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Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Titel: Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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Pitirimowitsch, sehen wir nach.«
    Wirklich, hinter dem Gebüsch waren zwischen Wurzelwerk drei Erdlöcher zu sehen: zwei nebeneinander, eins etwas weiter weg.
    »Haben Sie Handschuhe?« fragte Blinow. »Nicht? Na, dann nehmen Sie meinen, ich behelfe mir mit dem linken.«
    Die übrigen Jäger gingen weiter, nur der alte Trunkenbold blieb stehen und nahm einen Schluck Selbstgebrannten, und der Trottel ging vor den Erdlöchern in die Hocke.
    Tulpow streifte Blinows Glaceehandschuh über, schob den Trottel beiseite und holte tief Luft. Ihm schauderte, in das schwarze Loch zu fassen. Selbst wenn darin nur eine Ratte steckte, die konnte auch kräftig zubeißen.
    Aber als Blinow, ohne nachzudenken, den Arm bis zur Schulter in die erste Höhle schob und darin herumsuchte, schämte sich Tulpow. Er biss sich auf die Lippe, hockte sich hin und steckte entschlossen die Hand in das Erdloch.
    »Schschschochch«, ertönte ein lautes pfeifendes Zischen, und bevor Tulpow reagieren konnte, durchfuhr ein brennender Schmerz seine Hand.
    Mit einem wilden Schrei fuhr er zurück, zog die Hand mit einem Ruck heraus und heulte vor Entsetzen auf, als er sah, dass an dem durchgebissenen Handschuh der gewaltige rhombische Kopf mit den ihm schon bekannten wütenden Äuglein festgewachsen war. Hinter dem Schädel erstreckte sich der geschmeidigeschwarz-gelbe Rumpf – so dick wie Tulpows Hals, vielleicht auch dicker.
    »Aah, Mama!«, schluchzte Tulpow schmachvoll und ruckte mit der Hand, um sie aus dem giftigen Rachen zu befreien.
    Die Skarpea öffnete die Kiefer und sauste mit unverhoffter Geschwindigkeit ins Dickicht.
    »Da ist sie, haltet sie!«, schrie Blinow und riss das Gewehr von der Schulter.
    Der Trottel vollführte unter Triumphgebrüll einen Katzensprung, packte den schwarz-gelben Schwanz und wurde sofort ins hohe rostbraune Gras geschleift. Der angetrunkene Bauer stürzte hinterher.
    »Helfen Sie mir«, flüsterte Tulpow und presste die brennende Hand an die Brust. »Tun Sie irgendwas, ich flehe Sie an!«
    Er zog den Handschuh aus und sah zwischen Daumen und Zeigefinger zwei schwarze Pünktchen, aus denen Blut tropfte. War das der Tod?
    Blinow bemühte sich um den sterbenden Tulpow.
    »Mein Gott, was für ein Unglück! Atmen Sie tief ein, durch den Mund! Hauptsache, der Brustkorb bleibt beweglich.«
    Zu spät. Tulpow fühlte, dass er nicht einatmen konnte. Er riss den Mund auf, aber in seine Lungen kam keine Luft. Das war sie – die Atemlähmung.
    Er zeigte auf den Säbel, der an Blinows Gürtel hing, und röchelte: »Hacken Sie … hacken Sie mir die Hand ab …«
    »Was fäll Ihnen ein!« Blinow wich entsetzt zurück. »Das bring ich nicht fertig!«
    Dabei fuchtelte er mit den Händen, der erbärmliche Mensch.
    Tulpow zog mit der linken Hand sein eigenes Messer hervor, setzte es an und begriff, dass er es auch nicht fertig brachte. Und wozu auch, wenn er ohnehin nicht mehr atmen konnte.
    Aus dem Dickicht kämpften sich die beiden Bauern, die aussahenwie an den Seiten zusammengewachsene siamesische Zwillinge. Der Alte hielt mit einer Hand die Skarpea hinter dem Kopf gepackt, der Trottel drückte ihren Schwanz an seine Brust, und der Schlangenleib wand sich um beide in lebendigen, pulsierenden Ringen.
    Der reinste Laokoon, dachte Tulpow entrückt; er rief sich in diesem Moment seine selige Mutter, die Schwester Sonja, Fandorin und Masa ins Gedächtnis. Lebt wohl, ihr alle, die ich lieb hatte. Leb wohl, blauer Himmel und grünes Laub.
    »Erledigt das Scheusal!«, rief Blinow. »Mit dem Messer, mit dem Messer!«
    Er bekam zur Antwort: »Wozu mit dem Messer … Wir bringen sie in den z-zoologischen Garten …«
    Das ist sie, die Geistestrübung vor dem Tod, dachte der röchelnde Tulpow – er meinte Fandorins Stimme gehört zu haben.
    Die Schlangenkämpfer stopften das sich verzweifelt wehrende Reptil in den Sack, doch das unwürdige Treiben berührte Tulpow nicht mehr.
    »Sie sind ein schlechter Mensch, B-Blinow. Bezeichnen Ihre Freundin als ›Scheusal‹ und wünschen ihr sogar den Tod.«
    »Chef, Sie?!« Tulpow atmete aus und starrte entgeistert auf den Dorftrottel, der vom Kampf mit der Schlange ganz rot im Gesicht war. War es denn möglich?
    Der Schwachkopf strahlte ihn mit seinen Zahnlücken an und blökte. Statt seiner antwortete der alte Trunkenbold: »D-Danke, Tulpow. Sie haben eine überaus schmeichelhafte Meinung von meinen Verwandlungskünsten.«
    Tulpow versuchte gar nicht erst zu begreifen, wieso sich der Alte plötzlich

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