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Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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offenbar nicht mochten. Hilflos hob sie die
Hände, doch welchen Sinn machte es, Unschuld zu beteuern? Sie
war heimlich ins Haus eingedrungen und das allein reichte wohl, um
sie zu verhaften.
         Weitere
Diener kamen herbeigelaufen und chinesisches Geschnatter erklang. Sie
blickte verzweifelt zu Margaret, die ihre einzige Hoffnung war, doch
die alte Dame lag schwer atmend mit geschlossenen Augen auf ihrem
Bett. Viktoria sprang auf. Wenn sie jetzt einfach aus dem Haus
rannte, kam sie wenigstens ungeschoren davon.
         Drei
Schritte konnte sie ungestört tun, denn die Chinesen wagten sie
nicht aufzuhalten, aber dann baute sich die stämmige Gestalt
Robert Huntingdons vor ihr auf. Viktoria sackte unter seinem zornig
funkelnden Blick zusammen.
         »Ich
hatte niemals eine sehr hohe Meinung von Ihnen, Miss Virchow, doch
dies übersteigt meine schlimmsten Erwartungen!«, donnerte
seine Stimme auf sie nieder. »Wie können Sie es wagen,
meine schwer kranke Mutter in solche Aufregung zu versetzen? Wollen
Sie sie umbringen?«
         Diese
Worte rüttelten Viktoria aus ihrer Hoffnungslosigkeit. Empört
schoss ihr Kinn in die Höhe.
         »Sie
reden von Mord?«, zischte sie. »Dabei haben Sie alles
Erdenkliche getan, um ihren eigenen Neffen elendig krepieren zu
lassen. Und ihren Bruder, den haben Sie wahrscheinlich auch auf dem
Gewissen, weil er durch die Heirat mit einer Chinesin die Familie in
Verruf gebracht hätte. So war es doch, oder? So war es!«
         Sie
bemerkte, dass ein paar Tropfen ihrer Spucke Roberts Gesicht
getroffen hatte. Mit einem Murren wischte er sie ab, dann packte er
Viktorias Hand.
         »Hören
Sie auf, solche Dinge zu behaupten. Dazu haben Sie nicht das
geringste Recht«, sagte er nun sehr leise, obwohl der Zorn
seine Stimme erzittern ließ. Viktoria wand sich, denn sein
eiserner Griff tat weh. Hinter ihr tuschelten die Diener eifrig
weiter.
         »Lassen
Sie meine Hand los, Mr. Huntingdon«, erklärte Viktoria mit
jener hoheitsvoll damenhaften Stimme, die sie schon lange nicht mehr
hatte einsetzen können. Sie erzielte die gewünschte
Wirkung. Ihre Hand wurde befreit.
         »Ich
habe niemanden getötet«, sagte Robert Huntingdon nun
ruhiger. »Mein Bruder tat, was ihm gefiel. Er dachte nur an
sich selbst, nicht an seine Familie. Ich verurteilte ihn dafür,
aber an seinem Tod trage ich keine Schuld. Und nun verlassen Sie
bitte mein Haus, denn ich würde Sie ungern mit Gewalt
hinauswerfen lassen.«
         Viktoria
atmete tief durch. Sie musste nun gehen, auch wenn dies bedeutete,
dass sie niemals die Wahrheit über Andrews Schicksal erfahren
würde. Seufzend tat sie den ersten Schritt.
         »Bleiben
Sie hier, Miss Virchow«, hörte sie plötzlich
Margaret, die nun so gefasst klang, wie es sich für eine
Hausherrin gehörte. »Und alle anderen können gehen.
Mein lieber Robert, vergiss bitte nicht, dass ich zwar mit einem Fuß
im Grab stehe, aber es immer noch an mir liegt, wer dieses
Handelshaus erbt.«
         Sie
sah Robert Huntingdons Gesicht versteinern.
         »Wie
könnte ich das vergessen?«, rief er durch die offene Tür.
»Wie könnte ich vergessen, dass ich meiner Mutter stets
ein Dorn im Auge war.«
         Dann
drehte er sich ruckartig um und verschwand in einem der anliegenden
Räume. Die aufgeregt plappernde Gruppe von Dienern löste
sich ebenfalls auf, wobei ein paar neugierige Blicke Viktoria
streiften. Doch trotz aller Sehnsucht nach aufregenden
Klatschgeschichten ließ man sie allein mit Margaret, die mühsam
auf dem Kissen in die Senkrechte rutschte.
         »Sie
wollen verstehen, was geschehen ist, nicht wahr?«, wandte sie
sich an Viktoria. »Nun, ich muss mich beeilen. Mein Verstand
lässt mich immer wieder im Stich, wie Sie vielleicht bemerkt
haben. Das Unglück in unserer Familie begann, als mein geliebter
Gatte starb und mich hier in Shanghai allein ließ. Francis und
ich, wir waren einander so nahe. Er verstand meine Sehnsucht nach
Abenteuer, erledigte die Geschäfte ganz allein und bemühte
sich, mir ein Leben nach meinem Geschmack zu bieten. Ich hatte Glück
im Leben, Miss Virchow, nur wenige Frauen werden derart geliebt. Doch
dann raffte ihn die Cholera dahin. Ich blieb mit zwei halbwüchsigen
Jungen und dem Handelshaus zurück. Der chinesische Komprador
half mir, mich in jene Aufgaben einzuarbeiten, die ich niemals
gemocht hatte. Indessen wuchsen meine Söhne heran. Andrew war
das Kind meines Herzens, er

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