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Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Titel: Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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Skiern, um sogleich die Verfolgung aufzunehmen.
    »Worauf warten Sie, Erast Petrowitsch? Holen Sie Skier aus einem der Häuser! Wir müssen uns beeilen.«
    »Sie sind nicht ins D-Dorf«, sagte Fandorin nach einem schnellen Blick in die Runde. »Masa, suche eine Grube oder einen Keller! Chika-o sagase!«
    »Wieso Keller?« Odinzow schlug die Hände zusammen, er zitterte vor Ungeduld. »Wozu brauchen die Schreiber einen Keller? Ihnen wird doch alles aus dem Dorf gebracht! Na, dann geh ich allein!«
    Und glitt von der Vortreppe.
    Einen Keller gab es tatsächlich nicht – weder in diesem Haus noch in den übrigen. In den Höfen fanden sich keine Anzeichen für eine Mine, keine ausgeworfene Erde, keine Höhlung.
    Fandorin und der Japaner waren eben mit der Untersuchung der Kirche fertig, da kam Odinzow zurück, außer Atem, bis an die Knie im Schnee.
    »Bist ja schnell wieder da. Was gibt’s?«, Fandorin drehte sich nach ihm um, indes er den Fußboden unter dem Analogion abklopfte. Es klang dumpf, hoffnungslos.
    Der Polizist sah ihn finster an.
    »Ich bin vielleicht ein bisschen dumm, aber kein Idiot. Wie ich übers Feld laufe, sehe ich plötzlich: keine Spuren. Sie sind nicht ins Dorf gegangen. Sie hatten recht, Erast Petrowitsch. Irgendwo hier haben sie sich eingegraben, die sturen alten Zausel.«
    »Und ich hatte gehofft, du hättest recht.« Fandorin wischte sich die glühende Stirn. »Ich hatte nach Spuren im Schnee gekuckt. Auf der Straße ist ja alles zerwühlt und zertrampelt. Aber sonst nirgends, da ist nur die Spur von uns dreien vom Fluss herauf …«
    Masa stieg auf den kleinen Glockenturm, obwohl die Todessüchtigen dort nicht sein konnten.
    »Zum Himmel werden sie ja nicht aufgefahren sein?« Odinzow breitete die Arme aus. »Oder im Erdboden versunken?«
    »Das ganz bestimmt. Nur wo? Wir haben doch alles abgesucht. Höchstens … Ach, verd-dammt!«
    Wieder, ohne etwas zu erklären, rannte Fandorin die Dorfstraße entlang, gefolgt von Odinzow und Masa, der von der Leiter des Glockenturms gesprungen war.
    »Was wollen Sie da?«, schrie Odinzow, als er Fandorin zum Bücherhaus laufen sah. »Dort haben wir doch gesessen.«
    Fandorin hörte nicht, er stürmte in die Stube, drehte den Kopf nach allen Seiten und lief plötzlich zu der Wand, die dem Fluss zugekehrt war, hockte sich hin – und da, unter der Bank, kaum erkennbar im Halbdunkel, war eine kleine Tür im Fußboden.
    Er riss sie auf – wacklige Treppenstufen führten hinunter.
    »Masa, die Lampe!«
    Nacheinander stiegen sie hinab ins Dunkle. Es roch nach Staub und Weihrauch.
    Von oben kam Masa wie ein Gummiball gesprungen; seine Hand bewegte den Dynamo der amerikanischen Taschenlampe.
    Der Lichtfleck huschte über den Erdboden und die Balkenwände und entriss der Dunkelheit das strenge Antlitz einer grob gezeichneten Ikone, dann einer zweiten, einer dritten.
    »Eine geheime Betstube«, sagte Odinzow. »Bei uns im Dorf war auch so eine, unter der Korndarre. Damit man einen Ort hatte zum Beten, wenn die aus der Stadt kamen, um die Kirche abzureißen …«
    »Die Alten hatten längst alles entschieden!«, unterbrach ihn Fandorin. »Unsere Ankunft hat sie nur aufgehalten, wenn auch nicht für lange. Kaum waren wir weg, da sind sie hier runtergestiegen. Und ich Idiot hab noch die Z-Zigarre geraucht. Dann hab ich noch den Sonnenaufgang betrachtet, und sie waren derweil unter uns und warteten auf den Tod …«
    »Warte mal, Erast Petrowitsch!« Odinzow war in der Erregung zum Du übergegangen. »Sie sind doch gar nicht hier! Und dann, als wir ankamen, haben sie oben gesessen und still und friedlich ihre gewöhnliche Arbeit getan.«
    »Hast du denn gesehen, w-was sie schrieben? Vielleicht gerade das von der ›Verleugnung des Vaterlands‹! Kaum waren wir weg, haben sie sich ins Grab gelegt …«
    »Herr!«, rief Masa und leuchtete mit der Laterne nach unten zur Wand.
    In die Balken war eine Luke aus Brettern geschnitten. Alle Ritzen waren mit Moos kalfatert.
    »Da ist sie, die Mine«, sagte Fandorin mit vor Erregung ersterbender Stimme.
     
    Ein schwerer Tod
     
    Die Luke war von innen verriegelt, aber ein Ruck von sechs kräftigen Händen riss das Türchen mitsamt den Angeln heraus.
    Ihnen entgegen schlug eine stickige Welle verbrauchter Luft, genauer,
es gab gar keine Luft.
    Ein paar Erdstufen führten seitlich hinunter, denn die Mine war nicht unterm Haus gegraben, sondern ein wenig zur Seite.
    Tief gebückt stieg Fandorin als Erster hinab.
    Noch eine

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