Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Titel: Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
Vom Netzwerk:
Getränk, dann ritzte er in den Hals des Toten zwei winzige Löcher, um einen Schlangenbiss vorzutäuschen. Der Mediziner vom Amtsbezirk ist auf diesen Trick auch prompt hereingefallen. Da es nicht irgendeine, sondern eine Amur-Boa ist, fiel es mir nicht schwer, auf den Mörder zu kommen.«
    Fandorin blickte nicht mehr Tulpow an, sondern Blinow, der unbeweglich dastand und sich auf die bleichen Lippen biss.
    »Wer außer Ihnen, Blinow, konnte eine Amur-Boa hierherbringen? Sie sind voriges Jahr aus dem Fernen Osten zurückgekehrt. Tigerfelle haben Sie nicht erbeutet, sich aber statt dessen eine großartige lebendige Trophäe angeschafft. Ihre Absicht war harmlos und sogar löblich: die wildernden Bauern vom Faulen Moor fernzuhalten, damit sie nicht die seltenen Vögel ausrotteten und Sie nicht bei der Jagd störten. Ein scharfsinniger Plan, der vorzüglich funktionierte. Doch außer den abergläubischen Bauern sah auch Krascheninnikow Ihre Boa. Zumindest wusste er, dass die Skarpea keine Erfindung hysterischer Weiber war, aber dem Untersuchungsführer sagte er nichts davon. Offensichtlich fürchtete er,für verrückt gehalten zu werden. Übrigens, Tulpow, ich habe den Verwalter keinen Moment im Verdacht gehabt. Wissen Sie, warum nicht? Weil er am Teichufer vergiftetes Futter für die Schlange ausgelegt hat.«
    »Es war vergiftet, Chef?«, staunte Tulpow. »Wie sind Sie darauf gekommen?«
    Fandorin seufzte.
    »Und die Katze des K-Kontoristen Serjogin? Es liegt auf der Hand, dass ihr Kraschninnikows Bewirtung nicht bekommen ist. Nein, der Verwalter glaubte nicht an die Zauber-Skarpea, und damit er Ihnen nicht in die Quere kam, Blinow, beschlossen Sie, ihn ins Jenseits zu befördern. Das bot Ihnen obendrein die Möglichkeit, alles dem Verwalter in die Schuhe zu schieben, und das wäre Ihnen ja fast gelungen. Sie suchten ihn in seiner Hütte auf, boten ihm vergifteten Schnaps an und richteten den Tatort so her, wie Sie es brauchten. Sie steckten dem Toten eine Rohrflöte in die Tasche, schafften eine Schüssel mit Milch herbei, und für den Sack mit Mäusen und Fröschen hatte der Ärmste selbst gesorgt, das kam Ihnen sehr entgegen. Aber Sie vergaßen Ihre Flasche auf dem Tisch und mussten noch einmal zurückkommen, um sie zu holen. Das von Ihnen vorbereitete Stillleben mit Schlange erschreckte die beiden Augenzeugen so sehr, dass sie in O-Ohnmacht fielen, und Sie konnten das Beweisstück problemlos entfernen, doch Sie waren immer noch nervös. Das Mädchen beunruhigte Sie nicht allzu sehr – sie konnte nicht mehr zurück nach Baskakowka, aber Tulpow … Womöglich las er doch noch das Protokoll und wurde auf das Verschwinden der Flasche aufmerksam? Sie verfielen auf die Idee, den Zeugen auf raffinierte und für Sie ganz ungefährliche Weise loszuwerden. Sie führten Tulpow zu dem Erdloch, wo die von Ihnen gezähmte Schlange hauste, und nötigten ihn …«
    »Erlauben Sie, mein Herr!«, unterbrach Blinow den Ankläger. »Sie haben doch gerade selbst gesagt, dass die Schlange nicht giftigist. Folglich hat Ihr Assistent nichts riskiert, als er die Hand in die Höhle steckte, und ich bin nicht der Unmensch, als den Sie mich hinstellen!«
    »Am Beispiel der Frau Baskakowa konnten Sie sich überzeugen, dass Angst und Autosuggestion einen empfindsamen Menschen zuverlässiger töten als ein Messer. Tulpow zweifelte nicht an dem tödlich wirkenden Gift des Schlangenbisses, und er glaubte hoch und heilig an die A-Atemlähmung. Darum wäre er tatsächlich erstickt.«
    Tulpow drückte die Hand an die Brust und atmete tief ein. Mein Gott, was für ein Glück zu atmen, einfach zu atmen!
    Es gab noch einen glücklichen Menschen – den Schwachsinnigen. Er saß auf der Erde und streichelte liebevoll den pulsierenden und sich blähenden Bastsack. Nachdem das fernöstliche Reptil den einen Freund verloren hatte, war ihm ein neuer zugewachsen, der weitaus treuer war.
    »Chef, aber warum musste Frau Baskakowa sterben?«, fragte Tulpow, davon überzeugt, dass Fandorin wie immer recht hatte. »Was für einen Vorteil hatte er davon?«
    »Einen ganzen direkten. Als Vorsitzender der Semstwo-Verwaltung erfuhr Blinow vor allen anderen vom künftigen Bau der Eisenbahnstrecke und begriff, was für ein Filetstück Baskakowka werden würde. Dieser Herr befindet sich in einer verzweifelten Lage. In der Kanzlei des Gouverneurs habe ich erfahren, dass die Pachrinsker Verwaltung verdächtigt wird, beträchtliche öffentliche Gelder veruntreut zu haben,

Weitere Kostenlose Bücher