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Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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prügelte. Fünfhundert Stockschläge
überlebten nur wenige Verurteilte.
         Hong
Xiuquan stand plötzlich auf und hob die Hand, was in Yazi vage
Hoffnungen auf eine Begnadigung weckte. Tatsächlich wurden die
Rohre gesenkt. Generäle neigten ihre Köpfe, um Rangniederen
Befehle zuzuflüstern. Doch jene Weisung, die durch die Reihen
der versammelten Wachleute huschte, entsprach keineswegs Yazis
Erwartungen.
         Die
Tore zu den Hallen schließen! Sofort!
         Yazi
setzte sich mit allen Anderen in Bewegung, denn Gehorsam floss
inzwischen wie Blut durch ihre Adern. Die Anhänger des Ostkönigs
wurden eingeschlossen, bevor sie begriffen, wie ihnen geschah.
Schwere Riegel fielen vor die eisenbeschlagenen Tore. Eine Weile
blieb es totenstill, dann begannen die ersten Schreie, zornig
zunächst, doch allmählich schlich Angst in die Empörung
der Gefangenen.
         In
Yazis Kopf fügten Scherben sich zu einem Ganzen. Die
abgenommenen Waffen. Die zwei Hallen. Die geschlossenen Tore. Ihr
wurde kalt. Es war so geschickt durchdacht, so notwendig und
gleichzeitig so perfide.
         Sie
sah sich um und war erleichtert, die vier Lao Wai noch am äußeren
Palasttor zu entdecken. Sie waren nicht in die Seitenhallen gegangen
und würden deshalb jetzt nicht sterben.

6. Kapitel

    Yazi
würgte an ihrem eigenen Gestank von Schweiß, Schießpulver,
Blut und menschlichen Exkrementen. Sie lehnte sich an eine Hauswand
und spuckte gelbe Flüssigkeit aus ihrem leeren Magen, der wie
ein Feuerball brannte. Das Herbstwetter war ungewöhnlich warm.
Die Leichen auf den Straßen begannen bereits zu verwesen, doch
ließ dieser Anblick sie erschreckend kalt. In ihrem Kopf hallte
nur ein einziger Befehl wider und drohte ihren Schädel zu
sprengen: Töten! Sat!
         Die
Eingeschlossenen, Männer, Frauen und Kinder, waren zunächst
mit Schießpulver attackiert worden, bevor die Soldaten
eindrangen. Einige hatten verzweifelt Bänke zerschlagen und
Steine aus dem Gemäuer gerissen, um sich zur Wehr zu setzen. Der
Kampf dauerte Stunden. Manche brachen vor schierer Erschöpfung
zusammen, andere rissen sich die Kleider vom Leib und erhängten
sich an ihnen, damit sie keine mörderische Klinge in ihrem Leib
spüren mussten.
         Diesmal
war es Yazi nicht möglich gewesen, im Hintergrund zu bleiben.
Wer zögerte, geriet in Verdacht, mit den Anhängern des
toten Ostkönigs zu sympathisieren und wurde ebenso
niedergemetzelt. Sie hatte Pofus Blick wie eine Peitsche im Rücken
gespürt und gewusst, dass sie nicht versagen durfte. Nach einer
Weile war es so leicht gewesen, so selbstverständlich, wie im
Gedränge der Schlacht, da sie um sich geschlagen hatte, weil es
ansonsten kein Überleben gab. Sie hatte keine Zeit gehabt, ihren
Blick auf die Sterbenden zu richten, denn es gab noch so viele
Lebende, die aus dem Weg geräumt werden mussten. Das Rauschen in
ihren Ohren hatte alles Schreien übertönt. Zustechen,
ausweichen, erneut das Schwert heben. Sat.
         Schließlich
war das letzte Stöhnen verebbt, um die Stille des Todes
einkehren zu lassen. Yazi hatte in stumme, leere Gesichter geblickt,
von Toten und auch von Lebenden, die erst allmählich begriffen,
was geschehen war. Berge von Leichen türmten sich in den zwei
Hallen.
         Nun
durfte sie heimgehen und sich ausruhen. Pofu hatte ihr tröstend
auf die Schulter geklopft. Ihre Generalin war diesmal mit ihr
zufrieden.
         Yazi
zwang sich weiterzulaufen. Ihr ganzer Körper bestand nur noch
aus Schmerz, sie musste schlafen. Am nächsten Tag wäre
alles anders. Sie erreichte den Guan und eilte zu ihrem Zimmer. Sie
wollte Chuntians ernstes, kluges Gesicht vor sich sehen, damit die
Welt wieder vertraute Züge bekam. Doch kurz vor der Eingangstür
erstarrte sie. Welche Tochter wünschte sich eine Mutter, an
deren Händen das Blut anderer Kinder klebte?
         Yazi
schluchzte auf und schlug ihren Kopf gegen die Wand. Wie hatte sie
hoffen können, ihr Leben würde einfach weitergehen? Sie
vergrub ihr Gesicht in den Händen, um wie ein lebloses Bündel
vor der Tür zu kauern. Sie wusste nicht, wie lange sie dort
gesessen hatte, bis eine große, warme Hand sich plötzlich
auf ihre Schulter legte. Arme zogen sie in die Höhe. Sie sah
Andrews langes, weißes Gesicht über sich schweben und
wurde an seine Brust gedrückt. Ganz langsam wich das Grauen aus
ihrem Körper.
         »Chuntian
ist nicht hier«, flüsterte er. »Ich habe sie in
unsere Herberge gebracht. Alle

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