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Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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hatte,
aber sie beschloss, sich unterwegs als eine der Missionarinnen
auszugeben, denen es nun erlaubt war, in China herumzureisen. Wieder
erhielt sie schlichte, chinesische Kleidung, diesmal auch eine
gefütterte Jacke zum Schutz gegen frostige Temperaturen. Es gab
Momente, da sie Angst empfand, sich so völlig ohne
diplomatischen Schutz in ein unbekanntes Abenteuer zu stürzen.
Doch im Grunde war der Aufbruch zu Lao Tengfei ein größeres
Wagnis gewesen. Nun war sie mit drei Menschen unterwegs, die ihr
bereits vertraut waren.
         Als
sie losfuhren, blies bereits der erste kühle Wind und kündete
den Winter an. Es ging südwärts, beruhigte Viktoria sich.
Sie hatte ihren Schmuck und ihre europäische Kleidung im Koffer.
Im Notfall würde sie sicher auf eine Mission stoßen, wo
ihr geholfen würde.

    ******

         »Du
bist um die halbe Welt gefahren und deine Mutter weiß also gar
nicht, wo du dich jetzt aufhältst«, fasste Yazi Viktorias
Bericht zusammen. Sie saßen mit Dewei hinten auf dem Karren,
während Jinzi vorne das Maultier lenkte. Bereits nach den ersten
Tagen der Reise war eine erstaunliche Vertrautheit zwischen Viktoria
und der Chinesin gewachsen, die sie ganz offen über persönliche
Dinge reden ließ. Yazi hatte aufmerksam und geduldig zugehört,
ohne Vorwürfe zu machen oder belehren zu wollen. Es hatte
Viktoria erleichtert, endlich jemandem ihre Vergangenheit erzählen
zu können, doch nun senkte sie den Blick. So, wie Yazi ihr
Verhalten gegenüber ihrer Mutter beschrieb, klang es auf einmal
sehr hässlich. Sie rutschte, um sich in eine bequemere Haltung
zu bringen. Das Holpern des Karrens weckte Sehnsüchte nach Lao
Tengfeis Sänfte. Zum Glück schien noch eine wärmende
Sonne.
         »Ich
glaube, meiner Mutter ist es völlig egal, was aus mir geworden
ist. Sie hat mich nach dem Tode meines Vaters aus dem Haus gejagt«,
entgegnete sie. Zwar nannte eine innere Stimme diese Worte
übertrieben, aber sie trugen dazu bei, ihr eigenes Verhalten zu
rechtfertigen.
         Yazi
beugte sich vor und rief Jinzi zu, dass er einem Loch auf der Straße
ausweichen sollte. Viktoria war stolz, den chinesischen Satz
verstanden zu haben, und verkniff sich den Kommentar, dass Jinzi das
Loch sicher selbst sehen konnte.
         »Bei
uns heißt es oft, die Leute aus dem Westen hätten keinen
Familiensinn«, meinte Yazi dann. »Aber ich glaube nicht,
dass es wirklich so ist. Chuntian dachte auch sehr lange, sie sei mir
gleichgültig gewesen, weil ich sie damals verließ. Und es
fiel mir wirklich manchmal schwer, meine Tochter zu lieben, denn sie
ähnelte so sehr ihrem Vater, den ich nicht gewollt hatte.«
         Viktoria
nickte aufgeregt. Ebenso war ihr Verhältnis zu ihrer eigenen
Mutter gewesen.
         »Aber
erst als ich Chuntian verlor, begriff ich, wie sehr sie ein Teil von
mir selbst war«, redete Yazi weiter. »Ich fragte mich
ständig, wie es ihr wohl ging, und sobald mich mein Wanderleben
wieder nach Nanjing führte, schickte ich einen guten Freund zum
Haus der Rongs, um mit den Dienstboten zu plaudern. Als ich erfuhr,
dass meine Tochter im Haus eines Gelehrten lebt, war ich erleichtert.
Ich hoffte so sehr, dass sie zufrieden ist.«
         »Aber
das ist sie nicht«, holte Viktoria Yazi in die Wirklichkeit
zurück. Dann biss sie sich auf die Lippen, weil diese Worte sehr
hart gewesen waren, aber Yazi nickte nur.
         »Für
Leute, die so empfindsam sind wie Chuntian, ist es schwer, Glück
zu finden. Ich hoffe, das Studium der Literatur schenkt ihr ein wenig
Freude. Und auch deine Gegenwart hat es getan. Sie sagte mir, dass
sie erst nach deiner Ankunft in Lao Tengfeis Haus eine Freundin fand.
Doch wenn er sie wieder zurückkommen lässt, dann bist du
nicht mehr dort.«
         Viktoria
fuhr zusammen, denn sie fühlte sich zum zweiten Mal kritisiert.
Dass ihr Wutausbruch gegenüber dem Mandarin nicht unbedingt klug
gewesen war, hatte sie schon längst begriffen.
         »Du
rennst sehr schnell empört davon«, redete Yazi weiter.
»Ich glaube, du weißt nicht, wie viel deine Gegenwart
anderen Menschen bedeuten kann.«
         »Das
ist gut möglich«, gab Viktoria widerwillig zu. Sie fühlte
sich unwohl und erwog, Yazi darauf hinzuweisen, dass sie ihr
schließlich helfen wollte, nach Andrews Schicksal zu forschen.
Gleichzeitig wünschte sie, Yazi wäre in einigen wichtigen
Lebenslagen an ihrer Seite gewesen.
         »Da
kommt ein Kloster. Vielleicht können wir dort

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