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Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Titel: Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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Blick.
    »Kennst du die ›Handschrift von den alten Vätern‹?«, fragte er in dünnem Tenor.
    »Ja, Väterchen.«
    »Nein, sie soll lieber aus dem ›Goldstrom‹ erzählen!«, schlug der Dritte vor, ein kleiner Greis mit schiefer Schulter.
    »Viel tschu leicht! Den ›Goldstrom‹ kennt doch jeder!«, warf der Vierte ein, der keine Zähne mehr hatte.
    Kirilla hatte anscheinend den einzig möglichen Weg gefunden, die Bücherwürmer zu beleben.
    Der Spitznasige kniff pfiffig ein Auge ein.
    »Du prahlst, dass du alle Heiligenviten auswendig weißt? Auch die des Mönchs Jepifani?«
    »Die kenne ich auch, Väterchen.«
    »Nun, dann trag sie vor. Aber nicht von Anfang, sondern das dritte Heft. Wie Jepifani sich im Wald eine Klause baut und der Böse ihn mit Ameisen plagt. Warum sagst du nichts, erinnerst du dich nicht?« Der Examinator kicherte.
    Kirilla reckte die Schultern und begann mit gleichmäßiger, ausdrucksloser Stimme: »›Zuzeiten hat der Teufel mich versucht, indem er mir in die Zelle viel Gewürm schickte, Ameisen geheißen, und das Gewürm, die Ameisen, hat mich in meine geheimen Teile gebissen, was sehr bitter gewesen und geschmerzt hat bis zu Tränen …‹«
    Der Spitznasige erklomm überraschend flink die Bank, griff vom Regal ein in Leder gebundenes Buch und schlug es auf; die Greise steckten die Grauköpfe zusammen und lasen den Text mit. Da sie zustimmend nickten, musste Kirilla ihn wohl Wort für Wort genau wiedergegeben haben.
    »›Ich sündiger Mensch habe sie mit Kochwasser gebrüht. Sie haben mich in meine geheimen Teile gebissen, nicht in die Arme und nicht in die Beine, nur in die geheimen Teile. Da habe ich sie mit Händen und Füßen zerquetscht. Aber sie haben sich durch die Wand meiner Klause gegraben und sind zu mir in die Klause und haben mich in meine geheimen Teile gebissen. Da habe ich meine Zelle mit Erde beworfen und alles festgestampft, doch sie, ich weiß nicht wie, haben sich durch die Erde und die Wand der Zelle gegraben und mich in meine geheimen Teile gebissen. Und sich ein Nest gebaut unterm Ofen, und von da sind sie gekommen und haben mich in meine geheimen Teile gebissen …‹«
    Kochanowski hielt es nicht aus und prustete los – und presste die Hand vor den Mund. Der Wachtmeister griente. Jewpatjew beugte sich zu Fandorin und raunte begeistert: »Na? Alles auswendig!«
    »›Und ich hatte gar viel Mühe mit ihnen: Was ich auch machte, sie bissen mich in die geheimen Teile. Ich gedachte einen Beutel zu nähen für meine geheimen Teile, aber ich habe ihn nicht genäht, sondern nur gelitten. Dann gedachte ich, die Klause woanders zu bauen, denn sie ließen mich nicht essen, nicht Handarbeiten machen und nicht die frommen Regeln befolgen …‹« Kirilla zählte gewissenhaft die Plagen auf, die der heilige Mönch von den zudringlichen Ameisen auszustehen hatte. Die Alten saßen da und guckten geil.
    »
Danna,
›geheime Teile‹
wa are no koto des ka
?«, fragte Masa, der diesen Ausdruck noch nicht kannte.
    »Ja ja, störe jetzt nicht.«
    Fandorin beobachtete die Märchenerzählerin mit Interesse. Ihr leidenschaftsloses Gesicht zeigte nicht den Anflug eines Lächelns, in ihrer Intonation war kein Hauch von Ironie. Die geborene Schauspielerin! Wäre sie in einem anderen Milieu aufgewachsen, so wäre sie eine neue Sarah Bernhard oder Eleonora Duse geworden. Dazu dieses phänomenale Gedächtnis!
    Endlich hatte Jepifani den Ansturm der Insekten bewältigt. Dazu hatte er nichts weiter tun müssen als anständig zu beten.
    »›Und fortan hörten die Ameisen auf, in meine geheimen Teile zu beißen‹«, schloss Kirilla. »Soll ich auch noch das vierte Heft aufsagen, oder reicht es?«
    Die Buchmänner, alle vier, standen auf und verbeugten sich vor ihr – tief, die Köpfe bis auf die Tischplatte.
    »Eine Gottesgabe hast du, Mütterchen«, sagte der Älteste gerührt.
    »Einen heiligen Geist«, fügte der Schiefschultrige hinzu.
    Der Spitznasige wischte eine Träne weg und rief: »Mütterchen, bitte komm in mein Haus, essen, was Gott uns beschert.«
    Aber die Übrigen mochten nicht zurückstehen, baten Kirilla zu sich, stritten.
    Fandorin trat rasch zu der Pilgerin und bat sie leise: »Finden Sie heraus, wohin der Gottesnarr gegangen ist. Ihnen werden die Alten die Auskunft nicht verweigern.«
    Kirilla gab keine Antwort, nickte nicht einmal, als hätte sie es nicht gehört. Das wäre auch nicht erstaunlich gewesen bei dem Lärm der ehrenwerten Schreibkünstler.
    »Ich schaue

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