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Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen

Titel: Das Geheimnis der Jadekette - Fandorin ermittelt Kriminalerzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Akunin
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trägt Trauer.«
    »Ich weiß, Borowski hatte den Ruf eines Schürzenjägers. Vielleicht ein V-Verbrechen aus Leidenschaft? Eine Liebesgeschichte, ein verhängnisvolles Dreiecksverhältnis, ein Eifersuchtsdrama?«
    Der Oberpolizeimeister breitete nur die Arme aus.
    »Sehr gut möglich. Aber Borowski hatte einen erlesenen Geschmack, mit Soubretten und Halbweltdamen gab er sich nicht ab, akzeptierte nur Frauen der guten Gesellschaft. Und er war immer taktvoll, hat nie eine Dame kompromittiert. Ein wahrer Gentleman. Wie, frage ich Sie, soll die Polizei einen solchen Fall untersuchen? Meine Dershimordas 1 werden in solchen Kreisen höchstens in die Diele gelassen. Wir könnten natürlich über die Dienerschaft agieren, darauf verstehen sich unsere Ermittler. Aber das würde uns auch nicht weiterbringen. Wir würden nur Staub aufwirbeln. Verletzung der Privatsphäre hoch angesehener Familien, der gerechte Zorn der Damen und ihrer Gatten …« Schubert schüttelte sich. »Nein, danke ergebenst. Aber Sie sind in diesem Milieu zu Hause. Sie können taktisch vorgehen, ohne Aufsehen zu erregen. Ich bitte Sie dringlich, sich dieser Sache anzunehmen. Wirklich, Erast Petrowitsch, Ihnen wird es keine große Mühe machen, und mir fällt ein Stein vom Herzen.«
    Der Staatsrat mußte nicht lange überredet werden. Die Aufgabe sah unkompliziert, aber interessant aus.
     
    2
     
    Er begann natürlich mit der Befragung des Jägers, wozu er in den Kreis Swenigorod fahren mußte.
    Das Gespräch fand am Schauplatz der Tragödie statt, weil es anschaulicher war und kein Unbefugter zuhören konnte.
    Antip Sapryka, ein gesetzter Mann um die fünfzig, zeigte bedächtig: »Dort stand der junge Herr, der angetrunken war. Und der Lange, Schnurrbärtige ein Stückchen vor ihm. Als die Treiber Krach machten und die Auerhähne aufjagten, trat der Jüngere ein Schrittchen zurück, und da seh ich, er richtet die Doppelflinte direkt auf den Hinterkopf des Vordermanns. Der ahnt natürlich nichts, er reckt den Hals und wartet auf die Auerhähne. Wie ich gerade rufen will: ›Gnädiger Herr, das Gewehr höher!‹, kracht es schon. Aus, vorbei. Ich stehe starr. Ach, denk ich, so ein Unglück. Was hat er angerichtet, der Suffkopp, ihm gehorchen die Hände nicht mehr! Bloß, da seh ich, er ist gar nicht so betrunken. Er guckt nach allen Seiten, ganz wachsam. Mich sieht er nicht, ich steh ja hinter der Kiefer. Ringsum ein Geballer, alle feuern auf die Auerhähne, aber er, der Mörder, geht in die Hocke, dreht den Toten hin und her und fängt dann erst an zu schreien. Genau so war es, Euer Wohlgeboren. Ich sag’s wie bei der Beichte.«
    Es war zu sehen, dass er die Wahrheit sagte.
    Fandorin hatte nur eine Frage: »Warum haben Sie das nicht sofort der Polizei gemeldet, sondern einen Tag gewartet?«
    Der Jäger senkte den Kopf, räusperte sich.
    »Tja … schreckliche Sache. Unter feinen Herren. Da mischt man sich besser nicht ein. Er hatte ein Metford-Gewehr, das kostet seine tausend Rubel, trug Lackstiefel, eine Uhr mit goldner Kette. Wenn sich die Rechtsverdreher auf den Fall stürzen, marschiert man selber noch zur Zwangsarbeit … Ich hätte nicht ausgesagt, aber der Pope hat mich gedrängt. Ich bin hin zu ihm, zu VaterKonstantin, und hab in meiner Dummheit gebeichtet: Das und das ist passiert. Und er sagt: ›Lade dir keine Sünde auf die Seele, Antip. Fahr morgen früh in die Stadt, sagt er, und ich werde für dich beten.‹ Da bin ich eben gefahren … Durcheinandergebracht hat mich der Schwarzrock. Jetzt werd ich meines Lebens nicht mehr froh.«
    »Man darf nicht zulassen, dass ein Mord ungeahndet bleibt«, sagte Fandorin zerstreut, während er überlegte, wie er weiter vorgehen sollte.
    Jetzt konnte er vielleicht mit Kulebjakin plaudern.
     
    Im Hotelzimmer des reichen Erben war tatsächlich ein Springbrunnen. Eine Marmorblume mit nackter Nymphe stand mitten im Salon und erzeugte ein ständiges Plätschern, das Fandorin schon bald als aufdringlich empfand.
    Einen unangenehmen Eindruck machte auf ihn auch der Bewohner des Prunkgemachs, ein hübscher brünetter Mann um die dreißig mit vorzeitig gewelktem Gesicht.
    Afanassi Kulebjakin benahm sich gegenüber dem Vertreter der Macht ungezwungen, ja, dreist, zumal er von Saprykas Aussage noch nichts wusste.
    »Ja, tut mir leid. Ich bin auf ebenem Gelände gestolpert, da ist das Gewehr losgegangen. Ich hatte dem Cognac zu sehr zugesprochen. Vierzig Jahre alter Martell, schon mal probiert? Wie lodernde

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