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Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Titel: Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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Dutzend Polizisten mit dem Kreispolizeichef an der Spitze und ein paar Freiwillige, das war die ganze Streitmacht, dazu noch drei benachbarte Gutsbesitzer unter derFührung von Anton Blinow, der als erfahrener Jäger zum Heerführer ernannt worden war, der gelehrte Folklorist Petrow (ohne Gewehr, dafür mit einem Kescher, als wolle er Schmetterlinge fangen), der Arzt Zarewokokschaiski und die beiden Pachrinsker Millionäre Papachin und Machmetschin – wahrscheinlich wollten sie sich in Erwartung künftiger Geschäfte den örtlichen Machthabern empfehlen. Der Tatar Machmetschin hatte ein halbes Dutzend dunkelhäutiger, schlitzäugiger Männer mitgebracht, die laut redeten und schallend lachten, als wollten sie zu verstehen geben, dass der christliche Aberglaube sie nichts anging. Papachin war allein gekommen, dafür gekleidet wie ein Engländer, der auf die Fuchsjagd geht: schwarzes Käppi, roter Redingote, in der Hand eine dünne Reitpeitsche (was übrigens nicht so dumm war).
    Von den Bauern war trotz versprochener Belohnung nur einer erschienen – ein dürrer Opa mit erdfarbenem Gesicht und einer zerrissenen Ohrenklappenmütze auf dem Kopf. Blinow drückte dem Freiwilligen die Hand und nannte ihn »Vertreter einer neuen bewussten Bauernschaft«, doch bei näherer Betrachtung erwies sich der Vertreter als nicht ganz nüchtern. Er war entsetzlich zerlumpt, trug aber feste Segeltuchhandschuhe und hatte seltsamerweise einen leeren Sack über der Schulter. Ab und zu nippte er aus einer Flasche, tänzelte auf der Stelle und trällerte irgendwelche monotonen Melodien. Der Folkloreforscher zückte seinen Notizblock und rückte dem Repräsentanten der mündlichen Folklore auf die Pelle, doch der Bauer sagte dem Gelehrten, wo er ihn könne.
    Außerdem tauchte noch Tulpows Bekannter auf, der Stumme, der die Skarpea im Teich gesucht hatte. Als er Tulpow sah, steckte er den Finger in den Mund, was heißen sollte: Gib mir Zucker. Obwohl er schwachsinnig war, hatte er doch begriffen, warum sich so viele Leute versammelt hatten. Er zischte wie eine Schlange, blökte, hüpfte hoch und bekundete auf jegliche Art seine Zustimmung zu dem Unternehmen. Ihn davonzujagen war unmöglich.
    Für die Kette kamen nur sechsunddreißig Leute zusammen, was für ein gründliches Durchkämmen natürlich nicht ausreichte. Das Moor war fast acht Werst lang und anderthalb Werst breit.
    Alle Hoffnung ruhte auf der Erfahrung Blinows. Der runzelte die Stirn und teilte die Jäger nach seinem Gutdünken ein. Dem Gouvernementsekretär als dem Abgesandten offizieller Instanzen wies er den Platz an seiner Rechten zu. Dann folgte, auf Tulpows Forderung, der einzige Bauer (man musste den Trunkenbold im Auge behalten, damit er, Gott behüte, nicht ertrank) und nach ihm der Schwachsinnige, für den sich Tulpow auch verantwortlich fühlte.
    »Da wir nicht genug Leute haben, werden wir nicht den ganzen Sumpf durchkämmen«, erklärte Blinow. »In der Mitte ist eine kleine Insel, wo ich kaum hinkomme, weil es nicht lohnt. Die werden wir uns jetzt mal vornehmen. Halten Sie nicht mehr als sieben, acht Schritte voneinander Abstand. Vorwärts, meine Herren! Und keine Angst! Wenn jemand einsinkt, ziehen die anderen ihn heraus.«
    Und er schritt als Erster in die trübe grüne Brühe.
    Zur Insel gingen sie Spur in Spur. Tulpow sah sich immer wieder nach dem alten Bauern um – der schwankte zwar, fiel aber nicht hin. Und der Trottel, der schien sich im Moor pudelwohl zu fühlen. Dafür war Tulpow selbst nicht auf der Höhe: Als er ein schwarzes Köpfchen mit gelben Punkten aus dem Wasser ragen sah, sprang er zur Seite und versank bis zum Hals. Blinow packte ihn sofort am Kragen und stellte ihn wieder auf den Pfad, trotzdem hatte Tulpow schon schleimiges Wasser mit Froschlaich geschluckt. Davon wurde er melancholisch und bekam ein nervöses Zittern in den Knien. Wenn ihn schon eine harmlose Ringelnatter so erschreckte, was sollte dann erst werden, wenn sich hinter einer Bülte plötzlich ein Schlangenkopf von der Größe einer Melone hochreckte? Na, und die nassen Klamotten erheiterten ihn auchnicht gerade. In den hohen Sumpfstiefeln gluckerte jetzt gut ein Eimer Wasser.
    Irgendwie erreichten sie das Trockene und bildeten eine Kette.
    »Als ich im Frühling hier herumstöberte, habe ich hinter den Büschen dort Erdlöcher entdeckt«, sagte Blinow und zeigte in die Richtung. »Aber ich habe dem keine Bedeutung beigemessen, ich dachte, Wasserratten. Kommen Sie, Anissi

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