mit dem Fotografieren.«
    »Das glaube ich dir nicht. Es ist ein komplizierter Beruf.«
    »Du glaubst mir nicht?«, entgegnete Nina herausfordernd. »Du wirst schon sehen.«
    Sie zeigte auf eine noch nicht bearbeitete Platte, die an der Entwicklungsschale lehnte, und machte sich an die Arbeit.
    Nina nahm ein noch unbenutztes Blatt Kopierpapier und legte die Platte und das Papier in die Druckpresse. Dann verteilte sie die Schalen und Gläser.
    »Ich brauche Wasser.«
    »In dem Krug im Badezimmer ist welches. Warte, ich hole es.«
    Als Tam zurückkam, hatte Nina die Vorbereitungen abgeschlossen und vermischte den Inhalt verschiedener Gläser miteinander. Sie fühlte, wie sie wieder auflebte. Sie hatte die ihr vertrauten Handbewegungen wiedergefunden, auf die sie in dem Jahr bei ihrer Tante hatte verzichten müssen.
    Von Zeit zu Zeit hob Nina die Klappen der Presse an, um die Entwicklung des Abzugs zu beobachten, während das Licht das negative Bild von der Platte auf das Papier übertrug.
    »Jetzt muss man abwarten.«
    Die Minuten vergingen.
    »Schau!«
    Erste braune Spuren erschienen auf dem Papier.
    »Das Papier wird lebendig!«, rief Tam begeistert aus. Sie zeigte auf die Linien und Formen, die vor ihren Augen Gestalt annahmen.
    »Wenn man bedenkt, dass das Chemie ist! Ist das nicht einzigartig?«
    Dann zeigte sie auf die Etiketten, die auf den Fläschchen mit Glaskorken klebten, die nebeneinander in den Regalen standen.
Alkohol, Silber, Kollodium, Schwefelhydroxid
.
    »Chemiker zu sein, bedeutet, Zauberer zu sein«, schwärmte Tam. »Es ist nicht nur Chemie, Mademoiselle Besserwisserin. Man muss die Fotos mit sehr viel Fingerspitzengefühl behandeln, ihnen die richtige Tiefe geben, das richtige Relief. Und man muss wissen, wie man sie anfasst.«
    »Und du kannst das?«
    »Ja. Aber ich bin mir nicht sicher, genauso viel Talent zu haben wie meine Eltern. Sie hatten eine besondere Begabung für Porträts. Siehst du?«
    Nina zeigte auf das Foto der Frau mit dem Kind, das oben auf dem Stapel lag.
    »Um dieses Lächeln hinzubekommen, das die Zärtlichkeit einer Mutter für ihren kleinen Jungen ausdrückt, und das trotz der langen Belichtungszeit – dafür muss man ein Künstler sein.«
    »Du hast recht. Ich habe die Mutter des Kaisers nie so natürlich gesehen.«
    »Die Mutter des Kaisers?«
    »Ja. Die Königin Phuong. Ich bin ihr einmal begegnet. Ich habe die Töchter des Generalgouverneurs begleitet. Sie waren zusammen mit ihrer Mutter zu Phuongs Geburtstag eingeladen, und sie brauchten mich, um einen Vogelkäfig zu tragen, den sie der Königin schenken wollten.«
    »Du warst die Vogelträgerin?«
    Tam zuckte mit den Schultern.
    »Ich hätte gerne darauf verzichtet«, erwiderte Tam. »Die Wellensittiche waren genauso dumm und hübsch wie die zwei Mädchen. Aber immerhin konnte ich den Kaiser und seine Mutter sehen.«
    Nina lenkte ihre Aufmerksamkeit auf den Stapel Fotos, den sie beiseitegelegt hatte, hob eins nach dem anderen hoch und zog das heraus, auf dem derselbe Junge auf dem Thron sitzend zu sehen war. »Dann ist euer Kaiser dieser kleine Hampelmann, der in seinem goldenen Anzug wie erstarrt ist.«
    Tam sah plötzlich schockiert aus.
    »So redet man nicht vom Kaiser! Ja, das ist der Kaiser Duy Tân, und seine Mutter ist die Königin Phuong.«
    »Ist er denn in der Lage, einen Staat zu regieren, dieser Knirps?« Tam wurde wütend.
    »Das ist nicht lustig, Nina, es handelt sich um ernste Dinge. Um Politik. Um auf deine Frage zu antworten: Nein, Duy Tan regiert nicht. Die Franzosen regieren an seiner Stelle. Du weißt doch, dass unser Land nicht mehr unabhängig ist: Die Franzosen haben es erobert.«
    »Entschuldigung. Ich hatte so nie darüber gedacht. Ich werde mich nicht mehr darüber lustig machen, versprochen. Vor allem, da diese Dame so sanft aussieht, und ein wenig traurig, nicht wahr?«
    »Ja, sie wollte nicht, dass ihr Sohn Kaiser wird. Sie wollte nicht, dass er den Franzosen untersteht, aber …«
    Tam unterbrach sich und drehte sich unbewusst um, als könnte hinter ihr ein Spion stehen, der sie heimlich belauschte.
    »Du wirst

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