Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
Vom Netzwerk:
Geschichte von der Fee und dem
Kuhhirten, die sich ineinander verliebten, im Himmel zueinander
fanden, aber von einer zornigen Göttin getrennt wurden, indem
sie die Milchstraße zwischen ihnen zog. Nur einmal im Jahr
formten Elstern eine Brücke und ermöglichten den Liebenden
und deren zwei Kindern ein Wiedersehen.
         Jinzi
lauschte mit weit aufgerissenen Augen. Er konnte bisher nur wenig
sprechen, schien aber zu verstehen und liebte Geschichten. Chuntian
verzog das Gesicht.
         »So
sollen also himmlische Gestirne entstanden sein, um Familien zu
trennen«, meinte sie mürrisch, legte sich aber auf Wunsch
ihrer Mutter widerstandslos schlafen. Yazi blies die Kerzen aus und
streckte sich mit Jinzi im Arm an Chuntians Seite aus.
         »Du
bist jetzt bei deiner Familie«, flüsterte Yazi, als sie
den ruhigen Atemzügen ihrer schlummernden Tochter lauschte. Es
war härter, als sie gedacht hatte. Ihr fiel ein, wie oft sie
grob und unfreundlich zu Chuntian gewesen war, weil sie deren
Empfindsamkeit lästig fand. Doch nun, da sie sich eben aus
diesem Grund von ihr trennen sollte, wurde ihr das Herz zerrissen.
         Sie
hatte die Dinge in ihrem Kopf lange gewälzt, gedreht, hin und
her geschoben. Sie wusste, dass Frauen, die in der Kampfkunst
ausgebildet waren, durch öffentliche Auftritte Geld verdienen
konnten, doch war es ein hartes Leben voller Entbehrungen, als
Gauklerin herumzuziehen. Chuntian war zart und ängstlich. Sie
liebte Bücher, und die waren nur in einem reichen Haushalt zu
finden. Sie brauchte den Schutz der Rongs, um ein Leben zu führen,
das ihrem Wesen entsprach.
         Yazi
gelang es erst kurz vor Anbruch der Morgendämmerung, sich von
Chuntians Anblick loszureißen, sie musste mit aller Kraft den
Drang überwinden, ihre Tochter noch einmal zu umarmen, inniger
und liebevoller, als sie es bisher jemals getan hatte. Dadurch wäre
Chuntian vielleicht aufgewacht, und Yazi fühlte sich nicht in
der Lage, dem ernsten, klugen Gesicht dieses Mädchens ihre
Entscheidung zu erklären.
    »Ich
hoffe, du verstehst eines Tages, warum ich dich verlassen habe«,
flüsterte sie und fuhr mit den Fingern sanft über Chuntians
Wange. Dann steckte sie die letzten Münzen ein, die noch vom
Verkauf der Silberketten übrig waren, packte einen silbernen
Kerzenständer dazu, denn Rong Dongji war ihr etwas dafür
schuldig, dass sie ihm eine Enkeltochter zurückgebracht hatte.
Mit Jinzi im Arm schlich sie aus dem Zimmer in den Garten hinaus, wo
es immer noch eine kleine Tür in der Mauer gab. Sie sah die
nächtliche Stadt vor sich liegen, hinter der ein weites,
ausgehungertes, blutgetränktes Land lag. Sie begann zu gehen.

Drittes Buch

1. Kapitel

    Viktoria
klappte stumm die Schmuckkassette zu. Yazi hatte erhalten, was sie
wollte: den zweiten Ehering. Ihr begann erst langsam klar zu werden,
welch wertvolles Geschenk sie ihr dadurch gemacht haben musste.
         »Wie
sind Sie weiter zurechtgekommen?«, fragte sie nur und dachte an
ihren eigenen Zustand völliger Lähmung, als sie kurz
hintereinander Vater und Verlobten verloren hatte.
         Yazi
drehte den Ring weiter zwischen zitternden Fingern. Dann lächelte
sie plötzlich.
         »Mal
besser, mal schlechter. Am Anfang war es hart. Dann stieß ich
auf eine herumziehende Theatertruppe, die mich aufnahm. Wang Xingfu,
der Leiter der Truppe, bildete Jinzi aus. Er brachte ihm die
Kampfkunst und Akrobatik bei, lehrte ihn lesen und öffnete ihm
das Tor zur Welt der chinesischen Sagen. Aber …«
         Sie
richtete einen eindringlichen Blick auf Viktorias Gesicht.
         »Ich
wollte nicht die Frau eines Mannes werden, den ich nicht so lieben
konnte wie Andrew. Deshalb war es schließlich besser, die
Truppe zu verlassen. In Beijing stießen wir auf Shen Akeu. Sie
gab Jinzi und mir ein neues Auskommen.«
         Viktoria
kam nicht gegen ein Gefühl von Widerwillen an. Da Yazi nicht
huren wollte, trieb es ihr Sohn mit einer Hure. Aber die eben gehörte
Geschichte hatte sie zu sehr aufgewühlt, als dass sie ein klares
Urteil hätte fällen können.
         Knarrend
öffnete sich die Tür hinter ihnen. Viktoria hörte
Dewei ein paar Worte der Begrüßung rufen und wandte sich
um. Jinzi stand im Türrahmen, doch hatte seine vertraute
Erscheinung plötzlich eine völlig neue Bedeutung gewonnen.
Viktoria konnte nicht anders, als ihn auf sicher unverschämte
Weise anzustarren: Margaret Huntingdons Enkel hatte keine blauen
Augen wie sein Vater. Er

Weitere Kostenlose Bücher