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Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Titel: Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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Herrschaften: Niemand ist gezwungen worden.«

 
    Die Pyramide
     
    Nach diesem unvorhergesehenen Halt fuhren sie schneller als zuvor.
    Jetzt, da das Ziel der Expedition sich geändert hatte, setzte sich wieder der Gesetzeshüter an die Spitze der Karawane. Odinzow peitschte sein Pferd gnadenlos, unter den Hufen hervor spritzten Sternchen gefrorenen Schnees, von den bereiften Flanken wölkte Dampf.
    Das nächste Dorf, das man vor dem Unheilprediger erreichen musste, hieß Masilowo 1 , darin lebten
Kleckser
, also Künstler, aber nicht Ikonenmaler, sondern leichte, fröhliche Leute – Holzschneider. Fast in jeder nordrussischen Bauernkate, nicht nur bei den Altgläubigen, hingen ihre Holzschnitte: einfach gedruckte Bilderchen geistlichen und weltlichen Inhalts. Hausierer brachten alle diese Darstellungen wie »Alexej der Gottesmann« 2 , »Bowa der Königssohn« 3 und »Finist der lichte Falke« in die Dörfer und auf die Jahrmärkte und boten sie für fünf oder zehn Kopeken feil. Es war ein bescheidenes Gewerbe, doch, in großem Umfang betrieben, durchaus einträglich.
    Sie trafen vor Sonnenuntergang ein.
    »Da ist es, dieses Masilowo.« Odinzow zeigte auf das dichtgedrängte Häuflein Katen, die, anders als in den ersten beiden Dörfern, klein und anheimelnd waren und lustige bunte Fensterläden hatten. »Gebe Gott, dass wir nicht zu spät kommen.«
    Er stand auf, stieß einen aufmunternden Schrei aus, worauf der ermüdete Falbe den zottigen Kopf schüttelte und in raschen Trab fiel.
     
    Am Dorfeingang waren ein paar junge Frauen und Mädchen mitgrellbunten Kopftüchern mit etwas Seltsamem beschäftigt – sie sammelten Schnee in Töpfe.
    »W-Wozu tun sie das?«, fragte Fandorin verwundert.
    »Bei uns glaubt man, dass frisch gefallener Schnee gegen vierzig Krankheiten hilft«, erklärte Odinzow kurz, dabei reckte er den Hals und spähte ins Dorf. »He, Weiberchen, ist Lawrenti der Gottesnarr hier bei euch?«
    Die Dörflerinnen starrten die Fremdlinge an. Eine etwas Ältere antwortete gemessen: »Am Morgen war er hier. Hat was gegessen, in den Häusern Almosen gesammelt und ist dann weiter.«
    Der Polizist und Fandorin riefen zeitgleich: »Wohin?«
    »Sind alle am L-Leben?«
    »Gottlob ja«, sagte die junge Frau verwundert zu Fandorin, dann zu dem Polizisten: »Wohin schon, in den Wald!«
    »Halten Sie mal!« Odinzow warf den Zügel seinem Begleiter zu. »Welchen Weg hat er genommen, hast du das gesehen? Hej, wer hat das gesehen? Zeigt mal.«
    Da kam Jewpatjew angefahren.
    »Christus behüte euch, ihr Schönen! Alles in Ordnung bei euch? Ich bin Jewpatjew.«
    Sie verneigten sich tief vor ihm.
    »Das wissen wir, Väterchen. Dem Herrn sei Dank, alles in Ordnung.«
    »Bringt mich zum Starosta. Und ruft die Leute zusammen! Ich will sprechen.«
    Eines der Mädchen nahm den Wachtmeister beiseite und erzählte ihm was im Gehen. Fandorin winkte Masa, sich bereitzuhalten, und ging hinterher. Die Übrigen begaben sich ins Dorf.
    »Richtung Wilder Quell?«, fragte Odinzow das Mädchen. »Ist das nach Bogomilowo hin?« Er drehte sich zu Fandorin um.
    »Vor einer Stunde erst ist er los. Den hol ich ein! Er kann nicht entwischen.«
    »Ich komm mit.«
    Odinzow ging zurück zum Schlitten, zog die an einer Kufe befestigten Skier heraus.
    »Können Sie über Schnee laufen?«
    »Ja, mit Stöcken nicht mal schlecht.«
    »Wir benutzen keine Stöcke. Und auch die Skier sind anders, da braucht es Übung.« Der Polizist schnallte geschwind zwei kurze breite Bretter, mit Fell umnäht, an die Füße. »Bald ist Nacht, und wenn Sie zurückbleiben, sind Sie verloren. Lassen Sie man, Erast Petrowitsch, diesen Kerl schaff ich schon.«
    Er stopfte eine aufgewickelte Leine in den Reisesack und warf den Karabiner über die Schulter.
    »Na g-gut, Sie holen ihn ein, und dann?«
    »Ich binde ihn, leg ihn auf einen verzweigten Tannenast und zieh ihn hinter mir her«, rief Odinzow und war schon unterwegs. »Ach, wenn bloß noch ein Stündchen Licht wär.«
    Die kräftige Gestalt, mit einem Riemen umgürtet, entfernte sich rasch, die Arme militärisch straff schwingend, querüberfeld zum Wald, unter den Skiern hervor flogen weiße Klumpen.
    Schon nach ein paar Minuten war der wackere Wachtmeister im dichten Tann verschwunden.
    Das rotwangige Mädchen stand neben Fandorin und sah ihn seltsam an – mitleidig, vielleicht auch erschrocken. Er, der gewohnt war, dass Vertreterinnen des schönen Geschlechts bei seinem Anblick ganz anders reagierten, war

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