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Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition)

Titel: Das Geheimnis der Jaderinge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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nicht
gewesen.
         »Die
Bettler wollten nur Ihren Koffer und den Beutel, in dem Sie Ihr Geld
hatten. Sie hätten beides fortwerfen und weglaufen sollen, dann
wäre Ihnen nichts geschehen.«
         Viktoria
begann leise zu murren.
         »Aber
es ist alles nicht so schlimm. Ihr Junge hat Ihren Koffer
mitgenommen.«
         Yazi
wies in die Ecke hinter der Matte, auf der Viktoria lag. Tatsächlich,
dort ruhte der Koffer, wenn auch reichlich zerbeult.
         »Er
hat auch alles eingesammelt, was er noch von Ihren Sachen finden
konnte. Der Beutel war völlig zerrissen, aber das Wichtigste ist
noch da, die Bettler haben es nicht gefunden.«
         Yazi
beugte sich und griff in ein Seitenfach des Koffers, um die hölzerne
Schatulle herauszuziehen, in der Viktoria all ihren Schmuck
aufbewahrte.
         »Sehen
Sie, kein Grund zur Klage. Nur Ihr Geld ist weg.«
         Viktoria
empfand tatsächlich Erleichterung, nicht aller Erinnerungsstücke
beraubt zu sein. Dann rieb sie sich verwirrt die Schläfen.
         »Und
Sie also sind … sind …«
         »Ich
bin Chuntians Mutter«, ergänzte die Chinesin.

    ******

         Eine
Weile später verzehrten sie gemeinsam eine Schüssel Reis,
in den gebratene Eier gemischt waren. Fleisch, so ahnte Viktoria, war
für einfache Chinesen wohl ein selten erschwinglicher Luxus. Sie
versuchte, das Gesicht von Chuntians Mutter zu mustern, ohne sie
dabei allzu sehr anzustarren. Die geraden, schmalen Augen erkannte
sie wieder, doch insgesamt schien Yazi auch im Alter eine gefälligere
Erscheinung als ihre Tochter, da ihre Züge harmonischer und
weicher waren. Sie hatte eine chinesisch breite, tatsächlich
recht lange Nase, die aber nicht störte, sondern drollig wirkte.
         Gemein
waren Mutter und Tochter die recht gute Kenntnis der englischen
Sprache und eine erstaunliche Offenheit im Umgang mit Fremden.
Viktoria grübelte, wie sie nach den Gründen fragen konnte,
ohne aufdringlich zu werden, als die Tür am anderen Ende des
Raumes aufflog.
         »Vi
Ki!«
         Dewei
stürmte herein und fiel ihr um den Hals.
         »Geht
es dir gut? Ich hatte Angst, die hätten dich umgebracht.«
         Viktoria
fürchtete in seiner Umarmung zu ersticken. Sie hörte Yazi
auf Chinesisch mahnen und wurde tatsächlich wieder losgelassen.
Gerade wollte sie versichern, dass sie in der Tat nicht schwer
verletzt war, als sie einen Schatten in ihrem Rücken spürte.
         Sie
wusste, wer es war, ohne sich umdrehen zu müssen. Nur verstand
sie nicht, warum ihr plötzlich der Herzschlag in den Ohren
hämmerte und ihre Hände feucht wurden. Rasch fuhr sie sich
durchs Haar, das leider hoffnungslos zerzaust war. Vermutlich glich
sie einer zerfledderten Vogelscheuche. Wie ihr Gesicht mit der Wunde
an der Stirn aussah, wollte sie besser nicht wissen.
         »Wir
waren bei der Gesandtschaft, aber man hat uns nicht vorgelassen«,
plapperte Dewei drauflos.
         »Schon
gut, ich werde Max von Brandt schreiben und dann kommt alles in
Ordnung«, versicherte Viktoria. Dann fiel ihr ein, dass jemand
diesen Brief würde überbringen müssen. Ein bereits
einmal abgewiesener Chinese.
         »Gesandter
in Korea«, kam es aus dem Hintergrund. Ein ebenfalls langsames
Englisch mit sehr undeutlicher Aussprache. Nun musste sie sich
umdrehen, auch wenn sie schmutzig und unordentlich frisiert war.
         Er
trug wieder die schwarze Jacke und ein Tuch auf dem Kopf. Woher die
lange Nase stammte, wusste sie mittlerweile. Aber er überragte
seine Mutter um zwei Haupteslängen.
         Dann
wurde ihr die Bedeutung seiner Worte klar. Max von Brandt hatte
tatsächlich von einer geplanten Reise nach Korea gesprochen, wo
er gute Handelsbeziehungen für Deutschland aufbauen wollte. Wie
lange würde es wohl dauern, bis er zurückkam? Viktoria
fühlte sich plötzlich allein und verloren in der Fremde.
         Hinter
ihr erklang lautes Chinesisch, doch ihr fehlte die Kraft, einzelne
Worte aus dem Singsang herauszufiltern und so eine Ahnung von dem
Inhalt des Gesprächs zu bekommen. Jinzi setzte sich an den Tisch
und bekam ebenso wie Dewei von Yazi eine Schüssel Eierreis
überreicht, die er hochhob, um das Essen mit den Stäbchen
hastig in seinen Mund zu schieben. Diese Tischmanieren ließen
zu wünschen übrig, aber Viktoria wusste inzwischen, dass
selbst vornehme Chinesen gern schlürften und kleckerten, ohne
dass jemand daran Anstoß nahm. Nur Dewei mühte sich
inzwischen

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