Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Titel: Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
Vom Netzwerk:
bei allen vorbei, es ist mir eine große Ehre«, erklärte sie laut. Und setzte plötzlich hinzu: »Doch sagt mir, wohin ist der Gottesnarr Lawrenti von hier gegangen? Ich habe ihn in Denisjewo gesehen. Ein Mann von großer Kraft.«
    Gleich mehrere Stimmen antworteten ihr bereitwillig: »Stromauf ist er gegangen.«
    »Zum Grünen See.«
    Die Expeditionsteilnehmer wechselten vielsagende Blicke.
    »Wir übernachten, dann geht’s weiter«, sagte Jewpatjew. »Die Pferde müssen sich ausruhen. Auch uns wird Ruhe gut tun. Essen wir zu Abend, meine Herren, einen kalten Imbiss, denn bewirten wird uns hier niemand.«
     
    Zur Nacht blieben sie im Bücherhaus, woandershin bat man sie nicht. Vater Vikenti ging durch die Häuser, Spenden sammeln. Kehrte zurück, trällerte ein Liedchen.
    Kryshow und Kochanowski machten auch einen Rundgang, in der Hoffnung, die Großväter einzeln anzutreffen. Um sie besser zu verlocken, trugen sie ganze vier Aktentaschen bei sich. Doch die brachten sie bei der Rückkehr wieder mit. Ganz zuletzt kam, geführt von Polkaschka, Kirilla ins Haus. Bewirtet war sie worden, doch zur Nacht hatte sie nirgends bleiben dürfen – das sei Sünde. Die Pilgerin und ihre Führerin nächtigten getrennt von den Männern in der Diele.
    Alle legten sich schon in der neunten Stunde schlafen. Und wurden früh wach – halb fünf, für die Winterzeit noch mitten in der Nacht.
    Jewpatjews Kutscher hantierte bereits klirrend mit dem Samowar.
    Ein schwieriger Tag stand bevor, deshalb hatte man es eilig.
    Am Grünen See, aus dem der Fluss Wyga entsprang, lagen vier Altgläubigendörfer. Schwer zu sagen, in welches Lawrenti sich gewendet hatte. Wahrscheinlich würden sie in allen vier suchen müssen.
    Nach einem kargen Frühstück brach man auf.
     
    Die Umkehr
     
    Die fünf Fahrzeuge verließen das lautlose, wie ausgestorbene Bogomilowo geräuschvoll – mit Gewieher, Geklirr und Glöckchenklang. Der Fluss nahm die Schlitten in sein weiches weißes Bett auf und zwängte sie zwischen seine bewaldeten Ufer, was die Laute sogleich dämpfte. Die Fahrt über den frischgefallenen Schnee ging nicht schnell, doch der erfahrene Steuermann Kryshow wusste selbst im Dunklen, wo die Harschkruste härter war; sein Pferd trappelte flink mit den in Ledersäckchen gebundenen Hufen, fast ohne einzusinken, und die anderen hatten es in der gebahnten Spur leichter.
    Der Schlitten von Wachtmeister Odinzow fuhr als Letzter, hatte somit die beste Position, sonst hätte das Pferd nicht die drei Männer ziehen können (den Japaner hatte Fandorin diesmal bei sich behalten).
    Den Schlitten lenkte Fandorin, das hatte er sich ausbedungen. Wer als Letzter fährt, hat es am leichtesten, er muss nur zusehen, dass er nicht zurückbleibt.
    Vor ihm tanzte die Laterne, die hinten an Jewpatjews Equipage hing – selbst wenn ein Schneesturm käme, würde man sich nicht aus den Augen verlieren.
    Gleichwohl blieb der letzte Schlitten immer weiter zurück.
    Odinzow, der mit Masa lebhaft über weibliche Schönheit plauderte (ihr Geschmack stimmte weitgehend überein), bemerkte es nicht gleich. Als er dann doch nach vorn schaute und das wegweisende Laternchen im Dunklen kaum noch sehen konnte, rügte er den nachlässigen Kutscher: »Erast Petrowitsch, warum so langsam? Legen Sie zu. Geben Sie ihm die Peitsche, die Peitsche.«
    »Warum ein lebendes Wesen sch-schlagen?« antwortete Fandorin ungerührt und zog, statt das Tier zu peitschen, die Zügel straff, worauf der Schlitten stehenblieb.
    Dann sagte er noch etwas auf japanisch. Masa holte die Reisetasche hervor und kramte darin.
    Der Polizist war gespannt, den Grund dieses Halts zu erfahren. Seine Verwunderung wuchs noch mehr, als der Diener seinem Herrn eine Zigarre nebst Streichhölzern reichte.
    »Was machen Sie denn?«
    »Uff, wie hab ich’s satt, A-Altgläubiger zu sein.« Fandorin entzündete die Zigarre und blies mit Genuss ein Rauchwölkchen aus.
    »Die sehen doch nicht, dass wir zurückbleiben!« Odinzow wollte ihn zur Vernunft bringen.
    »Erst wenn sie rasten«, pflichtete Fandorin ihm bei. »Aber das dauert noch. Suchen werden sie uns nicht – ich habe Jewpatjew einen Z-Zettel an den Schlitten geheftet.«
    Der Wachtmeister klapperte mit den Augen.
    »Was für einen Zettel?«
    »Dass wir nach Bogomilowo zurückfahren. Ich rauche nur noch zu Ende, dann kehren wir um.«
    Da verlor Odinzow die Redegabe. Er starrte den gelassenen Raucher an.
    »Und … die Leute retten?«, stammelte er

Weitere Kostenlose Bücher