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Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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britische Geschäftspartner.«
         Sie
nahm mit einem »Merci« ihren Kaffee entgegen und nippte
an der Tasse.
         »Also,
es scheint eine gewisse Ratlosigkeit zu herrschen, was mit Ihrem …
Ihrem chinesischen Freund geschehen soll«, redete Anette
weiter. »Gewöhnlich lösen Leute Probleme mit der
Dienerschaft selbst, ohne einen öffentlichen Fall daraus zu
machen. Man hält diesen … Andrews für einen
Schwächling und Wichtigtuer, weil er einen Prozess inszenieren
möchte. Aber das wird nur hinter seinem Rücken gesagt.«
         Sie
kicherte kurz. Viktoria beugte sich vor.
         »Man
könnte Jinzi doch einfach freilassen und der Fall wäre
erledigt. Wenn ich nur eine Gelegenheit bekäme, mit dem Konsul
zu reden …«
         »Es
tut mir sehr leid.« Anette legte kurz ihre Hand auf Viktorias
Finger. Ein goldener Ehering blitzte auf. »Ich fürchte,
dieser … Andrews hat Sie in einem sehr schlechten Licht
dargestellt. Ich meine, eine Frau, die in chinesischer Kleidung an
einem Ufer aufgelesen wird … nur Missionarinnen ziehen sich
manchmal so an und die sind bei den Herren vom Konsulat nicht
besonders beliebt, weil sie immer wieder Probleme machen.«
         Viktoria
zog die Schultern zurück.
         »Ich
habe nichts Unrechtes getan«, beharrte sie. »Ich wollte
nur durch China reisen und in chinesischer Kleidung war es
einfacher.«
         Wenn
sie den Dampfer genommen hätte, wäre all das nicht nötig
gewesen. Vielleicht wäre es zu keinem Überfall auf Yazi
gekommen und sie wäre noch am Leben. Jinzi säße jetzt
ganz sicher nicht als Gefangener im britischen Konsulat.
         Sie
schüttelte die Schuldgefühle ab, denn sie halfen jetzt
nicht weiter.
         »Was
für Pläne haben sie denn mit Jinzi?«, wandte sie sich
wieder an Anette.
         »Nun.«
Der Blick der Französin senkte sich auf die Kaffeetasse. »Dem
Konsul scheint ein Prozess, wie dieser junge Engländer ihn will,
unnötiger Aufwand. Bei diesen Prozessen gegen Einheimische ist
immer ein chinesischer Magistrat zugegen, auch wenn am Ende natürlich
der Vertreter des englischen Konsulats die Entscheidung trifft. Der
Fall könnte für Unruhen sorgen, denn es gibt eine gewisse
Unzufriedenheit unter den Chinesen über die Art, wie man sie
behandelt. Aber der Konsul will einen gewöhnlichen Diener, der
einen Briten angriff, auch nicht so einfach gehen lassen. Es wurde
eine Möglichkeit erwähnt, die ihn … nun …
sozusagen aus dem Weg schaffen würde.«
         Anette
drehte den Löffel so schnell, dass in der Tasse ein kleiner
Kaffeesturm begann. Ein paar Tropfen schwappten über den Rand.
Viktoria fühlte, wie Kälte sich von ihren Fußspitzen
bis zu den Haarwurzeln zog.
         »Welche
Möglichkeit?«, zwang sie sich zu fragen. Anette beugte
sich vor. Sie sprach sehr leise: »Es gibt Schiffe, die
chinesische Männer als Arbeitskräfte ins Ausland bringen.
Die meisten von ihnen werden angeworben. Aber ganz freiwillig ist es
angeblich nicht immer.«
         Viktoria
befiel ein leichter Schwindel und sie musste sich an der Tischkante
festhalten.
         »Was
für Schiffe … wohin …?«
         »In
Kolonien in Lateinamerika«, berichtete Anette. »Früher
war es die Eisenbahnstrecke in Kalifornien, aber die ist seit zwanzig
Jahren fertig. Doch auf Plantagen braucht man immer wieder
Arbeitskräfte. Ein paar solcher Schiffe fahren noch.«
         Viktoria
starrte auf die braune Flüssigkeit in ihrer Tasse. Trotz des
köstlichen Dufts empfand sie kein Verlangen mehr nach Kaffee.
Ihr Gaumen war abgestorben und ihr Magen zugeschnürt.
         »Meines
Wissens ist Sklavenhandel im britischen Imperium verboten«,
erklärte sie so laut, dass ein paar Köpfe sich nach ihr
umdrehten. Anette stieß einen mahnenden Laut aus.
         »Offiziell
ist es kein Sklavenhandel«, fuhr sie noch leiser fort. »Die
Männer werden bezahlt. Aber sie bekommen ihr Geld erst, wenn man
sie wieder entlässt, und es wird viel davon abgezogen. Angeblich
kommen viele nie wieder zurück.«
         Nun
war die Panik ein Fieber geworden. Viktorias Herz raste, Schweiß
nässte den feinen Musselinstoff und die Umgebung verschwamm vor
ihren Augen.
         Jinzis
war kräftig und mochte ein paar Jahre harter körperlicher
Arbeit durchaus überstehen, aber sein aufbrausendes Naturell
würde ihn bald schon in Schwierigkeiten bringen. Zudem wollte er
den letzten Wunsch seiner Mutter erfüllen und nach dem
verschollenen Andrew

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