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Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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lassen.
Fassungslos und mit widerwilliger Faszination beobachtete sie, wie
die Kriegerin einem ihrer Angreifer die Brust durchbohrte, den
nächsten mit einem Tritt in den Unterleib zu Fall brachte. Wenn
sie selbst derart hätte kämpfen können, wäre sie
kein so leichtes Opfer für Hukshen und seine Freunde gewesen.
Als nur noch einer der Kaiserlichen stand, wandte das Schicksal sich
plötzlich gegen die Kriegerin. Ein heftiger Hieb des letzten
Gegners schlug ihr das Schwert aus der Hand und ließ sie völlig
wehrlos zurück. Auf dem Gesicht des kaiserlichen Soldaten zeigte
sich bereits Triumph, als er nochmals die Waffe hob.
         Yazi
stieß einen Schrei aus und rannte los. Sie warf sich mit voller
Wucht gegen den Körper des Soldaten, der nicht mit ihrem
Eingreifen gerechnet hatte und ein paar Schritte rückwärts
taumelte. Kurz geschah nichts, dann legte eine eiserne Klammer sich
um ihren Hals und zwang sie in die Knie. Für eine Weile
vermochte Yazi nur zwei zornig funkelnde Augen zu sehen, während
sie nach Atem rang. Die Bewegungen der Kriegerin blieben ein Schatten
im Hintergrund. Plötzlich fühlte sie die Hand an ihrer
Kehle erlahmen und brach unter dem Gewicht des Soldaten zusammen. Als
sie ihn von sich schieben wollte, spürte sie warmes Blut auf
ihrer rechten Hand. Sie begriff selbst nicht, warum sie erst in
diesem Moment leise zu wimmern begann.
         »Schon
gut, der tut keinem mehr etwas zuleide«, erklang die
beruhigende Stimme der Kriegerin, als sie Yazi von dem Gewicht des
Männerkörpers befreite und ihr die Hand hinhielt, um ihr
auf die Beine zu helfen.
         Dann
unterzog sie die hilflos mit den Zähnen klappernde Yazi einer
gründlichen Musterung.
         »Ich
dachte, du wärest nur eine schwache, ängstliche Frau, aber
da hatte ich mich getäuscht«, meinte sie anerkennend. »Wer
so viel Mut hat wie du, der ist in unseren Reihen jederzeit
willkommen.«
         Yazi
war immer noch außerstande zu reden und hatte sich heftig
atmend gegen eine Wand gelehnt.
         »Man
nennt mich Pofu, die Geißel der Qing«, fuhr die Kriegerin
fort. »Einst kämpfte ich bei den Flusspiraten, aber als
das Heer des himmlischen Königs kam, schlossen wir uns an. Hong
Xuanjiao, die Schwester des himmlischen Königs, ist das
Oberhaupt der weiblichen Streitkräfte. Eine eindrucksvolle Frau,
Meisterin der Kampfkunst. Wir alle müssen uns einer strengen
Ordnung beugen, doch jeder Einsatz wird gerecht belohnt. Wir kämpfen
und leben Seite an Seite wie Brüder und Schwestern bis zum Tag,
da der große Frieden kommt.«
         »Ich
verstehe von alldem nichts«, meinte Yazi, in deren Kopf sich
der Sturm allmählich legte. »Ich möchte jetzt gern zu
meiner Tochter.«
         »Na
gut«, gab Pofu nach, während sie ihr Schwert aus dem
Rücken des Qing-Soldaten zog. »Wir werden jemanden anderen
nach dem Weg fragen und ihn diesmal zwingen, vor uns herzulaufen.
Aber vergiss mein Angebot nicht, denn bald schon wird man hier in der
Stadt neue Krieger anwerben. Ich bin Generalin und hätte dich
gern bei den neuen Rekrutinnen, die von mir ausgebildet werden.«
         Kurz
darauf konnte Yazi Chuntian endlich wieder in die Arme schließen.
Sie hörte, wie Quan Li Shao der Taiping-Generalin untertänigst
Tee anbot und dabei ganz beiläufig seine bescheidenen Künste
als Schneider erwähnte. Tatsächlich war Pofu von der
Farbenpracht seiner Stoffe sehr angetan und versprach, bald andere
Leute aus dem Taiping-Lager vorbeizuschicken, die für die
königliche Garderobe zuständig waren.
         Der
Schneider schien nun derart erfreut, Yazis Bekanntschaft gemacht zu
haben, dass eine Verlängerung ihres Aufenthalts in seinem Haus
sich als völlig unproblematisch erwies. Sie ließ Chuntian
mit den zwei kleinen Söhnen einer Dienstmagd spielen, während
sie selbst beim Zubereiten der Mahlzeiten mithalf. Es tat wohl, sich
nach fast drei Jahren des Nichtstuns wieder nützlich machen zu
können. Auf diese Weise vergingen drei weitere Tage. Yazi hatte
weiterhin vor, Nanjing zu verlassen, doch wollte sie warten, bis das
Morden ganz vorüber war.
         Eines
Vormittags, kurz vor Beginn der Stunde der Schlange, wurde Yazi
zusammen mit den anderen Dienstboten von einem aufgeregt
schnatternden Quan Li Shao aus dem Haus gejagt. Die Nachbarn hatten
sich bereits in Reih und Glied am Straßenrand aufgestellt.
Musik erklang, rückte immer näher, bis schließlich
die ersten Kolonnen der siegreichen Taiping-Armee

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