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Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Titel: Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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Absicht.
    »Bitte, verzeihen Sie!«, rief er aus und erhob sich. »Gleich erkläre ich Ihnen mein seltsames Verhalten … Mutter, das ist besagter Herr Fandorin, dessentwegen ich zum Gouverneur gefahren bin. Erast Petrowitsch – meine Mutter Lydia Filaretowna, meine Brüder Wladimir und Alexander.«
    Die Dame lächelte freundlich, die beiden Jünglinge sprangen auf, machten höflich einen Diener und setzten sich wieder.
    »Wenn ich bitten darf«, der Direktor wies auf den Sessel neben sich. »Ach, wenn Sie wüßten, wie sehr ich es bereue, nicht gleichauf den Rat des Fürsten gehört zu haben! Er sagte mir schon während der Beisetzung: ›Was hat Petersburg damit zu schaffen? Bitten Sie Fandorin, er klärt den Fall auf.‹ Aber ich wollte unbedingt, dass sich Wanjuchin damit befasst. Ach, wie wenig man in Russland auf Reputation vertrauen kann!«
    Fandorin ging um den langen Tisch, der offenbar für Dienstsitzungen bestimmt war, und nahm Platz. Der Direktor betrachtete den Beamten von nahem und runzelte besorgt die Stirn.
    »Sie sind aber sehr jung für Ihren Posten!«, bemerkte er unzufrieden (von weitem hatte Fandorin dank seiner weißen Schläfen älter ausgesehen, als er war).
    »Wie auch Sie f-für den Ihren«, antwortete trocken der Kollegienassessor, dem die Äußerung des Direktors missfiel. »Sie wollten mir etwas erklären?«
    Der Baron taxierte ihn. Offensichtlich ließ sich der Beamte nicht so leicht aus der Fassung bringen.
    »Nun denn«, sagte er, nachdem er wohl einen Entschluss gefasst hatte. »Probieren wir es. Der Fürst hat versprochen, dass Sie mir auf unbegrenzte Zeit zur Verfügung stehen …«
    Eine leichte Röte überzog Fandorins Wangen. Der Generalgouverneur hatte sich ihm gegenüber zwar taktvoller ausgedrückt, aber das änderte nichts am Wesen der Sache: Der Kollegienassessor wurde dem Millionär »zur Verfügung gestellt«.
    Die erste Unhöflichkeit, das erste Anzeichen von Hochmut, und ich steige aus, sagte sich der Beamte. Auch wenn die Familie von Mack hunderttausend für eine Kirche gestiftet und zwei Obdachlosenheime gegründet hat, muss sich ein Staatsdiener noch lange nicht zum Laufburschen eines Geldsacks machen lassen.
    Aber der Direktor war nicht hochmütig, nur sachlich und sehr beunruhigt.
    »Ich habe die Aufmerksamkeit nicht auf Ihre Person gelenkt, damit Sie die Möglichkeit hatten, den Untersuchungsführer in Ruhezu beobachten und sich ein Urteil über sein Vorgehen zu bilden. Es gibt noch einen Grund, aber davon später. Also, was denken Sie über den Wirklichen Staatsrat Wanjuchin?«
    Bei der Erwähnung von Wanjuchins Titel klang vielleicht etwas Ironie durch, aber das Gesicht des Barons blieb finster.
    Fandorin antwortete etwas unwillig: »Früher war Herr Wanjuchin sicherlich kein schlechter Ermittler, aber seine T-Talente sind Vergangenheit. Erstens. Er ist zu selbstbewusst, was das Blickfeld einengt. Zweitens. Er hat sich schon für eine Version entschieden und ist nicht gewillt, andere Versionen in Betracht zu ziehen. Drittens. Seine Version ist für Sie äußerst unangenehm. Viertens.«
    »Dass ich meinen Vater vergiftet hätte, im Hinblick auf das Erbe?« Der Baron wechselte einen Blick mit seinen Angehörigen und nickte. »Hm, ja … Wir brauchen dringend Ihre Hilfe, Fandorin.«
    »Um Sie von dem Verdacht zu befreien?«
    Der Baron verzog das Gesicht.
    »Nicht doch. Mich beunruhigt nicht Wanjuchins Verdacht, sondern der Umstand, dass die Ermittlung in die falsche Richtung geht. Letzten Endes wird er die Idee, die ihm so logisch erscheint, verwerfen, aber dann ist es zu spät.«
    »Ich verstehe nicht g-ganz. In welchem Sinn ›zu spät‹? Befürchten Sie, dass der wahre Schuldige der Strafe entgeht?«
    »Nein, wieder falsch!« Die Stimme des Barons klang ärgerlich. »Der Schuldige muss natürlich bestraft werden, das fordern Gesetz und Gesellschaft. Aber das Wichtigste ist etwas anderes!«
    »Was denn?«
    »Das Business«, sagte der Baron hart. »Schade, dass es in unserer Sprache dieses Wort nicht gibt. Mein Vater hat für das Business gelebt, und ich bin sein Sohn. Wir von Macks sind alle so.«
    Die jüngeren Brüder reckten auf die gleiche Weise die Kinnlade vor und zogen die Augenbrauen zusammen, die Witwe seufzte und bekreuzigte sich.
    Über die Maßen reich zu sein, ist eindeutig ungesund für Hirn und Herz, dachte Fandorin. Laut fragte er: »Wenn ich Sie recht verstehe, haben Sie eine andere Version des Vorgefallenen?«
    »Ja. Ich habe sie Wanjuchin

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