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Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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hat trotzdem stattgefunden. Meinst du, man kann es so einfach
vergessen?«
         Yazi
erinnerte sich an die Banditen in ihrer Heimat.
         »Es
wird überall gemordet«, meinte sie nur. »Menschen
müssen damit leben. Sobald die Umstände besser werden, dann
vergessen sie vielleicht.«
         Andrew
ließ sich seufzend auf die Matratze fallen.
         »Du
willst bleiben«, stellte er fest. Yazi nickte.
         »Nun«,
fügte er nach kurzem Zögern hinzu. »Dann bleibe ich
auch. Es sei denn, du forderst mich selbst auf zu gehen.«
         Yazi
begann zu lachen, so unsinnig war diese Vorstellung. Sie drückte
Andrew nieder und schmiegte ihren Körper an den seinen, vergrub
sich in der Wärme, die er ihr schenkte.
         »Bleibe
hier, so lange du willst«, flüsterte sie in sein Ohr und
schlang die Beine um seine Hüften. »Ich sorge für
deine Sicherheit.«
         Eine
Weile gehörte der Guan noch ihnen allein. Yazi ahnte, dass sie
nicht allzu oft Gelegenheit haben würde, ohne Angst und Hast mit
Andrews Körper zu verschmelzen, aber dieses Wissen steigerte den
Reiz des Augenblicks.

    ******

         Shi
Dakai traf einige Wochen später ein und zeigte sich so entsetzt
über die Gemetzel, wie Yazi gehofft hatte. Es kam zu einem
öffentlichen Streit mit Wei Changhui, dem Nordkönig, und
dem General Qin Rigang, die sich inzwischen von den Schlägen
erholt hatten und denen er die Verantwortung für alles Morden
zuschrieb. Bald darauf wurde auch seine Familie niedergemetzelt. Er
selbst konnte im letzten Moment heimlich aus der Stadt entkommen und
sammelte im Umland ein Heer, mit dem er gen Nanjing marschierte. Die
von Andrew so geliebte Porzellanpagode wurde nun endgültig in
die Luft gesprengt, doch nicht aus religiösen Gründen,
sondern weil sie für Shi Dakai ein Ausgangspunkt für
Angriffe hätte sein können. Der Flügelkönig
verlangte von Hong Xiuquan die Köpfe jener Männer, die
seine Familie auf dem Gewissen hatten. Der zweite Gottessohn hatte
sich wieder zum Studium der Bibel zurückgezogen, doch hoffte
Yazi, dies sei nur eine Finte, um heimlich nach Wegen zu suchen, wie
er Shi Dakais Wünsche erfüllen konnte. Wei Changhui und Qin
Rigang gingen ebenfalls davon aus, aber ihr Versuch, nun Xiuquan aus
dem Weg zu räumen, scheiterte. Er kam ihnen zuvor. Yazi nahm als
Pofus beste Soldatin an weiteren Straßenschlachten teil, doch
glaubte sie nun wieder an den Sinn des Kämpfens. Jene Männer,
die alles Gemetzel veranlasst hatten, wurden endlich selbst zur
Strecke gebracht. Shi Dakai, breitschultrig, muskulös und fast
so groß wie ein Lao Wai, kehrte unter Jubelrufen der
Bevölkerung in die Stadt zurück, um Hong Xiuquans engster
Vertrauter zu werden.
         Doch
auch dieser Frieden dauerte nicht ewig. Bereits ein halbes Jahr
später verließ Shi Dakai mit seinem Heer Nanjing auf
immer, um den Kampf eigenständig weiterzuführen, da er sich
von Hong Xiuquan in vielen Dingen übergangen fühlte. Yazi
wäre gern mit ihm gezogen, aber sie wollte Chuntian kein Leben
in einem Soldatenlager zumuten und sah auch keine Zukunft für
Andrew als Gefolgsmann des Flügelkönigs. Zum Soldaten
taugte er nicht. Die Geschäftsverhandlungen bezüglich einer
Lieferung von Schusswaffen waren zum Stillstand gekommen, nachdem
Andrews Begleiter sich aus dem Staub gemacht hatten. Nun gehörte
Yazis heimlicher Geliebter zu den wenigen Lao Wai, die sich noch in
der Stadt aufhielten. Er unterrichtete Kinder im Lesen und Schreiben,
da er die chinesische Schrift beherrschte wie ein Gelehrter. Ein paar
ehrgeizigen Schülern wie Chuntian brachte er auch das Englische
bei.
         Drei
Jahre lang schienen die Dinge im himmlischen Königreich zu
stagnieren. Der Angriff der Taiping-Armee auf Beijing, die Höhle
der Mandschu-Dämonen, war gescheitert, da sie nicht für den
harten, nördlichen Winter gerüstet gewesen waren. Shanghai
wollte Hong Xiuquan zunächst mit Angriffen verschonen, denn er
hoffte immer noch auf eine Zusammenarbeit mit den Christen des
Westens. Als das Schiff eines Briten namens Lord Elgin vor der Stadt
Anker legte, wurde es versehentlich von den Kanonen der Taiping
beschossen. Es war ein weitaus harmloseres Kanonenfeuer als die
früheren westlichen Besucher zu spüren bekommen hatten,
doch verhielt dieser Mann sich anders als seine Vorgänger. Ohne
jedes Zögern ließ er seine Leute zurückschießen.
Diese Dreistigkeit imponierte Hong Xiuquan. Er erkannte in dem
angriffslustigen Lao Wai jenen

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